20 Jahre später: THE STEREO

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Rewind + Record (CD, Defiance, 2002)

Es muss in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends gewesen sein, als mich ein Freund überredete, ihn zu einem Konzert von THE STEREO in ein kleines Juz in Blieskastel zu begleiten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nie von dieser Band gehört. Mir wurde euphorisch eine Band im Stile von JIMMY EAT WORLD, THE GET UP KIDS und DASHBOARD CONFESSIONAL angekündigt. Ich war skeptisch. Denn bis auf JIMMY EAT WORLD konnte ich mit den zitierten Bands musikalisch wirklich nichts anfangen. Als die Band aus Luton in England dann auf die Bühne kam, mit dem Opener „Dear fans of The Stereo“ eröffnete und danach eine mitreißende Rock’n’Roll-Show ablieferte, war ich begeistert und legte mir „Rewind + Record“ zu. Das vierte Album der Engländer um Mastermind Jamie Woolford ist ein zuckersüßer und ausgezeichneter Mix aus poppigem Rock, einem Schuss Emo und einer ordentlichen Prise Punkrock. Auf diesem Album passen sogar harte Hooklines und Keyboardklavier zusammen. In welche musikalische Schublade man sie auch stecken will, mit dieser Band kann sich fast jede:r anfreunden. Denn für jeden Geschmack hat dieses Album einen Hit zu bieten. Zu den Songs kann man abgehen und feiern, aber man kann bei Bedarf auch kuscheln. Auch wenn „Rewind + Record“ noch mal ein Stück weit poppiger – ohne seicht zu sein – klingt als die Vorgänger „Three Hundred“ (1999) und „No Traffic“ (2001), ist es ein verdammt gutes Rock-Album, das die Songwritingfähigkeiten von Jamie Woolford belegt. Denn das Hirn der Band hat alle Tracks allein geschrieben und sogar einen Großteil der Instrumente selbst eingespielt. Nicht umsonst verdingt er sich heute als Produzent, Soundtechniker und Tourmusiker. Um so bedauerlicher ist es, dass „Rewind + Record“ dann tatsächlich das letzte Album der Band bleiben sollte. Bereits 2004 – nur fünf Jahre nach ihrer Gründung – löste sich die Band, deren Personal bis auf Woolford permanent wechselte, schon wieder auf. 2011 kamen sie zu einer Show zum Geburtstag ihres ehemaligen Labels Fueled By Ramen noch einmal zusammen. Doch dieser Auftritt war eine einmalige Aktion. So bleibt aus heutiger Perspektive nur zu konstatieren, dass Woolford innerhalb von nur fünf Jahren des Bestehens von THE STEREO vier bemerkenswerte Alben veröffentlicht hat. THE STEREO hätten definitiv ein viel größeres Publikum verdient gehabt. Ich denke, mit einem etwas größeren Label und einem besseren Management hätten sie das auch gewinnen können. Wenigstens bei mir sind sie nicht in Vergessenheit geraten und genießen die Wertschätzung, die ihnen zusteht. Ebenso wie bei dem Freund, dem ich die Kenntnis von dieser Band erst verdanke.