40 Jahre später: STIFF LITTLE FINGERS

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Nobody’s Heroes (LP, Chrysalis, 1980)

STIFF LITTLE FINGERS hatten sich bereits mit den Singles „Suspect Device“, „Alternative Ulster“, „Gotta Gettaway“ und „Straw Dogs“ aus den Jahren 1978/1979 sowie dem Debütalbum „Inflammable Material“ (1979) unauslöschlich ins Punk-Gedächtnis eingebrannt. Zudem spielten sie in Zeiten, als auch uns Jungspunden bereits klar war, dass das britische Königreich nicht ganz so geil war, wie wir geglaubt hatten, auch politisch eine gewichtige Rolle.
STIFF LITTLE FINGERS wurden im nordirischen Belfast gegründet und brachten uns den seit Jahrzehnten schwelenden und immer wieder durch blutige Eskalationen gekennzeichneten Nordirland-Konflikt ins Bewusstsein, denn sie thematisierten diesen auf ihrem Frühwerk exorbitant. Kritiker warfen der Band ob dieser Thematik immer mal wieder Kalkül vor. Tatsache ist allerdings, dass SLF als Band aus Belfast wussten, wie sich „the troubles“ und das tägliche Leben dort anfühlten. Dadurch waren ihre Texte authentisch und greifbar. Tatsache ist ebenso, dass die Band eine begnadete Kombination aus eben diesen politischen Themen, ihren eingängigen Songs sowie der außergewöhnlichen und rauhen Stimme von Gitarrist und Frontmann Jake Burns an den Start brachte. Im Besonderen „Alternative Ulster“ steht Pate für diesen Stil und ist so etwas wie das „Smells like teen spirit“ der späten Siebziger-Punkrock-Jahre, so oft wurde der Track gespielt und zitiert.
1980 erschien mit „Nobody’s Heroes“ das zweite Album der Band, nachdem der Song „Nobody’s hero“ bereits als Single zusammen mit dem unnachahmlichen „Tin soldiers“ erschienen war. Beide Tracks sowie das ebenfalls vorab veröffentlichte „At the edge“ fanden sich auf diesem Album wieder. Die Wildheit der frühen Phase war zwar verflogen und Jake Burns agierte stimmlich deutlich sanfter als zuvor, aber schaut man sich mal die A-Seite an, dann wird klar, dass hier am oberen Limit agiert wurde. „Gotta gettaway“ (in neuer Version), „Wait and see“, „Fly the flag“ (mein heimlicher Favorit der Platte), „At the edge“ und „Nobody’s hero“. Da bleiben keine Fragen offen. Die B-Seite ist etwas beliebiger, enthält aber mit „Doesn’t make it all right“ und „Tin soldiers“ mal eben zwei Songs, die nach wie vor auf keiner STIFF LITTLE FINGERS-Show fehlen dürften. Als sie am 08.11.1980 in der Herforder Scala auftraten und damit innerhalb kürzester Zeit das dritte Konzert (nach den U.K. SUBS und DEAD KENNEDYS) von für mich existenzieller Bedeutung ablieferten, wurde klar, dass hier eine Band am Start war, die sich für „höhere Aufgaben“ empfahl – kurz danach spielten sie bereits im „Rockpalast“ –, sich dieses aber aufgrund ihrer Geschichte und ihrem exzellentem Songwriting durchaus verdient hatte.