ASKING ALEXANDRIA

Foto© by QuintenQuist.Com

Essen und Musik machen

Jeder Mensch braucht klare Ambitionen im Leben. Und wenn es die ganz einfachen Dinge sind, so wie bei Danny Worsnop, dem Sänger der britischen Band.

Euer neues Album „Where Do We Go From Here?“ kommt bald raus. Seid ihr da immer noch so ein bisschen aufgeregt oder ist das inzwischen alles blanke Routine?

Ich glaube, das ist jetzt mein elftes oder zwölftes Album ... So ein bisschen geht die Aufregung da natürlich schon verloren. Jetzt ist es eher so, dass der Releasetag praktisch ein Meilenstein ist, ab dem jede Aufregung vorbei ist. Davor dreht sich alles um das kommende Album, und ab der Veröffentlichung bin ich im Geiste sofort beim nächsten. Der Releasetag ist dann sozusagen nicht der Anfang des Albums für uns, sondern bereits das Ende. Also, praktisch einmal andersherum, als es bei unseren Fans der Fall ist.

Auf dem Cover sieht man eine Person, die auf einem Auto sitzt, das völlig von Wasser umgeben ist. Kannst du uns dazu mehr erzählen? Wie kam das Artwork zustande und wie steht es in Bezug zum Albumtitel?
Ich erinnere mich nicht mehr genau, ob es Ben oder Sam war, der auf den Künstler aufmerksam geworden ist. Aber wir haben ihm eine Art Überblick gegeben: Das wird der Albumtitel, das hier ist das Konzept hinter dem Album. Und wie genau man das Bild nun interpretieren möchte, das überlassen wir komplett jedem selbst. Genauso handhaben wir das aber auch bei unseren Songs. Ich spreche da gar nicht erst drüber, was die Songs für mich bedeuten. Denn das ist egal, es ist nur wichtig, was sie für den bedeuten, der sie hört. Und so wie mit unserer Musik ist es auch mit diesem Artwork. In diesem Fall bin ich nicht mal derjenige, der es erschaffen hat, also kann auch ich nur spekulieren, was im Kopf des Künstlers vor sich ging. Ich denke, das Auto nimmt Bezug auf die Videos von „Alone in a room“ und „Into the fire“. Es ist eine ähnliche Ästhetik, wenn auch nicht das gleiche Auto. Hier ist es ein alter Mustang, so wie ihn ein guter Freund von mir besitzt. Die Farben sind dann auch sehr wenig gesättigt, um die düstere Atmosphäre zu unterstreichen. Aber es könnte auch sein, dass ich hier falsch liege. Ich lag schon viele, viele Male falsch und werde es auch noch öfter tun. Aber ich denke, dass das die Intention des Artworks gewesen sein könnte.

Und der Albumtitel? Er könnte bedeuten, dass man gerade an einem Punkt angekommen ist, von dem aus es nicht mehr weitergeht. Oder aber ein Punkt, von dem aus sehr viele Wege abgehen, man sich aber für einen entscheiden muss.
Zuerst existierte gar kein Titel, aber dieser Track, nach dem das Album jetzt benannt ist, existierte schon vorher. Ich wollte diesmal eigentlich keine Balladen. Ich wollte, dass dieses Album hohe Erwartungen erfüllt und sozusagen ein Crowdpleaser wird. Aber als es soweit fertig war, hat jeder gesagt, wir brauchen unbedingt auch eine Ballade. Balladen sind halt die große Stärke von Danny Worsnop. Das ist mein Moment auf dem jeweiligen Album. Also, ich saß da, und mein Freund Cory war gerade bei mir, und wir haben einfach angefangen, ein paar Akkorde zu spielen, und daraus ist der Titelsong entstanden. Und alle waren direkt begeistert davon. Die Frage, die der Song aufwirft, ist eine sehr wichtige, die sich alle irgendwann einmal stellen müssen. Ich denke, wir alle fragen uns, nachdem wir eine Etappe, ein Ziel erreicht haben: Was kommt jetzt? Wie geht es denn nun weiter? Was ist die nächste Tür, die sich öffnet? Was ist der nächste Schritt, den ich gehe? Ich denke, es ist eine der wichtigsten Fragen im Leben. Wir als Band haben uns auch oft gefragt, wie es weitergeht. Was wird das nächste Album, wie wird unsere Musik? Wollen wir überhaupt ein neues Album machen oder brauchen wir mal ein bisschen Zeit für uns? Die anderen haben Kinder. Würden sie nicht lieber Zeit mit ihnen verbringen oder sollen wir doch direkt wieder ins Tonstudio gehen? Und das war dann die Geschichte hinter dem Song und damit auch hinter dem Albumtitel.

Wo du bereits deine Affinität zu Balladen erwähnst: Das Album beginnt und endet mit einem Akustiktrack. Es wirkt wie eine Art Kreis, der sich um das Album schließt. In Anbetracht der Frage nach dem Weg, kann man sagen, dass dieser ein geschlossener Kreislauf ist, der immer wieder dort ankommt, wo er begonnen hat?
Ich glaube, du bist sehr viel tiefgründiger als wir, haha! Wir sind da irgendwie dümmer. An so was haben wir definitiv nicht gedacht. Ich habe auch nicht mal die Reihenfolge der Tracks auf dem Album bestimmt, also ist es auch für mich eine kleine Überraschung mit der Position der Akustiksongs. Ein glücklicher Zufall, würde ich sagen. Aber nicht geplant. Okay, wir lieben aber auch akustische Gitarren, vielleicht ist es einfach deshalb so.

In eurem Pressetext steht, dass ihr euch bei diesem Album von den größten Songs eurer Diskografie habt beeinflussen und inspirieren lassen. Da muss ich mal ganz forsch fragen: Wo sind denn dann die Breakdowns und Growls geblieben?
Ich glaube, das ist so eine Wahrnehmungssache. Ich glaube irgendwie generell, dass so was wie harte Musik an sich nicht existiert. Jeder hat eine andere Definition davon, was er als hart empfindet. Wenn ich Songs schreibe, denke ich oft, ich habe jetzt was richtig krass Hartes geschrieben, und dann sagen mir die anderen, das ist absolut nicht hart, das klingt eher wie FALL OUT BOY ... Und für mich war es voll das Brett. Für andere ist dann aber zum Beispiel „Alone in a room“ wieder sehr hart. Deshalb glaube ich, man kann das allgemein gar nicht sagen, was harte Musik ist.

Du bringst praktisch jedes Jahr irgendeinen musikalischen Output raus, sogar während der Pandemie. Dass eine Person dermaßen kreativ und voller Tatendrang ist, okay, aber wie schafft ihr das als komplette Band, dass alle entsprechend an einem Strang ziehen?
Ach ja, während der Pandemie gab es den einen Vorteil: keine Touren. Ich konnte einfach den ganzen Tag zu Hause bleiben und im Studio arbeiten. Was mein großer Traum ist. Und alles, was ich anfange zu schreiben, das muss ich auch beenden. Ich schreibe mindestens einen Song pro Woche. Das heißt, ich habe 52 albumfertige Songs pro Jahr, ungeachtet dessen, was ASKING ALEXANDRIA machen. Ich kann aber auch absolut nicht stillsitzen. Ich arbeite noch in sieben oder acht verschiedenen Firmen. Sam hat auch gerade eine neue Firma gegründet. Alle haben ihre Unternehmen außerhalb von ASKING ALEXANDRIA. Ich glaube, das Hauptproblem ist, bei all dem Tatendrang auch immer die Zeit zu finden, jetzt gerade mal für ASKING ALEXANDRIA Musik zu machen. Aber das ist auch das Wichtigste für uns. Ich schreibe auch noch für andere Leute Musik. Ich schauspielere ein bisschen, aber nur sehr wenig. Ich habe ein Fotografiebusiness. Ich bin seit zwölf, dreizehn Jahren als Fotograf tätig. Ich mache auch Fashion- und Editorial-Jobs. Und ich bin in diversen Firmen, die nicht alle auch meinen Namen tragen. Aber aktiv zu sein, das hält auch jung. Während der Lockdowns hat man mir gesagt, ich soll mich einfach mal zurücklehnen und Videospiele spielen. Und was habe ich daraus gemacht? Ein Business ...

Vor kurzem musstet ihr eine Tour abbrechen, weil sich einer von euch den Fuß gebrochen hat.
Oh ja, das war übel. Man erlebt einfach unfassbar viel auf Touren ... Jeder von uns ist auch schon mal krank geworden unterwegs. Der eine hat Halsschmerzen, am nächsten Tag habe auch ich Halsschmerzen ... Aber das Wichtigste beim Touren: das Essen! Wir alle lieben es zu essen! Coole, kleine Restaurants finden und die lokale Küche erkunden. Inspirationen mit nach Hause nehmen, wo man die gute Idee dann erst mal voll versaut, haha! Das ist das Beste für mich. Deshalb würde ich, wenn ich alleine das Booking machen würde, auch nur da Konzerte spielen, wo ich das Essen mag. China stünde bei mir ganz oben. Ich liebe chinesisches Essen! Und ich finde die chinesische Kultur faszinierend. Und ich würde sehr gerne mehr über afrikanisches Essen erfahren und mich mehr in Afrika aufhalten und Erfahrungen sammeln. Das ist ein Teil der Welt, von dem ich noch nicht so viel gesehen habe, wie ich gern möchte. Ach ja, Essen und Musik spielen ... Man darf mich da übrigens nicht falsch verstehen: Ich hasse Touren, ja. Aber ich liebe es, Konzerte zu spielen! Ich hasse es, zwanzig Stunden in einem Bus sitzen zu müssen, nicht genug zu schlafen, auf viel zu engem Raum zusammenzuhocken. Ich wünschte, ich könnte nach jeder Show nach Hause fliegen, um in meinem eigenen Bett zu schlafen. Ich wäre so glücklich, wenn das möglich wäre! Also, ich hasse Touren. Aber ich liebe Konzerte. Und essen.