40 Jahre später: VIRGIN PRUNES

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... If I Die, I Die (LP, Rough Trade, 1982)

1977 wurden die VIRGIN PRUNES um den charismatischen Dubliner Sänger Fionán Martin Hanvey, besser bekannt als Gavin Friday, gegründet und die Band zelebrierte einen für die damalige Zeit absolut innovativen und musikalisch fast undefinierbaren Sound, viel zu unkonventionell, um ihn auf ein einziges Genre festzulegen. Die VIRGIN PRUNES, benannt nach einem irischen Slang-Ausdruck für Außenseiter, waren zu dieser Zeit in Dublin in einer Clique namens „Lypton Village“ mit Bono Vox unterwegs, und Gitarrist bei den VIRGIN PRUNES war Dik Evans, der Bruder von The Edge von U2. Die VIRGIN PRUNES waren ein Gesamtkunstwerk aus Punk, Performance-Show, Kabarett, Industrial und Gothic, obgleich die Band der Kategorisierung „Gothic“ kritisch gegenüberstand. Nicht selten war das Publikum, ähnlich wie bei THROBBING GRISTLE, von der Performance der Band komplett überfordert. Als VIRGIN PRUNES 1978 für THE CLASH eröffneten, wurden sie deutlich und mit einem Hagel aus Bierflaschen vom Publikum dazu aufgefordert, die Bühne zu verlassen. „... If I Die, I Die“ ist das offizielle Debütalbum der Band und weniger experimentell als vorherige Singles, sondern eher am Post-Punk-Sound seiner Zeit orientiert, behandelt aber weiterhin die zentralen Themen wie Reinheit und Schönheit. Songs wie „Ulakanakulot“ und „Decline and fall“ zeichnen sich durch eine düstere Goth-Atmosphäre aus und vielleicht eröffneten 1983 in London deshalb die SISTERS OF MERCY für die VIRGIN PRUNES. Der eigenwillige Gesang von Gavin Friday war nicht jedermanns Sache und hatte Ähnlichkeiten mit dem von Andy Sexgang (SEX GANG CHILDREN), aber passte perfekt zum Sound und zur expressiven Inszenierung der Band auf der Bühne. Im selben Jahr erschien ihr wohl bekanntestes Stück „Pagan love song“ als Single, es fand aber nicht den Weg auf das Album. Das wurde von Colin Newman (WIRE) produziert und erhielt dadurch einen eigenen Stil. „Pagan Love Songs“ wurde später der Name einer der besten Gothic-Sampler-Reihen, zusammengestellt von den Genreprotagonisten Thomas und Ralf Thyssen. Nach dem Split 1986 hatte Gavin Friday, zunehmend vom Chansonnier Jacques Brel beeinflusst, kommerziellen Erfolg als Solomusiker und veröffentlichte einige Alben mit Maurice „The Man“ Seezer, die das Spannungsfeld zwischen Nick Cave, Leonard Cohen, Scott Walker und der dunkleren Seite der Existenz gekonnt ausloteten. 1989 brachten Friday und Seezer ein von der Kritik begeistert aufgenommenes Debütalbum raus namens „Each Man Kills The Thing He Loves“, benannt nach einem Text von Oscar Wilde, das unter dem Einfluss der Arbeiten von Kurt Weill stand und auf dem Musiker wie Marc Ribot, Michael Blair und Bill Frisell zu hören sind.