25 Jahre später: SNAPCASE

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Progression Through Unlearning (CD/LP, Victory, 1997)

Fünf Typen aus Buffalo, New York, auf die sich alte und neue Schule einigen können. Den Satz hat man in verschieden Varianten immer wieder gelesen, wahrscheinlich zu Recht. Allerdings ist die Unterteilung in Oldschool- und Newschool-Hardcore immer sehr vom eigenen Standpunkt abhängig und selten besonders aufschlussreich. Auch 1997 nicht, als SNAPCASE mit „Progression Through Unlearning“ ihr zweites Album veröffentlichen. Nach dem Debüt „Lookinglasself“ (1993) und besonders der EP „Steps“ (1995) bestand wohl nicht nur von Seiten der Band selbst eine gewisse Erwartungshaltung an das Album. Keine Ahnung, welche Bedeutung es für den Sound hatte, dass der bis dahin fürs Songwriting hauptverantwortliche Gitarrist Scott Dressler die Band 1996 verließ. Allerdings war es die richtige Entscheidung, für die Produktion Steve Evetts (der zuvor unter anderem DEADGUY und LIFETIME aufgenommen hatte) zu verpflichten und nicht wie beim ersten Album „Starproduzent“ Don Fury. In zwei Wochen nahm die Band „Progression Through Unlearning“ auf. Material, das live sowieso funktionierte, sprengt auch auf Konserve die Synapsen. Die enthaltenen zehn Stücke (das Outro mit Pee-wee Herman-Sample nicht eingerechnet) entfalten ihre Sogwirkung durch eine Rhythmik, bei der den meisten Genrekollegen schwindelig werden würde. Trotz aller Unvorhersehbarkeit sind Punch und Groove auf Albumlänge zwingend. Dazu kommen zwei Gitarren, die sich in ihrem Noise-lastigen Spiel ergänzen und nicht langweilen. Der Gesang ist durchgehend im roten Bereich und transportiert Inhalte, die sich reflektiert von den stumpfen Selbstermächtigungsfantasien absetzen, die in den Neunzigern in der Peergroup vorherrschten. Die komplette SNAPCASE-Diskografie – zugegeben, nicht übermäßig ausufernd– macht Sinn und jede Veröffentlichung hat ihre Berechtigung, aber nur dieses Album und das folgende „Designs For Automotion“ sind mehr, als den meisten (smarten) Hardcore-Bands gelingt. Gleichzeitig Ventil und Katalysator für Frust, Wut und Aggressionen eines Konzertpublikums zu sein, ist schön und gut. Auf Platte nutzt sich so was leider schnell ab. Und diese Musikrichtung als bloße (ironischerweise genauso stumpfe) Gegenreaktion verkopft anzugehen, langweilt fast immer. SNAPCASE existierten und bewegten sich innerhalb einer Szene, von deren Mainstream sie sich durch eine frische und smarte Herangehensweise musikalisch und inhaltlich unterschieden. Vielleicht werden sie deswegen heute auch eher mit den frühen HELMET, DEFTONES oder QUICKSAND assoziiert. Kann ich mit leben.