BLACK PEAKS

Foto© by Ben Gibson

Freiheit

Hinter „All That Divides“ verbirgt sich mehr als nur ein gutklingender Albumtitel. Im Gespräch mit BLACK PEAKS-Sänger Will Gardner wird deutlich, dass die Band in Zusammenarbeit mit dem mehrfach Grammy-ausgezeichneten Adrian Bushby nicht nur ein musikalisch beeindruckendes Album aufgenommen hat, auch inhaltlich geht es ans Eingemachte und um nichts weniger als die Zukunft unserer Gesellschaft.

All That Divides“ dreht sich um den Begriff „Freiheit“. Im Info zum Album wird erwähnt, dass ihr zunehmend Angst habt, an Freiheit zu verlieren, insbesondere die zu reisen, überhaupt sich frei zu bewegen. Daraus schließe ich, dass ihr vermutlich keine Fans des Brexit seid.

Nein, definitiv nicht. Es scheint so, als ob er uns jetzt schon zum Außenseiter macht, und er lässt die britische Bevölkerung in Europa einfach schlecht aussehen. Die Briten sind gespalten, was den Brexit betrifft. Viele Leute haben nur dafür gestimmt, weil sie belogen worden sind, jetzt haben sie ihre Meinung schon längst wieder geändert. Wir wirken wie Rassisten, die nicht Teil von Europa sein wollen, tatsächlich sprechen wir aber über Millionen, die eben nicht dafür gestimmt haben, dass das passiert. Viel besorgniserregender ist aber, dass sich überall in Europa diese extreme Rechte nach vorne kämpft. In Amerika ist es schon passiert und hier kann man es ebenfalls in verschiedenen Ländern beobachten – man kann und darf es also nicht mehr ignorieren. Um zu deiner Frage zurückzukommen, wir haben diese Entwicklung auf unseren Reisen durch Europa erlebt und es hat uns teilweise wirklich Angst gemacht. Da ist beispielsweise der Umgang mit der Fluchtproblematik, ein unglaublich kompliziertes und komplexes Thema. Unser Album soll die musikalische Reaktion auf unsere Beobachtungen in den vergangenen zwei Jahren sein. Wir wollen durch die Musik und die Texte unsere Erfahrungen mit diesen Themen ausdrücken und zeigen, wie viel Angst und wie traurig uns das alles gemacht hat.

Denkt ihr, dass politische Veränderungen in Europa oder auf der Welt tatsächlich irgendwann eure Karriere beeinflussen könnten?
Ich mache mir keine Sorgen um meine Karriere, sondern darum, dass Menschen sterben. Wir haben das schon viel zu oft gesehen: Wenn die Falschen an die Macht kommen, kann es für viele andere schnell brenzlig werden. Es kann in den nächsten zehn Jahren wirklich sehr ernst werden, nur vielen ist das immer noch nicht bewusst. Alle diese einzelnen Schritte, dass Großbritannien aus der EU austreten wird und auch andere Länder bereits über so etwas diskutieren, treiben uns immer weiter auseinander. So lange wie jetzt hat in Europa noch nie Frieden geherrscht und nun werden plötzlich überall lang existierende Abkommen infrage gestellt. Ich interessiere mich sehr für Geschichte die Moderne und Frühmoderne, wir haben uns wirklich tausende von Jahren bekriegt und viele Konflikte konnten durch Verträge und gemeinsame Gesetze beigelegt werden. Kein Land in Europa versucht sich heutzutage noch unrechtmäßig auszubreiten, also sich Teile anderer Länder anzueignen, das alles hat schon vor langer Zeit aufgehört.

Wie würdest du für dich persönlich Frieden definieren.
Ich denke, so wie es die fundamentalsten Menschenrechte auch tun. Zugang zu sauberem Wasser, ein Dach über dem Kopf, ein Bett, in dem man nachts Schlafen kann, die Freiheit, überallhin zu reisen, das Recht, arbeiten zu dürfen und nicht von der Familie getrennt zu sein, Gesundheitsversorgung ... Entweder man hat Arbeit mit einer fairen Bezahlung oder man erhält Unterstützung, das ist ein sehr modernes Modell, bei dem es um Empathie geht und darum, dass man sich um einander kümmert – quasi die Vergrößerung des Familiengedankens. Für mich hat Freiheit viel damit zu tun, dass man sich umeinander kümmert. Diese Idee lässt sich immer globaler denken, wir sind alle Menschen, auch wenn wir unterschiedliche Sprachen sprechen, letztendlich bedeuten alle Unterschiede nichts. Ich glaube, das ist einer der coolen Vorteile, wenn du Musik machst und mit einer Band unterwegs bist, dann verschwimmt dieses ganze Länder-Ding zunehmend und du verbringst eben überall Zeit mit tollen und interessanten Menschen. Die Unterschiede bedeuten dann einfach nicht so viel.

Ist das eine Botschaft, die ihr mit „All That Divides“ rüberbringen möchtet? Würdest du das Album als politisch bezeichnen?
Ich denke, es ist schwierig, sich nicht zu solchen Themen zu äußern. Wir wollen auf jeden Fall klarstellen, dass wir eindeutig gegen alles stehen, was als rechts außen definiert wird. Wir möchten, dass alle Menschen zusammenstehen und es für Rassismus und Homophobie einfach keinen Raum mehr gibt. Wir haben uns so viele Jahre, seit 1945, vorwärts bewegt und es ist wirklich eine Schande, mit ansehen zu müssen, wie vielerorts eine Rückentwicklung stattfindet. Ich bin überzeugt, dass wir in der Lage sind, diese Entwicklung zu stoppen, dass wir die Hand ausstrecken müssen und wieder mehr miteinander sprechen. Verschließt nicht die Türen, ignoriert euch nicht, sondern redet miteinander! Die Platte reflektiert das alles, aber wir sind nicht RAGE AGAINST THE MACHINE, wir halten keine Predigten bei unseren Shows. Wir hoffen, dass die Leute die Songs aufmerksam hören, die Texte lesen und ein Stück weit verstehen, was wir sagen möchten.

Liegt der beschriebene Rückschritt auch in der modernen Kommunikation begründet, durch die wir nicht miteinander, sondern aneinander vorbeireden und die Wahrheit wenig Relevanz zu haben scheint?
Ich beschäftige mich viel mit einem britischen Dokumentarfilmer, Adam Curtis, jeder sollte sich seine Dokus anschauen. Er beschreibt diese Entwicklung nicht als Fort- oder Rückschritt, er stellt viel mehr fest, dass es einen Stillstand gibt. Die Menschen unterhalten sich nur noch in bestimmten Kreisen und niemand außerhalb wird erreicht, den das irgendwie beeinflussen könnte. Die Algorithmen wollen, dass wir so viel kommunizieren wie möglich, aber es wird nichts dadurch erreicht.