LAZY QUEEN

Foto© by Fabian Framdal Fjeldvik

Ein vielseitiges, kreatives Kollektiv

Henrik Garcia Søberg gründete LAZY QUEEN vor einigen Jahren schon, da lebte er noch in New York. In seine Heimat Norwegen zurückgekehrt, rief er in Oslo eine neue Version der Band ins Leben. Die 10“-EP „A Sigh So Deep“ war 2019 das erste Lebenszeichen. 2021 kam dann das Debüt-Album „Get Home Or Die Trying“, und mit „A Human Reaction“ von 2022, einer 12“, dann der Wechsel zu Icons Creating Evil Art aus Schweden und etwas mehr internationale Aufmerksamkeit. Und nun also die 12“ „Growing Pains“ mit knarzig-noisigem Grunge-Pop.

Henrik, im Gespräch mit befreundeten Paaren kommt immer irgendwann die klassische Frage auf: „Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt und seid ein Paar geworden?“ Ersetze „Paar“ durch „Band“ und wir haben eine Frage.

In einer Band zu sein ist so ähnlich wie in einer Beziehung, das macht also Sinn. Im Laufe der Jahre hatten LAZY QUEEN eine Menge Mitglieder. Wie Ebbe und Flut kommen und gehen Leute, die LAZY QUEEN ihren Stempel aufdrücken. Erst vor kurzem gab es eine Wachablösung, nachdem unser Schlagzeuger sein erstes Kind bekommen hat. Das aktuelle Line-up besteht aus Ferdinand (Mitglied Nr. 19), Bosse (18), Petter (15), Frida (17) und mir – von Anfang an dabei. Petter habe ich vor langer Zeit auf einem Festival kennengelernt, wo wir beide gespielt haben, Frida kam zu uns durch gemeinsame Freunde, Bosse haben wir im Studio bei den Aufnahmen zu unserer EP „A Human Reaction“ getroffen, er arbeitete als Assistent unseres Produzenten Morten Øby, und mit Ferdinand bin ich früher zur Schule gegangen. Wir sind also alle an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Umständen zusammengekommen. Dazu gibt es noch die vielen Leute, die man nicht auf der Bühne sieht, die aber auch sehr wichtig sind für eine Band. Es ist ein vielseitiges, kreatives Kollektiv, bei dem Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Persönlichkeiten mitwirken.

Einige Paare, die ich kenne, teilen miteinander die Liebe zur Musik, bei anderen ist das eher ein Thema für Streitereien. Was habt ihr musikalisch gemeinsam?
Wir haben großteils ganz ähnliche musikalische Einflüsse, aber es ist doch viel interessanter, was uns unterscheidet. Das kann in jede vorstellbare Richtung gehen, daher sind wir in der Lage, die verschiedensten Genres und Sounds in die Musik von LAZY QUEEN einzubauen. Vielleicht liegt es daran, dass schon so viele Leute und Charaktere in die Band gekommen und wieder gegangen sind, oder vielleicht auch an meiner Art zu schreiben – aber wir hatten nie den Ehrgeiz, nach etwas anderem zu klingen als nach LAZY QUEEN. Wir haben dabei nicht das Gefühl, dass wir uns auf einen bestimmten Sound oder ein Genre festlegen müssen, wir versuchen einfach, bei den Songs und Geschichten unserem eigenen inneren Kompass und unseren Interessen zu folgen.

Ihr seid aus Oslo, Norwegen. Eine Stadt, ein Land, groß genug für eine Musikkarriere? Oder braucht ihr noch den Rest von Europa?
Ich habe LAZY QUEEN gegründet, als ich in New York lebte, und das Projekt weitergeführt, nachdem ich wieder in Oslo war. LAZY QUEEN sind also nicht per se eine norwegische Band. Hier haben wir viele tolle Fans und Menschen, die wir lieben, aber unser Fokus war schon immer breiter gefasst. Die geografische Lage erscheint uns nicht so wichtig. Und hey, warum uns auf Europa beschränken? Wir wollen einfach überall hingehen, wo die Leute uns haben wollen! Und wahrscheinlich auch dorthin, wo sie uns nicht wollen ...

Wer ist der „Dumb MF“ aus dem gleichnamigen Lied? Und was ist mit „schlimmen Ausdrücken“ generell?
Der „Dumb MF“ das bin ich. Oder du. Oder wer immer sich den Schuh anzieht. Ich schreibe aus einem persönlichen Blickwinkel, über meine ganz spezifischen Erfahrungen, aber ich das tue ich nicht, um mich abzugrenzen, sondern um zu sehen, ob es eine gemeinsame Basis geben könnte für Akzeptanz oder etwas Verbindendes. Ich schreibe, um verstanden zu werden, und ich denke, dass dieser Ansatz direkt damit zusammenhängt, auf welche Weise ich selbst Musik höre und warum ich mich überhaupt so in diese Kunstform verliebt habe. Als Kind entdeckte ich diese Musik von fremden Leuten, die ein fremdes Leben an fremden Orten führten, deren Lieder und Texte jedoch meine komplizierte und isolierte Gefühlswelt irgendwie in Worte zu fassen vermochten, lange bevor ich es konnte. Dank ihnen fühlte ich mich weniger allein. Jetzt, da ich auf der anderen Seite der „Versorgungskette“ stehe und selbst Musik mache und veröffentliche, denke ich, dass es wahrscheinlich ähnlich funktioniert. Ich formuliere etwas Persönliches, veröffentliche es und sage: So fühle ich mich. Fühlst du das auch? Was die „Ausdrücke“ angeht: Die Sprache, die wir in unseren Songs verwenden, bleibt so ehrlich und direkt, wie sie es immer war. Es gibt vieles, das ich nie aussprechen würde, weil es mir nicht zusteht, das zu tun. Und niemals würde ich was sagen, woran ich nicht glaube.

Wie ist deine Haltung zu Social Media?
Es ist eine Art Hassliebe. Ich würde mir wünschen, das würde nicht dazugehören, wenn man in einer Band ist und sie promoten will. Es wäre besser für meine psychische Gesundheit und mein Wohlbefinden. Ich glaube, ich würde mir viele tägliche Gedankenspiralen ersparen, wenn ich meine Social-Media-Apps löschen dürfte. Andererseits sind da eine Menge Leute, die unserer Band nicht so aufmerksam folgen würden, wie sie es tun, oder Bandmitglieder, die wir nie kennengelernt hätten, wenn es die sozialen Medien nicht gäbe. Das Erstellen und Posten von Inhalten kann gleichermaßen anstrengend sein wie auch eine kreative Ergänzung der Musik. Wenn wir in der Lage sind, das wirklich als Teil unseres künstlerischen Ausdrucks zu betrachten, kann es etwas sein, das einen Kontext zu unserer Musik und allem anderen herstellt.