KFC

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Einmal Punk, immer Punk

„DER KFC ist vierzig Jahre nach dem letzten Konzert wieder aktiv.“ So werden die kommenden Gigs von DER KFC, unter anderem für das erste Konzert am 18. Dezember im Düsseldorfer Zakk beim „Lieblingsplatte“ Abend, beworben. Über das Warum, die Pläne für die Zukunft, aber natürlich auch die Frühphase der Düsseldorfer Punklegende, sprachen wir mit Tommi Stumpff (gt, voc), Käpt’n Nuss (bs, voc) und Markus Boehlke (dr).

DER KFC proben seit einiger Zeit wieder. Was ist eure Motivation, nach knapp vierzig Jahren nach dem Ende der Band wieder als DER KFC Musik zu machen?

Tommi: Wir brauchten ein Hobby. Alte Männer spielen entweder mit der Modelleisenbahn oder in einer Band.
Käpt’n Nuss: Für mich war es keine Frage, ich stand immer bereit.

Ist das jetzt eine Reunion? Wer ist neben euch beiden noch mit dabei?
Tommi: Ja, das ist es. Als Schlagzeuger ist nun Markus mit dabei.
Käpt’n Nuss: Markus ist ein alter Kumpel und Schüler von unserem ehemaligen Schlagzeuger, meinem Bruder Rainer, der leider verstorben ist. Markus ist für uns genau richtig.
Markus: Ich war schon immer DER KFC-Fan, und dass ich jetzt mit dabei bin, ist für mich großartig. ABBA haben sich ja jetzt auch wieder vereint.

Es gab schon einmal 2008 eine Art Reunion zum fünfzigsten Geburtstag von Tommi. Warum habt ihr da nicht schon mit DER KFC weitergemacht?
Tommi: Es gab 2008 einen Auftritt. Es waren damals keine weiteren geplant, das war eine rein private Veranstaltung.
Käpt’n Nuss: Wir haben dann aber schon noch eine Zeitlang überlegt, vielleicht doch weiterzumachen, aber sowohl Tommi als auch ich hatten zur der Zeit einige Schicksalsschläge zu verkraften und wir konnten das dann nicht weiterverfolgen. Markus war damals noch nicht dabei.

Probt ihr aktuell die alten Songs ein? Oder können wir auch neue Stücke erwarten? Tommi hat lange elektronische Musik gemacht, Käpt’n Nuss unter anderem bei FAMILY 5 gespielt. Das sind ja schon andere Einflüsse als damals ...
Tommi: In erster Linie arbeiten wir an alten Stücken, aber auch an einigen neuen.
Käpt’n Nuss: Und wir haben Coverversionen von AC/DC zum Beispiel, aber auch von Tommi Stumpff ins Repertoire aufgenommen, das Stück „Lobotomie“ in einer Siebziger-Jahre-Disco-Version.
Tommi: Damals waren wir natürlich stark beeinflusst von Bands wie den STOOGES oder den SEX PISTOLS.
Markus: DER KFC passte damals in kein Genre, und das tut er auch heute nicht.

Songs wie „Knülle im Politbüro“ wurden ja von der Zeit überholt. Welche Stücke würdet ihr heute nicht mehr schreiben beziehungsweise nicht mehr spielen – und warum?
Tommi: Ich werde nie wieder „Wie lange noch“ spielen. Das Stück ist mir zu deprimierend und auch zu weinerlich. „Mehr Ordnung“ haben wir auf zwanzig Sekunden gekürzt.

Hat Punk heute noch eine Bedeutung für euch? Was ist der Unterschied zu früher?
Tommi: Ich war so lange Punk, bis die Linken diese Bewegung komplett für sich eingenommen haben. Das wurde mir dann zu politisch.
Käpt’n Nuss: Mit der gesellschaftspolitischen Seite des Punk konnte ich nichts anfangen. Ich fand die Musik gut, habe aber die Lebenseinstellung nicht geteilt und das hat mir auch nichts bedeutet.
Markus: Einmal Punk, immer Punk. Der Mainstream hat mich nicht so interessiert. Ich fand gut, dass die Musik schnell war und die Dinge beim Namen genannt wurden. Es gefiel mir, dass Autoritäten nicht anerkannt wurden. Ich war jung und hatte viel Wut. Mich hat die Energie fasziniert.

Was waren die Gründe für euch damals, die Band zu gründen?
Tommi: Das war meine Band. Ich fand Punk aufregend und wollte mitmachen. Die Zeit war wirklich geil. Wir haben praktisch jeden Abend in der Kneipe eine neue Band gegründet. Damals konnte Trini Trimpop noch kein Instrument und unser Schlagzeuger Tobias musste auch erst mal daran arbeiten. Irgendwann trennte sich die Spreu vom Weizen.
Käpt’n Nuss: Ich war 16, als ich in die Band gekommen bin. Der Bassmann war kurzfristig rausgeflogen. Ich kannte Tobias, den Schlagzeuger, der hat bei mir zu Hause angerufen. Mein Bruder Rainer lebte damals als Rockmusiker in Hamburg und hatte noch nie in der Markthalle gespielt, da wollte ich ihn natürlich gerne übertrumpfen. Tobias und Tommi kamen dann einen Tag vorher zu mir nach Hause und auf der Fahrt haben wir die Stücke im Auto geübt.

Im Buch „Verschwende deine Jugend“ von Jürgen Teipel wird von vielen der Interviewten, aber auch von euch ein düsteres, gewalttätiges und stumpfes Bild von DER KFC gemalt.
Tommi: In dem Buch wurde vieles übertrieben, oft auch von Leuten, die gar nicht dabei waren. Wir waren einfach nur Halbstarke, die keinem Streit aus dem Weg gegangen sind, aber wir waren keine Schläger.
Markus: Damals gab es halt schnell mal eins auf die Fresse.

Wie habt ihr in den späten Siebzigern, Anfang der Achtziger Jahre die Szene in Düsseldorf rund um den Ratinger Hof wahrgenommen? Und wie habt ihr euch selbst gesehen? Und wie seid ihr damals zum Punk gekommen?
Tommi: Bevor ich den Ratinger Hof wahrnahm, habe ich mich bereits für Punk interessiert. Auf einer Fahrt durch Frankreich liefen die SEX PISTOLS im Radio. Ich war sofort fasziniert von der Energie der Musik. Später trafen sich dann viele Gleichgesinnte im Ratinger Hof.
Käpt’n Nuss: Ich kannte den Ratinger Hof schon, als er noch ein Hippieladen war. Ich war also von Anfang an dabei. Meine beiden älteren Geschwister verkehrten dort und ich habe mich dann auch gerne dort rumgetrieben. Damals war ich 14 oder 15 Jahre alt.
Markus: Ich war ab circa 1981 auch im Ratinger Hof. Die Szene war dumm und gewalttätig und das hat mich angesprochen.

Gewaltexzesse auf der Bühne, Prügeleien mit dem Publikum – wie viel war Image? Und wann hat das Image, wenn es denn eines war, euch selbst eingeholt?
Tommi: Wir haben sehr aggressive Musik gespielt. Es hat sich schnell herumgesprochen, dass es bei uns Krawall gab. Da kamen natürlich alle, um da mitzumachen. Das war das Erlebnis: Den KFC sehen und zufrieden mit einem blauen Auge nach Hause gehen. Wir wussten natürlich, was passieren kann, aber wir haben nichts dagegen getan. Es gehörte zu unserem Konzept, dass die Leute ihren Gefühlen freien Lauf lassen konnten und aus sich rausgingen.
Käpt’n Nuss: Wir sind nicht mit dem Vorsatz auf die Bühne gegangen, Randale zu machen, aber natürlich wollten wir eine Reaktion vom Publikum. Die fiel dann eben oft auch aggressiv aus. Wir haben es jedoch zumeist geschafft, unsere Konzerte unbeschadet zu überstehen.

Es gibt ein Foto von euch mit der Unterschrift „Die Band mit den kürzesten Schwänzen der Welt“ – wie ist dieses Aktion beziehungsweise dieses Foto entstanden?
Tommi: Das war eine Marketingaktion, die wir uns ausgedacht hatten, um in der Presse erwähnt zu werden. Und es hat funktioniert.

Es hat ja bei euren Auftritten nicht nur einmal eine Bühne gebrannt, auch beim „Heute Punk, morgen Papst“-Festival in Osnabrück sollt ihr die Bühne abgefackelt haben ...
Tommi: Das war 1979 und wir sind unschuldig.
Käpt’n Nuss: Da kamen irgendwelche Idioten, die Randale machen wollten und die Bühne angezündet haben. Damit hatten wir nichts zu tun. Zum Glück war die Feuerwehr schnell da.

Eure Platten sind damals auf dem Neusser Label Schallmauer erschienen. Wie ist der Kontakt zustande gekommen?
Käpt’n Nuss: Wir haben 1979 oder 1980 im Okie Dokie in Neuss gespielt und Lothar Rieger ist da aufgekreuzt. Der hat uns dann angesprochen, dass er einen Sampler macht, und uns gefragt, ob wir dazu auch ein Stück beitragen möchten. Wir hatten vorher schon eine Single mit ihm gemacht. Schlussendlich haben wir dann drei oder vier Stücke beigetragen.

1981 kam es zum Bruch in der Band, Tobias Brink und Michael Clauss gründeten NICHTS, ihr beiden habt mit DER KFC weitergemacht. Gab es da dann eine Konkurrenz zwischen beiden Bands, zumal NICHTS ja zumindest kommerziell gesehen erfolgreicher wurden?
Tommi: Tobias und Michael wollten nicht mehr so weitermachen. Die Frage war dann: Wer folgt wem? Der Käpt’n folgte mir und Tobias ging mit Michael.
Käpt’n Nuss: Für uns war das keine Konkurrenz. NICHTS haben sich der Neuen Deutschen Welle angeschlossen und wir haben unser Ding weitergemacht. Das waren ganz unterschiedliche Richtungen und daher standen wir auch nicht in Konkurrenz.

1982 erschien die „Knülle im Politbüro“-LP, ihr wart auf großer Tour. Was führte dann zur endgültigen Auflösung der Band?
Käpt’n Nuss: Es gab nie eine endgültige offizielle Auflösung. Wir haben uns also nur eine längere Pause gegönnt. Jeder hat sich in der Zeit musikalisch weiterentwickelt.

Im Rückblick, wie war es für euch, in den Achtzigern in einer Punkband gespielt zu haben?
Tommi: Ich fand das cool. Im Rückblick war es eine aufregende und tolle Zeit.

Käpt’n Nuss: Das war schon sehr gut. Für mich war das mein Highlight. Wir waren unterwegs und haben Platten gemacht. Unsere Konzerte waren gut besucht.

Es gab 1990 schon einmal CD-Rereleases eurer LPs auf 3-Klang Records. Angesichts der Rereleases anderer Bands wie ÖSTRO 430, die auch auf Schallmauer waren, ist etwas Ähnliches für den KFC geplant?
Tommi: Das ist noch völlig offen. Es gibt schon einige Ideen, aber fest geplant ist noch nichts. Wir warten nun erst mal die ersten Auftritte ab.
Käpt’n Nuss: Wir arbeiten aber schon an neuen Stücken.
Markus: Die Zuschauer erwarten jetzt sicher erst mal die alten Stücke.

Wie sieht es mit den anderen früheren Bandkollegen aus? Habt ihr noch Kontakt?
Tommi: Auf Facebook bin ich noch mit Tobias in Kontakt.
Käpt’n Nuss: Ich bin noch mit allen locker befreundet.

Heute wird der Status von Musikerinnen stark diskutiert. Wie männlich/machistisch oder emanzipatorisch habt ihr die damalige Szene wahrgenommen?
Tommi: Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Auch damals war es den Mädels nicht verboten, Musik zu machen.
Käpt’n Nuss: Egal ob Mann oder Frau, Hauptsache du machst Musik.
Markus: Die Szene habe ich als sehr gleichberechtigt erlebt und das fand ich gut.