I PREVAIL

Foto© by Adam Elmakias

Gemeinsam wachsen

„Jetzt, da das Album endlich draußen ist, fühle ich dass ein großes Gewicht von meiner Brust verschwunden ist, ich bin froh und stolz.“ I PREVAIL haben sich viele Gedanken gemacht, um das dritte Studioalbum der Band so kohäsiv wie möglich werden zu lassen. Eine Deadline für die Veröffentlichung von „True Power“ gab es nicht, weshalb sich I PREVAIL drei ganze Jahre Zeit nehmen konnten, um am Songwriting zu feilen, wie Sänger Eric Vanlerberghe erzählt. Dabei ist das Resultat aus jahrelangen Einflüssen, die sich zu einem einzigartigen Sound fügen, der eine junge Generation prägen könnte.

Hey Eric, ich habe das Gefühl, dass ihr auf „True Power“ so vielseitig klingt, wie nie zuvor. Wie kam das zustande?

Ja, wir haben versucht, die Genregrenzen weiter auszudehnen. Wir haben schon immer sehr unterschiedliche Musikgeschmäcker gehabt, aber einige Aspekte als gemeinsamen Nenner gefunden. Es hat Spaß gemacht, das Album zu schreiben, weil wir viel Zeit hatten und nicht Song für Song vorgegangen sind, sondern viel mehr Part für Part. Als wir einige fertig hatten, haben wir uns Gedanken gemacht, wie das alles zusammenkommen kann, und versucht, unerwartete Twists einzubauen. Wir wollten links abbiegen, wenn man es nicht erwartet, aber es so machen, dass es zwar überrascht, jedoch trotzdem Sinn ergibt. Es war uns wirklich wichtig, dass alles am Ende kohäsiv zusammenwirkt, und da wir die Zeit hatten, konnten wir das machen.

„True Power“ hat insgesamt 15 Tracks, ihr habt vor dem Release mit „Body bag“ und „Bad things“ aber lediglich zwei wirkliche Singles veröffentlicht. Das ist eher wenig verglichen mit den meisten Bands, die teilweise fünf oder mehr Singles aus Alben auskoppeln, oder?
Für mich war es ein logischer Schritt. Wir wollten anfangs drei Singles machen und haben dann „Self-destruction“ am Tag vor dem Albumrelease noch als dritte veröffentlicht. „True Power“ ist nicht wirklich ein Konzeptalbum, aber es gibt Songs, die miteinander verknüpft sind, textlich oder thematisch. Ich erinnere mich noch, als ich ein Teenager war und mir ein Album gekauft habe, habe ich es immer als Ganzes gehört. Manche Alben kannte ich aber schon zur Hälfte, weil von zehn Tracks bereits drei oder vier bereits im Radio gelaufen waren. Also habe ich die übersprungen, weil ich sie schon so oft gehört hatte. Es war nicht so aufregend, wie wenn man ein Album zum ersten Mal in den Händen hält und alles darauf neu ist. Ich wollte, dass unsere Fans auch dieses Erlebnis haben und die Erfahrung eines Albums, das wir mit einer durchdachten Tracklist liebevoll zusammengestellt haben, als Ganzes genießen können. Nur zwei Singles vorher auszukoppeln, hat uns geholfen, diese Vision umzusetzen.

Ich erinnere mich noch daran, dass ich manche Alben so oft gehört habe, bis ich sie mochte, weil ich es mir quasi nicht leisten konnte, ein gekauftes Album nicht zu mögen ...
Mir ging es genauso. Ich habe mir früher auch Alben gekauft und gehofft, dass sie mir gefallen. Wenn es nur einzelne Songs waren, habe ich die Platten mit Freunden getauscht und dadurch viele neue Bands kennen gelernt.

Erinnerst du dich noch an das erste Album, das du gekauft hast?
Haha, du wirst wahrscheinlich lachen. Es waren entweder die BLACK EYED PEAS oder 50 CENT. Ich glaube, es war tatsächlich 50 CENT, „Get Rich Or Die Tryin’“. Ich erinnere mich, wie schwer es war, meine Mutter davon zu überzeugen, dass ich es mir kaufen durfte, haha.

Finden sich deshalb auch so viele HipHop- und Rap-Elemente auf „True Power“?
Absolut. Ich bin damit aufgewachsen und kurz darauf gab mir ein Freund „Ride The Lightning“ von METALLICA und es hat mich komplett umgehauen. Wir haben schon immer sehr breite musikalische Einflüsse gehabt und Brian und Steve erging es ähnlich wie mir. Deshalb war es uns umso wichtiger, Musik zu schreiben, die wir wirklich schreiben wollen, und dabei einen Weg zu finden, unsere ganzen Einflüsse mit einzubringen. Dass das wiederum den Kids gefällt, ist einfach nur der Wahnsinn.

Mit den Erfolgen eurer bisherigen Karriere im Hinterkopf: Wie fühlt es sich an, jetzt selbst in einer Band zu spielen, die die Kids begeistert?
Das ist ein schönes Kompliment, danke! Wenn ich an meine Jugend denke, sind da KORN, LIMP BIZKIT, SLIPKNOT, LINKIN PARK, MUDVAYNE und weitere Nu-Metal-Bands. Das waren die Acts, die riesig waren und es zu Recht immer noch sind, weil sie einen Sound geprägt haben, der ikonisch ist. PANTERA klingen noch immer so angepisst wie damals und haben einen Sound, der damals unglaublich war und noch immer zeitlos ist. Diese Idee haben wir mit „True Power“ auch verfolgt.

Verfolgst du das Ziel, selbst mal eine Band mit einem Status wie die oben genannten zu werden?
Es ist großartig zu sehen, wie unterschiedlich unsere Fanbase ist. Es sind Kids, die das Genre gerade erst entdecken, vielleicht auf ihrem ersten Rockkonzert sind oder gar zum ersten Mal Shouts hören. Aber auch ältere Paare, Familien, normale Menschen bis hin zu Metalheads, die schon seit über zwanzig Jahren Metal hören. Eine Gateway-Band zu sein, die Menschen zu härterer Musik bringt, ist für mich, der ich als Metalhead aufgewachsen bin, der kein Internet hatte, eine absolute Ehre. Ich erinnere mich noch daran, wie ich in der Highschool über YouTube immer wieder die nächste Band mit einem abgefahrenen Namen oder mit einem krassen Thumbnail angeklickt habe. Das war als MTV und TRL aufgehört haben, Musikvideos zu senden und ihre Realityshows an den Start brachten. Es ist witzig zu sehen, wie sich das geändert hat, denn heutzutage liegt es an den Kids, diese Bands zu finden, oder eben an den Bands, ein gutes Marketing zu machen.

Ist es schwieriger geworden, die Kids zu erreichen?
Ich glaube eher, es ist schwierig, die Kids dazu zu bewegen, sich ein Album ganz anzuhören. Es geht vielen jungen Menschen darum, so viel Content so schnell wie möglich zu bekommen. Es ist eine toughe Challenge.

Suchst du noch so aktiv nach neuer Musik wie damals?
Ja, absolut. Ich habe einige neue coole Bands über Spotify-Playlisten gefunden und suche immer nach neuen Sachen. Ich gehe sehr gerne auf Shows von Bands, die ich neu entdeckt habe, und es fühlt sich manchmal ein bisschen so an, wie in die Schule zu gehen. Ich denke mir oft: Mann, war das cool, wie kann ich das, was ich fühle, unseren Fans auch bieten? Es ist nicht mal die Musik oder die Performance einer bestimmten Band, die mich am meisten beeinflusst, sondern das Gefühl bei der Musik, das überwältigend sein kann. Ich will diesen besonderen „Oh mein Gott, das ist unfassbar“-Moment erleben und ihn ebenfalls in unsere Musik einbauen. Ich glaube, es ist ein Vorteil musikalisch offen zu sein und sich von solchen Gefühlen inspirieren zu lassen.

Wie geht es jetzt weiter mit I PREVAIL? Wie hoch sind die Erwartungen, was das neue Album betrifft?
Als wir „Trauma“ geschrieben haben, war vieles neu für uns und unsere Fans. Es war viel härter, es war etwas Rap mit dabei und wir wussten zuerst gar nicht, wie es ankommen wird. Es wurde geliebt, wir wurden für die Grammys nominiert und kamen in die Charts. Ich habe niemals geglaubt, dass so etwas passieren könnte. Wir haben etwas riskiert und es hat sich ausgezahlt, mit „True Power“ wollten wir das Risiko erhöhen und haben uns richtig reingehängt. Wenn wir in die Zukunft blicken, dann hoffe ich, dass es wieder einen weiteren Schritt nach vorne geht, wie mit „Trauma“. Ich hoffe, die Musik kommt genauso gut an und resoniert mit den Fans. Wir wollen weiter wachsen und wieder nach Deutschland kommen, wo wir immer so verdammt viel Zuneigung bekommen. Ihr seid echt der Wahnsinn in Deutschland. Wir können es kaum abwarten endlich wieder mit unseren Fans die Musik feiern, das wäre ein wahr gewordener Traum und hoffentlich können wir alle gemeinsam daran wachsen.