AU PAIRS

Foto

Eine kleine Post-Punk-Historie

Die AU PAIRS aus Birmingham gehörten zu den profiliertesten Post-Punk-Bands ihrer Zeit, sie existierten von 1978 bis 1983 und veröffentlichten zwei für dieses Genre wichtige Alben. Ihr Debüt „Playing With A Different Sex“ von 1981 kann man von der politischen Haltung her, beispielsweise bezüglich der klaren Kritik an Margaret Thatcher, aber vor allem musikalisch auf eine Ebene mit „Entertainment!“ (1979) von GANG OF FOUR stellen.

Neben unverrückbaren feministischen Positionen sind die Texte geprägt von einem schroffen und offensiven Sarkasmus. Die Musik ist tanzbar auf Basis kantiger und mitunter dissonanter Gitarrensounds. Die Texte der AU PAIRS sind oft geprägt von den vielschichtigen „Machtkämpfen“ zwischen den Geschlechtern, aber auch dem Feiern der weiblichen Sexualität. Vieles gilt es zwischen den Zeilen herauszulesen, auch wenn die Haltung der Band, beispielsweise zu Gender Politics oder patriarchischen Strukturen, völlig klar war, dazu kamen ihre provokativen politischen Statements. Das tradierte Rollenverständnis zwischen den Geschlechtern wird in den Texten von Sängerin und Gitarristin Lesley Woods komplett auseinandergenommen. Im Song „Armagh“ mit dem Refrain „We don’t torture“ kritisiert die Band die britische Regierung und deren Behandlung von irisch-republikanischen Gefangenen während der Unruhen in Nordirland.

Der Wechselgesang zwischen Lesley Woods und Gitarrist Paul Foad verstärkt die energetische Dynamik der Songs auf ganz spezielle Weise. John Dougan von AllMusic beschrieb das Debüt der AU PAIRS zu Recht als „One of the great, and perhaps forgotten, post-punk records.“ Das Cover des Albums zeigt ein Foto von Eve Arnold mit in den Kampf ziehenden Soldatinnen einer speziellen Fraueneinheit der Befreiungsarmee der Volksrepublik China. Wie auch bei GANG OF FOUR, SUBWAY SECT, POP GROUP, BUSH TETRAS oder DELTA 5 spielen in ihrem Sound bei den vertrackten Rhythmen nicht nur Punk, sondern explizit auch der Funk im Stil von FUNKADELIC oder James Brown eine Rolle.

Das zweite Album „Sense And Sensuality“, 1982 bei Kamera Records erschienen, die zu dieser Zeit auch THE FALL eine Heimat gaben, zeigt Einflüsse von Jazz, Soul, Funk und Disco, wobei der thematische Fokus erhalten blieb. Von politischer oder inhaltlicher Versöhnlichkeit keine Spur, inklusive einem starken Anti-Reagan-Statement im Song „America“.

1983 löste sich die Band auf. Sie spielten ihr letztes Konzert beim Frauenklang Festival in Wien. 2006 erschien auf Castle Music die umfassende und gut gemachte Werkschau „Stepping Out Of Line: The Anthology“ mit den beiden Alben der Band und zusätzlichen zwanzig Bonustracks, die der britische The Guardian treffend kommentierte: „Significant feminist, social-commenting agit-funk, heady, insightful femme punk fun is ripe for rediscovery.“ In vielerlei Hinsicht wurde den AU PAIRS eine wesentliche rigorosere Haltung zugestanden als GANG OF FOUR. In einem Online-Forum fasst es ein Rezensent so zusammen: „The GANG OF FOUR may have been anti-capitalist and anti-consumerist, but the AU PAIRS are anti-control“.

Ab und an spielte Lesley Woods in den vergangenen Jahren einige Songs der AU PAIRS sowie neue eigene Stücke in kleinen Clubs, beispielsweise im April 2016 zusammen mit der New-Wave-Legende DEPARTMENT S („Is Vic There?“). Seit vielen Jahren arbeitet Lesley Woods als Rechtsanwältin in London mit speziellem Fokus auf Immigrations- und Asylrecht. In einem Interview umschreibt sie ihre Arbeit so: „Ich begann mit der Einwanderungsarbeit, weil ich idealistisch war. Ich wollte den Menschen helfen, insbesondere den Asylbewerbern. Und auch zwanzig Jahre später möchte ich meinen Mandanten helfen, das Einwanderungsgesetz zu verstehen und ihre Ziele zu erreichen. Aber gleichzeitig muss ich meinen Lebensunterhalt verdienen. Als Anwältin mit direktem Zugang zur Einwanderung bin ich perfekt geeignet, da ich meine Fähigkeiten einsetzen kann, um Menschen zu helfen, die Gerechtigkeit brauchen, und gleichzeitig genug verdienen kann.“