DEMON HEAD

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Einheitlichkeit

Einmal mehr hat sich mit DEMON HEAD eine Band ins Fuze geschlichen, die stilistisch aus dem Raster fällt. Die Dänen mögen sich dabei in der gefundenen Spielart, zwischen Post-Punk und Heavy Metal, von den meisten Acts dieser Ausgabe unterscheiden, qualitativ stecken sie mit ihrem vierten Album „Viscera“ aber viele in die Tasche. Wir sprechen mit Gitarrist Birk und Sänger Marcus über das Songwriting und die Kunst, Musik in einem festgeschriebenen Format spannend zu halten.

Anders als bei den bisherigen Werken der Band hat für „Viscera“ die Lieder ausschließlich Gitarrist Birk geschrieben, oder zumindest deren Grundkonstrukt. Erfahrung mit dieser Art von Songwriting hatte Birk zuvor allerdings nicht. „Nein, überhaupt nicht“, sagt er. „Bei unserem ersten Album ‚Ride The Wilderness‘ hat noch Marcus fast das gesamte Material geschrieben. Es gibt hier fast eine Parallele zu diesem Album. Wir hatten auch damals viele fertige Lieder, an denen wir dann gemeinsam gearbeitet haben. Es gab eine Struktur, in die sich alle Instrumente eingepasst haben. Bei ‚Thunder On The Fields‘ und ‚Hellfire Ocean Void‘ haben wir alles zusammen komponiert. Das war sehr anstrengend. Du musst dich im Proberaum treffen und über jede Entscheidung wird erst abgestimmt“, meint der Gitarrist. „Das ist mit fünf Leuten sehr anstrengend und nicht sonderlich produktiv. Ich mag Musik, die aus der Hand einer einzigen Person stammt, mehr als etwas, das in der Gruppe entstanden ist. Wenn fünf Leute daran arbeiten, zerfasert der Ausdruck manchmal ein bisschen. Aber für uns als Band war es sehr wichtig, diese beiden Alben auf diese Art und Weise erarbeitet zu haben. Wir haben einander wie auch unsere Grenzen und Unterschiede besser kennen gelernt.“ Sänger Marcus fügt hinzu: „Ich mag die tonale Sprache, die Birk für dieses Album gefunden hat, sehr. Wie bei einem guten Buch, das in einem durchgängigen Stil geschrieben wurde, ist es für mich so einfacher, in das Werk zu versinken.“

Beim einheitlichen Stil der Band, der sich irgendwo zwischen Achtziger-Post-Punk und Heavy Metal bewegt, muss man vorsichtig sein, so was kann sehr schnell sehr langatmig erscheinen. Wie die leider aufgelösten IN SOLITUDE zuvor und anders als viele sonstige Vertreter dieser Nische, schaffen es DEMON HEAD jedoch, ihre Platten durchgängig interessant zu halten. Dass die Lieder nicht langweilig werden, liegt den Dänen sehr am Herzen. „Das weiß natürlich keiner außerhalb der Band, aber wir sind super kritisch mit unserem Schaffen“, erklärt Marcus. „Die Kompositionen enthalten tatsächlich nichts, was nicht gebraucht wird. Wir beschneiden uns selbst sehr stark und versuchen, sehr präzise zu sein. Das hört man am Ende nicht, aber wir bearbeiten unsere Musik wie mit einem Steinmesser. Wir schlagen all die kleinen Stücke ab, die das Ergebnis verschlechtern könnten. Wir sind wirklich sehr kritisch.“ Gitarrist Birk äußerst sich zu diesem Komplex etwas ausführlicher und erklärt, wie man es seiner Meinung nach hinbekommt, Alben und Lieder interessant zu halten, obgleich man sich in einem begrenzten Spielfeld bewegt und sich nur einer gewissen Anzahl an Elementen bedient. „Wenn ich über Musik, die von einer Band gespielt wird, nachdenke, dann muss diese oft in einen bestimmten Rahmen passen. Die Platte muss ungefähr 45 Minuten lang sein und du hast diese bestimmten Instrumente zur Verfügung, die in dieser Art von Musik zu verwenden sind. Ich mag es aber, in diesem Rahmen zu arbeiten und dennoch etwas Unterhaltsames zu schaffen. Meiner Ansicht nach wiederholen wir uns eher selten. Die Musik bewegt sich stets fort und wir verändern etwas in den Songs. Das finde ich sowieso am interessantesten an Musik, dass du immer etwas verändern kannst. Du startest an einem Punkt und endest an einem anderen. Wie diese Pole sich dann zueinander verhalten, diese Entwicklung musst du ordentlich hinbekommen.“

Zum kohärenten und einheitlichen Bild, das „Viscera“ abgibt, gehört auch, dass DEMON HEAD ihr Album recht knapp gehalten haben. Nicht einmal vierzig Minuten bringt es auf die Uhr. „Ich mag es, wenn ein Album kürzer ausfällt. Meiner Meinung nach sind viele viel zu lang. Es gibt Stellen, die dir die Lust am Hören vergehen lassen“, sagt Marcus. „Es ist aus meiner Sicht sehr schwierig hinzubekommen, dass man konstant Spaß an einer Platte hat. Vielleicht liegt es aber auch am CD-Format. Da warst du nicht mehr so auf eine bestimmte Spielzeit festgelegt wie bei einer Vinyl-Scheibe. Du kannst also auch qualitativ schlechteres Material mit drauf nehmen.“ Was „Viscera“ außerdem zusammenhält, ist das von Sänger Marcus entworfene textliche Konzept. Anders als auf den drei Werken zuvor sind alle Lieder inhaltlich miteinander verzahnt und verbunden. „Ich nehme mir immer viel Zeit, um die Texte zu schreiben. Als ich jetzt einige beisammen hatte, ist mir aufgefallen, dass sie dieses Mal zusammenhängender zu sein scheinen. Außerdem habe ich mittlerweile auch größeren Gefallen am Schreiben allgemein gefunden. Ich habe also versucht, starke erzählerische Zusammenhänge zu schaffen. Jeder Song bildet quasi ein Kapitel in der Gesamtgeschichte. Es geht um die Suche nach Sinn in einer öden, kargen Welt, um es mal grob zu umreißen.“ Alles in allem haben DEMON HEAD auf ihrem vierten Album einiges verändert, um ihrem Grundsound gleichzeitig treu zu bleiben. Wer an Post-Punk-Ästhetik in Heavy-Metal-Gewand interessiert ist, der sollte in „Viscera“ unbedingt einmal reinhören.