MALADROIT

Foto© by Olivier Ducruix

Punkrock-Superhelden

Endlich sind MALADROIT zurück, um die Welt mit ihrem energiereichen, eingängigen, humorvollen Punkrock zu retten. Und das mit einem grandiosen Konzeptalbum rund um das Thema Superhelden. Wobei es oft nur ein schmaler Grat ist vom Superhelden zum Megabekloppten. Sänger und Gitarrist Olivier stellte sich unseren Fragen rund um den Titel des neuen Albums „Real Life Super Weirdos“. Till (voc, gt), Forest (voc, bs) und Cham (dr) vervollständigen den sympathischen und durchgedrehten Vierer aus Paris.

Es scheint, dass ihr euch zu Spezialisten für Konzeptalben entwickelt. Eure letzte Veröffentlichung war eine Tribute-EP zu den Filmen von Steven Spielberg. Und euer neues Album dreht sich komplett um das Thema Superhelden.

Wir sind Fans von Popkultur und besonders von Filmen. Es macht uns einfach Spaß, solche Konzeptalben zu machen. Und es ist eine spannende Herausforderung, weil wir unsere Songs mit einem bestimmten vorgegebenen Thema im Hinterkopf schreiben müssen. Wir sind alle mit Steven Spielbergs Filmen aufgewachsen, deshalb hat uns die EP „Steven Island“ viel Spaß gemacht. Zumal alle Songs auf den Grundakkorden aus den Filmmusiken basieren, die aus der Feder des bekannten US-Filmkomponisten John Williams stammen, wie das „Indiana Jones“- oder das „Jurassic Park“-Thema. Es war unsere Art, der Kultur, die wir alle lieben, zu huldigen.

Warum sind Superhelden ein interessantes Thema für ein ganzes Album?
Auf unserem Album geht es in Wirklichkeit nicht ausschließlich um Superhelden. Wir singen nicht konkret über Hulk, Superman oder Batman. Wir interessieren uns viel mehr für Superbekloppte, für unbeholfene oder verhinderte Helden. Wir verwenden Superhelden dabei auch als Metapher, um andere Themen abzuhandeln. Im Song „Turn green“ geht es beispielsweise nicht um Hulk, sondern um Wutbewältigung generell. „Day drinking“ ist keine Hommage an die Marvel-Figur Jessica Jones, sondern ein Song über psychische Erkrankungen und Depressionen. „Another boys club“ handelt nicht von den Avengers oder der Justice League, sondern von der Tatsache, dass diese Helden-Teams hauptsächlich aus männlichen Clans bestehen – auch heute noch. Und „Rich assholes won’t save the world“ nimmt Jeff Bezos und Elon Musk aufs Korn, die glauben, sie seien der Iron Man oder Bruce Wayne unserer Zeit. Der Song „I peed in my Batman costume“ basiert übrigens auf einer wahren Geschichte. Als ich als Kind im Kindergarten war, habe ich in mein Batman-Kostüm gepinkelt und das war ein echtes Trauma. Das Superhelden-Konzept bei unseren Songs ist eigentlich nur ein Vorwand, um über andere Dinge zu sprechen.

In einigen eurer Songs werden „super heroes“ zu „freakin’ weirdos“. Ist es also nur ein schmaler Grat zwischen Superhelden und Mega-Spinnern?
Absolut! Superhelden sind in der Regel zumeist Superbekloppte. Und ganz ehrlich interessieren wir uns alle viel mehr für irgendwelche Spinner als für Superhelden. Deshalb lieben wir auch den Toxic Avenger aus dem Troma-Film „Atomic Hero“ so sehr. Und um aus dem Film „Breakfast Club“ zu zitieren: „Wir sind doch alle irgendwie bizarr, es ist nur so, dass einige von uns besser darin sind, es zu verstecken.“ Und wenn wir uns alle zum Punkrock hingezogen fühlten, dann doch vor allem, weil wir uns in anderen Kulturen fremd fühlten. Wir passten nicht in andere Szenen oder Clubs in der Schule. Punkrock bot uns eine Art Zuhause, wo wir uns wohl fühlten. Und es ist der Punkrock, der uns als MALADROIT zusammengebracht hat.

Und was ist mit MALADROIT? Seid ihr mehr die Superhelden oder die Megabekloppten? Und über welche Superkräfte verfügt die Band?
Wir zählen definitiv zu den Spinnern. Und unsere Superkraft? In der Lage zu sein, ganze Alben mit lediglich vier Akkorden zu schreiben. Und manchmal sogar nur mit zwei.

Das Veröffentlichen von neuen Songs innerhalb kurzer Zeit gehört auf jeden Fall nicht zu euren Superstärken. Das letzte reguläre Album eurer Band stammt aus dem Jahr 2015.
Haha, stimmt. Aber auch wenn unser letztes Album 2015 rauskam, waren wir in der Zwischenzeit nicht untätig. Wir haben nach 2015 mehrere 7“s herausgebracht, die auf der Compilation „Old & Poor“ zusammengefasst wurden. Das neue Album sollte eigentlich früher herauskommen, aber Corona ist uns da in die Parade gefahren. Und wir haben auch noch andere Bands. Till tourt viel mit GUERILLA POUBELLE, Forest spielt in vielen Bands, hauptsächlich bei seinem Soloprojekt FOREST POOKY und in der echt saucoolen Pop-Punk-Band SUPERMUNK. Ich bin noch bei PANIC MONSTER aktiv, einem akustischen Pop-Punk-Projekt sowie bei DEAD POP CLUB. Und Cham verbringt viel Zeit mit Kochen und Videospielen.

Auf dem Albumcover taucht ihr alle auch als Superhelden auf, als Fruit Man, Captain Bandana, Pizza Boy und Matchmaker. Was sind eure Superkräfte? Und was ist euer Kryptonit?
Fruit Man denkt, er sei echt fresh, dabei ist er aber definitiv nur ein Früchtchen. Pizza Boy isst wahrscheinlich mehr Pizzen, als er Leben rettet. Matchmaker macht es sich am liebsten immer nur bequem. Und Captain Bandana? Sagt man nicht, dass der Look die halbe Miete ist? Unser Kryptonit? Wir sind meistens nette Leute, die bei der Verbrechensbekämpfung versagen. Wir verzehren lieber Pizza und Bier mit den Leuten, als uns mit ihnen zu prügeln.

Wenn man sich euch so anschaut, kann man den Eindruck bekommen, dass es in Frankreich üblich ist, dass Superhelden Bärte tragen.
Haha, das ist der Corona-Effekt. Alle Burschen fingen während des Lockdowns an, ihre Bärte wachsen zu lassen, weil sie dachten, sie würden damit originell wirken. Und als die Welt wieder zu laufen begann, stellten wir fest, dass wir alle die gleiche blöde Idee hatten und nur einem Trend folgten wie alle anderen auch. Au revoir, Originalität! Nun, das Geheimnis ist in Wahrheit, dass es uns hilft, uns anzupassen und inkognito zu bleiben, wenn wir unsere Superhelden-Kostüme mal nicht anhaben. Es ist unser Trick, dass niemand unsere wahre Identität erkennt. Wie Clark Kent und seine Brille. Vielleicht stoßen wir damit einen neuen Trend an: Die bärtigen Super-Spinner.

In einem der neuen Songs singt ihr: „With great power comes great mental illness“. Es ist also eigentlich nicht wünschenswert, Superkräfte zu haben, oder?
Sicher. Das ist übrigens ein Zitat von Marvels Jessica Jones. Kluge und super fähige Menschen, die die Welt verändern könnten, werden immer als verrückt gelten, wenn man genau hinsieht. Deshalb sollten wir toleranter gegenüber Vielfalt und Exzentrik sein. Aber in unserem Song geht es um Depressionen und darum, chaotischen und prägnanten Frieden im Alkohol zu finden.

Was sind die Gründe dafür, dass reiche Arschlöcher die Welt nicht retten werden?
Weil sie zumeist Geschäftsleute sind. Rauhe, brutale und herzlose Milliardäre, die glauben, sie seien die Retter unserer Zeit. Bezos sieht viel mehr aus wie ein fieser Bösewicht in einem Comic als wie ein Held. Er behandelt seine Angestellten fast wie Sklaven, er beleidigt sie. Die Art, wie Bezos Menschen behandelt und wie sein Unternehmen kleine Firmen erstickt, sagt schon sehr viel aus. Das Gleiche gilt für Elon Musk. Er ist wie ein Bösewicht aus einem „James Bond“-Film, der denkt, dass er der größte Wohltäter ist. Schaut euch nur an, was er mit Twitter gemacht hat und wie er zu einer Gefahr für die freie Meinungsäußerung wurde.

Die Welt der Superhelden wird dominiert von Männern. Wäre es nicht besser für die Welt, wenn sie mehr von Superheldinnen regiert würde?
Definitiv. Es ist eine Männerwelt und das ist eine Schande. Das Gleiche im Punkrock. Wir brauchen mehr Superheldinnen und viel mehr Musikerinnen. Unser Song „Another boys club“, den wir mit Merel von der großartigen Band LONE WOLF singen, bringt dieses Thema auf dem Album tatsächlich zur Sprache.

In den letzten Monaten war die politische Situation in Frankreich sehr angespannt. Welche Superhelden aus dem wirklichen Leben werden in Frankreich gebraucht, um die Dinge zu einem Besseren zu wenden?
Nun, Superman ist es definitiv nicht. Er respektiert das Gesetz, was auch immer das Gesetz ist. Wir brauchen Superheld:innen, die in der Lage sind, echte Veränderungen mit einem echten sozialen und ökologischen Gewissen zu bewirken. Bringt uns lieber einen Toxic Avenger. Er oder sie ist hoffentlich in der Lage, unsere korrupten Politiker und all die rechten Arschlöcher zu vertreiben. Go, go, go, go, Toxic Avenger!