30 Jahre später: FUGAZI

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Steady Diet Of Nothing (CD/LP, Dischord, 1991)

Seit etwa 25 Jahren sind FUGAZI eine meiner Lieblingsbands. Alle zwei, drei Jahre packt es mich, und ich höre die Band wochenlang. Meist die beiden frühen Alben („13 Songs“ und „Repeater“) oder die aus den letzten Jahren, bevor sich die Band entschied, „on hiatus“ zu sein: „Instrument“, der Soundtrack zur gleichnamigen FUGAZI-Doku, und das enorm gute „The Argument“. Nun ist also einmal die mittlere Phase dran, die FUGAZI mit „Steady Diet Of Nothing“ eingeläutet hatten. Dabei produzierten sie das Album zum ersten Mal in Eigenregie – zumindest Langzeit-Engineer Don Zientara ist wieder mit dabei. Dennoch fällt der sehr demokratische Mix auf: Alle Instrumente stehen gleichberechtigt im Sound nebeneinander. Eine Tatsache, die der Band im Nachgang nicht unbedingt gefiel, die sich zusammen mit dem absolut zeitlosen, knochentrockenen Klang aber eigentlich ziemlich gut macht. Nicht nur klanglich beeindruckt „Steady Diet Of Nothing“, auch die Songs sind ziemlich stark. Nach den ersten noch recht krachigen Alben und EPs zelebrieren FUGAZI hier ein außergewöhnlich reifes, ausgefeiltes Songwriting, das schon meilenweit entfernt ist vom frühen Hardcore und noch weiter vom dann folgenden machohaften, Metal-lastigen Proll-Hardcore, wie er in den Neunzigern ziemlich en vogue sein sollte. Interessant sind auch die zeitlichen Umgebungsvariablen: Einerseits ist da der erste Golfkrieg, der auch die Albumaufnahmen „überschattete“. Andererseits sind da NIRVANA, mit deren plötzlichem Erfolg „alternative Musik“ zunehmend in den Mainstream einsickerte. Letzteres dürfte die konsequente Vermarktungsverweigerung von FUGAZI sicherlich bestärkt haben. Roh und gleichzeitig unaufdringlich zeigt die Band bei Songs wie dem Opener „Exit only“ ihre Fähigkeiten. Und zum Glück ist das kein Rock-Muckertum zum Selbstzweck, um zu beweisen, wie fit man am Instrument ist, sondern so leichtfüßig, wie man es eigentlich eher vom Jazz oder Reggae gewohnt ist. Das ungewöhnlich ruhige und textlich düstere „Long divison“ beweist diese neue „Unaufgeregtheit“ eindrucksvoll. In „Reclamation“ übernimmt der Bass die Melodie, die Gitarren schrammeln oder fiepsen nebenher. In „Dear justice letter“ ergänzen sich Guy Picciotto und Ian MacKaye beim Gesang großartig. Das energetische „KYEO“ zieht zum Abschluss das Tempo noch mal an, während der Rest des Albums im Midtempo gehalten ist. Dass FUGAZI dabei auf Albumlänge trotzdem nicht an Dynamik verlieren, liegt an den rhythmischen Verschachtelungen und den hakenschlagenden Songparts, die einfach nicht langweilig werden. Unfassbar, wie gut FUGAZI eigentlich in jeder Schaffensphase waren und wie gut der spröde Sound des Albums heute noch klingt.