HAMFERD

Foto© by Gaui H

Eine Band, unterschiedliche Blickwinkel

Mit „Men Guds Hond Er Sterk“ erscheint dieser Tage das vierte HAMFERD-Album. Gitarrist Theodor Kapnas sprach mit uns über die Entstehung des Albums, über die Live-Aufnahme im Studio und die Geschichte hinter dem Album.

Die Sprecherstimme im Titeltrack beschreibt das Thema des Albums, ein Bootsunglück vor den Färöer-Inseln im Jahr 1915, oder?

Ja, das ist genau das, was es ist. Es stammt aus einem Radiointerview, es ist die beste historische Dokumentation, die wir über dieses Ereignis 1915 haben. Der Befragte war in einem der vier Boote, die mit Wasser voll liefen, aber nicht untergingen, und er war in dem Boot, das es schaffte, vor den Wellen wegzurollen, bevor sie zu brechen begannen. Der Part wurde aus einem 45-minütigen Bericht zusammengeschnitten. Ich habe versucht, die aussagekräftigsten Stellen zu finden, um eine Vorstellung davon zu vermitteln, was an diesem Tag passiert ist.

Wie wichtig ist es für euch als Band, euer kleines Land zu repräsentieren und Dinge, die mit eurer Geschichte zu tun haben, in eurer Musik zu verarbeiten?
Ich denke, das hängt davon ab, wen man in der Band fragt. Ich kann das nur für mich beantworten. Und für mich ist es nicht so wichtig, färöische Geschichte oder Märchen oder Folklore an andere weiterzugeben. Vielmehr ist es ein sehr spannendes Thema für die Art von Musik, die wir machen, und für das Land, in dem wir leben. Das Album ist sehr von der färöischen Geschichte inspiriert, von dem Ereignis 1915, aber es ist keine historische Darstellung. Die verschiedenen Lieder erzählen von verschiedenen Ereignissen, Situationen rund um das Ereignis von 1915, aber sie sind nicht historisch korrekt.

Ihr habt auch während der Corona-Isolation nicht miteinander schreiben können, oder? Dann seid ihr aber gleich in die Vollen gegangen und habt den Großteil des Albums sogar live im Studio aufgenommen.
Wir sind alle sehr unterschiedliche Menschen und Musiker. Was uns als Band besonders macht, ist die Synergie zwischen uns sechs, wenn wir zusammen spielen. Es ist natürlich nicht so, dass wir sechs uns ohne Ideen treffen und dann ein Song von Grund auf neu entsteht. Der eine oder andere bringt immer ein paar gesammelte Ideen mit. Einige Mitglieder schreiben mehr, andere weniger. Aber für die Platte haben wir viel im Studio gearbeitet, ich habe produziert und das meiste geschrieben. Und wir waren selten mehr als zu zweit im Studio, ich und die anderen Jungs. Bei diesem Album wollten wir diese Bandsynergie, wo wir die Songs zusammen spielen und spüren, wie sie sich anfühlen, wenn wir sie live aufführen. Die letzten 30 Prozent des Arrangements haben wir gemeinsam gemacht, aber auch, weil wir es aufgenommen hatten. Wir konnten live ohne Metronom spielen, wie in den guten alten Zeiten, weil wir genau diesen Sound einfangen wollten. Nicht ein Instrument nach dem anderen, und dann wird alles übereinander gelegt und zu einem Stück zusammengefügt. Wir wollten die Interaktion zwischen uns sechs, während wir die Songs wirklich spielen. Also haben wir ein paar Wochenenden damit verbracht, Demos für die ersten Aufnahmen der Tracks zu machen und das Songwriting zu beenden. Und dann haben wir eine Woche gebucht, in der wir im Grunde alles eingespielt haben.

Wie viel Raum bleibt bei diesem Vorgehen für Experimente? Gibt es noch Spielraum oder ist alles so, wie der Song ursprünglich geschrieben wurde?
Das ist es ja, so gibt es viel mehr Spielraum. Wir machen das zusammen. Normalerweise haben wir bei all unseren anderen Platten zuerst das Schlagzeug aufgenommen, dann entweder den Bass oder die Gitarren, dann die Keyboards und den Gesang. Das heißt, wenn man plötzlich eine Idee mit dem Gesang hat und die Richtung ändert, dann wird das Schlagzeug neu aufgenommen. Und das ist nicht wirklich natürlich, man folgt einander nicht auf die gleiche Weise. Wenn aber alle das Stück kennen und gleichzeitig spielen und jemand meint, dass der Übergang von der Strophe zum Refrain vielleicht ein bisschen langweilig ist, dann können wir alle zusammen etwas ändern. So macht die ganze Band etwas zusammen und es entsteht eine größere Synergie zwischen den Beteiligten. Natürlich sind auf der Platte am Ende mehr Spuren als das, was wir live im Studio aufgenommen haben. Aber nicht so viele. Aber es gibt ein paar Overdubs an einigen Stellen, wo wir die Gitarren noch einmal korrigieren mussten. Es ist also immer ziemlich einfach, wenn man während der Aufnahmen merkt, dass man diesen Akkord ändern oder ein anderes Solo spielen will. Und wenn alle Stricke reißen, kann man das immer noch im Nachhinein machen.

Meiner Meinung nach ist es zugleich euer bisher abwechslungsreichstes Album. Wie kam es dazu?
Wie gesagt, wir haben alle unterschiedliche Geschmäcker. Bei bestimmten Dinge sind einige derselben Meinung, andere nicht. Im Grunde hören die meisten von uns viel progressive Musik, in der viel mehr passiert als auf einer normalen Funeral-Doom-Platte. Wir haben also immer mit wechselnden Taktarten und dergleichen herumgespielt und versucht, die Musik interessant zu halten, nicht bloß wie eine sich wiederholende Schleife. Besonders auf diesem Album wollten wir, dass die einzelnen Songs unabhängiger von den anderen funktionieren und es nicht so viel Füllmaterial gibt. Es gibt also eine Menge Ideen, die in den Tracks verdichtet sind, und ich denke, das ist genau die Art, wie wir es mögen.