25 Jahre später: NAPALM DEATH - Fear, Emptiness, Despair (CD, Earache, 1994)

Foto

Die Grindcore-Urväter NAPALM DEATH vermengen auf ihrem fünften Studioalbum „Fear, Emptiness, Despair“ groovende Midtempo-Brecher mit vereinzelten – äußerst zweckdienlichen – Blastbeat-Attacken. Der Opener „Twist the knife (Slowly)“ darf quasi als Marschrichtung verstanden werden. Statt die Hörer mit Blastbeats anzufallen, lassen sich NAPALM DEATH mehr Zeit und klingen deshalb noch garstiger und nachdrücklicher. Der Band gelang es eben, genau die angesprochene Furcht, Leere und Verzweiflung in ihre Kompositionen einzuflechten, deren Komplexität sich bei den Vorgängeralben „Utopia Banished“ und „Harmony Corruption“ bereits ankündigte. Die dadurch entstehende dunkle und drückende Atmosphäre ist beeindruckend und einnehmend. Letztendlich sogar so intensiv, dass NAPALM DEATH ein knappes Jahr später mit dem Opener im Soundtrack des Action- und Fantasyfilms „Mortal Kombat“ landeten.

Auch nach einem Vierteljahrhundert hat „Fear, Emptiness, Despair“ nichts von seiner Durchschlagskraft eingebüßt. Bassist Shane Embury bezeichnet das Album, das ursprünglich den Titel „Under Rule“ tragen sollte, vor kurzem auf Nachfrage in einem Interview sogar als sein ganz persönliches Lieblingsalbum der eigenen Band. Damals spielten NAPALM DEATH zu fünft, mit Jesse Pintado an der Gitarre. Dem Mexikaner Pintado (ex-TERRORIZER, ex-BRUJERIA ...) gebührt offenbar die Ehre, den Begriff „Grindcore“ geprägt zu haben. Seit dessen Weggang 2004 spielt die Band bis heute wieder als Quartett.

Der zwingende Groove gibt auch heute noch einfallslosen Bangern die Chance, im Pit zu tanzenden Teufeln zu werden. Woher genau NAPALM DEATH die Eingebung für ihre ungewöhnlichen, massiv drückenden Melodien haben, ist ungeklärt und wurde bis heute noch nicht angemessen von anderen Bands repliziert. Wahrscheinlich liegt es an den als „random guitar noise“ dokumentierten Einflüssen von Shane Embury oder daran, dass Sänger Barney keinen Millimeter zurückweicht und auch zu Midtempo-Songs brüllt und wie ein Berserker wütet. Die insgesamt 13 Songs (inklusive der Bonustracks „Truth drugs“ und „Living in denial“) wirken durchweg durchdefiniert, schon fast progressiv, dabei knackt keiner von ihnen die Vier-Minuten-Marke.

Abgesehen von musikalischer Überlegenheit und dem einzigartigen Gesang, heben sich NAPALM DEATH auch von jeher durch ausdrucksstarke Texte ab. Für „Fear, Emptiness, Despair“ schrieben Greenway und Embury jeweils sechs Songs, einen davon gemeinsam. Einer der prägendsten Sätze fällt in dem Song „State of mind“: „Territory under rule. But from whom? Do we choose the right to not choose to be fools?“ In diesem Sinne ... grind on!