35 Jahre später: SNFU

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If You Swear, You’ll Catch No Fish (CD/LP, BYO 1986)

SNFU (Society’s No Fucking Use), die Skatepunk-Koryphäen aus Edmonton in Kanada, gründeten sich 1981. Neben den Brüdern Brent und Marc Belke war es Kendall Stephen Chinn, genannt Mr Chi Pig, der herausstach und auch die einzige Konstante in der Band blieb. SNFU veröffentlichten ihre ersten Alben auf Better Youth Organization (dem YOUTH BRIGADE-Label) und haben mit ihrem melodischen Hardcore-Punk den Weg für Skatepunk geebnet. „If You Swear, You’ll Catch No Fish“ ist ihr zweites Album und erschien ein Jahr nach ihrem Debüt „... And No One Else Wanted To Play“. Hier kam es zur ersten, aber nicht letzten Umbesetzung: John Card kam an den Drums und Dave Bacon am Bass dazu. Klanglich scheint das zweite Album definierter zu sein als der Vorgänger. Neben Mr Chi Pig blieb in der Historie der Band nur bestehen, dass jeder Albumtitel aus sieben Worten besteht. 1988 haben sich SNFU nach einer erfolgreichen EU-Tour das erste Mal getrennt, fanden zwei Jahre später aber wieder zusammen. Mr Chi Pig hatte keinen leichten Start ins Leben, die Mutter war alkoholkrank und schizophren, sein Vater saß 39 Jahre im Gefängnis. Die Bedingungen für sein Leben schienen schlecht, dennoch hat er es neben einem Kunststudium geschafft, im Punkrock seinen Weg zu finden. Trotz Anfeindungen aufgrund seiner Homosexualität gab er nicht auf und etablierte sich als dynamischer Sänger in der Szene. Später wurde bei ihm ebenfalls Schizophrenie diagnostiziert, so dass es schien, seine Vergangenheit würde ihn wieder einholen. Zeit seines Lebens hatte er mit Drogenabhängigkeit und Depressionen zu kämpfen. Von den Drogen kam er nach eigener Aussage weg, nachdem er im Crack-Rausch von dem Geist seiner toten Mutter besucht wurde, die ihm sagte, er solle damit aufhören, denn er hätte noch so vieles zu erledigen. Einen Tag später hörte er auf, Drogen zu konsumieren. Die Einzigartigkeit von Mr Chi Pigs Leben schlägt sich auch in seinen Texten nieder, in denen er vermutlich einiges verarbeitet hat. In dem Song „Mind like a door“ wird bildlich davon gesprochen, wie schwer es sein kann, sich für äußere Einflüsse zu öffnen und die Kontrolle darüber zu behalten, während es manchmal auch genau andersherum sein kann – „sometimes my mind is like a door“ –, mal auf, mal zu. Die Spannung dieses Textes spiegelt sich auch musikalisch wider. Während die Strophen sehr schnell und hart voran preschen, wirkt der Refrain schon fast etwas verspielt. Mr Chi Pig ist leider im Juli 2020 im Alter von 57 Jahren verstorben. Er hat die Musiklandschaft nachhaltig geprägt und bereichert – eine extravagante Persönlichkeit, die nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Ein paar Tage nach seinem Tod veröffentlichten SNFU seine letzte Aufnahme, den Akustiktrack „Cement mixer“ auf YouTube.