35 Jahre später: SKITZO

Foto

Skitzo Mania (LP, Nervous, 1987)

Nicht selten entsteht eine Psychobilly-Band aus einer früheren Rockabilly-Combo und auch nicht selten sind es Brüder, die eine Combo zusammen auf die Beine stellen. Phil Connor und sein Bruder Rod waren es in diesem Fall. Die vielen Besetzungswechsel ersparen wir uns geflissentlich an dieser Stelle, Orientierung bietet vor allem Phil Connor, der für den Gesang zuständig ist und auch bereits früh eigene Songs verfasste. Dies mündete 1985 in die Band THE ELECTROS, die sich später in SKITZO umbenannte. Zunächst auf einem Sampler namens „Sick Sick Sick“ von I.D. Records gelandet (mit den COFFIN NAILS und DEMENTED ARE GO), gingen sie ins Triple X Studio, wo Roy Williams und Paul „Doc“ Stewart die Platte mit der Band aufnahmen. Phil über den Ursprung und das Ziel des Quartetts: „Die Musik von Johnny Burnette und Gene Vincent war irgendwie abgründig und gespalten, in der einen Minute langsam, dann wieder schnell mit viel Geschrei. Die Songtexte waren sehr lebensnah und genau dieser Stil führte zum Original-SKITZO-Sound.“
Damit traf er den Nagel auf den Kopf, denn die Warnung auf dem LP-Backcover kam auch nicht von ungefähr: „Warning! This Maniac Music was recorded in a Psychobilly Psychiatric ward in Skitzoburg, Mentalvania“. Ein Drittel der zwölf Songs sind Coverversionen und „Your cheating heart“ von dem viel zu früh verstorbenen Country-Helden Hank Williams ist exemplarisch für den beschriebenen Sound der wilden Combo mit Hang zu Derbheit und Zartheit. Zunächst eine dezente Gitarre, es swingt gekonnt und tanzbar langsam mit „Rock around the clock“-Solo dahin, bis Phil singt „... when she’s come down“ und dann ergänzt durch einen Paukenschlag losbrüllt, während sich die Band vorübergehend musikalisch zu überschlagen droht.
Das Nachfolgealbum „Terminal Damage“ von 1988 war dann zwar schwerer, kompakter, düsterer und, wenn man so sagen mag, strukturierter, ihren Ursprung und ihre Herkunft aber haben sie auf diesem Debütalbum überzeugend dokumentiert. Das klingt weiterhin frisch und authentisch, frei heraus, wie dies Bands ja ohnehin im Laufe ihrer Karriere immer weiter zu verdrängen drohen, dank „besserer“ Produzenten klingt alles dann wie eine Disco-Platte. In großen Musikmagazinen mag man zwar alles über NIRVANA, METALLICA und AC/DC erfahren, innovative Underground-Bands vom Schlage zum Beispiel dieser Psychobillys aus London aber wird man dort nicht entdecken. Es machte mir fast etwas Angst, als ich mit 16 Jahren erstmals dieses irre Geschrei vernahm. Wer macht denn so was? Es war gesanglich nicht so artifiziell wie bei einem Robert Plant, gewiss nicht, aber es erfüllte seinen Zweck, nämlich mich zum Fan dieser Musik zu machen.