ÖSTRO 430

Foto© by Thomas Polajnar

Toleranz wird gelebt

Anfang 1990 klettert der Schreiber dieser Zeilen fünf Treppen eines Kreuzberger dritten Hinterhofs rauf, wo unter dem Dach eine samstägliche Disco stattfindet. Nach heutigen Maßstäben wäre die Veranstaltung wohl queer, aber das Wort hatte damals noch nicht seinen Weg in den hiesigen Sprachgebrauch gefunden. Unter den Anwesenden ist jemand, der aussieht wie ich zu der Zeit: bisschen struppig und nicht einzuordnen. Längere Haare zwar, aber so halb mit Iro, das Nicht-Konzept durch schwarze Klamotten mit Goth-Wirkung ergänzt. Nach einem lustigen Gespräch werden Telefonnummern und später persönliche Mixtapes ausgetauscht. Das finden junge Leute in der Zeit gut. Festplatten-Partys gibt es noch lange nicht. Auf der erhaltenen C90 sind am Anfang der A-Seite zwei Lieder von ÖSTRO 430 zu hören: „Das quietschende Bett“ und „Sexueller Notstand.“ Ein neuer Fan ist geboren.

Kaum dreißig Jahre später gibt es ÖSTRO 430 zum Glück wieder. Das Düsseldorfer Quartett hat sich personell zur Hälfte verändert: Von den Originalmitgliedern sind noch Sängerin (und Saxophonistin) Martina sowie Keyboarderin Bettina dabei. Neu sind Sandy am Schlagzeug und Anja am Bass. Vom früheren Label Schallmauer geht’s im Jahr 2020 zu Tapete Records, wo die Compilation „Keine Krise kann mich schocken“ erscheint, mit allem, was die Band in den Achtzigern aufgenommen hat. Bis 2023 finden diverse Festivalauftritte sowie etliche Konzerte statt. Der Tourplan reicht aktuell bis in den Februar 2024. Das neue Album „Punkrock nach Hausfrauenart“ ist seit dem 1. September erhältlich. Beim einstündigen Telefongespräch an einem dieser viel zu heißen Sommernachmittage ergibt sich die Gelegenheit, Frontfrau Martina ein paar Fragen zu stellen.

Ich habe mich vor drei Jahren gefreut, als es euch wieder gab. Damals habt ihr erzählt, dass ihr überrascht wart, wie das durch die Decke ging. Ist das weiterhin so?
Meinst du die Presseresonanz? Die kriegst du nur, wenn irgendwas passiert, Auftritte oder irgendeine Aktion, sprich Veröffentlichung, sonst kräht kein Hahn nach dir. Was wir nicht unbedingt erwartet hatten, war, dass die junge Generation besonders an uns interessiert zu sein scheint. Die entdecken uns gerade. Ist ja klar: Vor vierzig Jahren gab es die Youngsters ja noch nicht. Die Nachfrage ist okay, wir kommen rum, da waren auch größere Gigs mit dreieinhalb- bis fünftausend Leuten, schon echt dicke Dinger, und es machte Laune. Wir können’s ja und machen es lange genug. Du kannst uns hinstellen, wo du willst, und wir spielen. Und wenn dann im Publikum Leute stehen, die jünger sind als mein Sohn, bin ich schon überrascht.

Die kennen auch die alten Lieder?
Klar, die Leute sind im Teenie-Alter oder Anfang zwanzig und die singen die alten Lieder mit. Anfangs waren wir überrascht, jetzt sind wir dran gewöhnt. Macht aber Laune.

Und das ältere Publikum?
Das kommt auch, weil sie ihre alten Helden sehen wollen. Wo warst du eigentlich Samstag? Wir waren ganz in der Nähe von Solingen.

Ich wohne in Berlin und wollte euch auf dem Back to Future Festival sehen, aber an dem Wochenende musste ich arbeiten.
Was musst du denn am Wochenende arbeiten? Bist du Arzt?

Nee, ich mache Sozialarbeit und betreue Leute. Du machst doch auch was in der Richtung, oder?
Ich bin Kindergärtnerin, das ist noch schlimmer. Ich habe 35 Krippies um mich rum. Den Lärmpegel kannst du dir vielleicht vorstellen. Im Moment gewöhnen wir gleichzeitig sechs Kinder ein. Die sind alle unter drei.

Wie lange machst du das schon?
Acht Jahre. 35 Jahre habe ich als Journalistin gearbeitet, zuletzt online. Da hatte ich mich reinmanövriert, weil ich alleinerziehend war. Das war am günstigsten von wegen Homeoffice. Du kannst ja wegen einem kranken Kind zu Hause nicht dauernd fehlen. Es hat mich dann insofern erwischt, dass ich mit Mitte fünfzig einfach nicht mehr vermittelbar war. Die Arbeit jetzt macht auch Spaß. Was du da zurückkriegst, ist ohne Worte. Ich verdiene zwar nur noch einen Bruchteil von dem, was ich vorher hatte, aber meistens ist es wirklich Lebensqualität und macht Spaß. Du weißt, wofür du es tust.

Wie funktioniert es bei dir mit Band und Arbeit?
Bei mir geht es ja noch, weil die Wochenenden frei sind. Aber Anja ist Altenpflegerin, da wird’s schon schwerer. Sie hat nur jedes zweite Wochenende frei und das schießt uns richtig in die Touren rein. Da müssen wir sehen, wie wir das einigermaßen hinkriegen.

Ihr macht auch im Winter ’ne Tour?
Das haben wir uns vorgenommen und nehmen extra Urlaub. Anders bekommst du das nicht hin.

Wir reden über verschiedene Berliner und Potsdamer Locations, wie Clash, Lindenpark und Waschhaus.
Wir spielen im Waschhaus zusammen mit BÄRCHEN UND DIE MILCHBUBIS. Da kann ja nix schiefgehen.

Oh, das ist geil. Ich wollte sowieso fragen, wo der Link ist.
Wir sind mit denen bekannt, weil man sich noch von früher kennt. Die Leute fragen: Wie kommt’s denn, dass einer von DIE ÄRZTE bei euch auf der Platte ist? Na, weil ich den seit über vierzig Jahren kenne und einfach gefragt habe. Wir haben mit denen 1982 im Ratinger Hof gespielt. Die sind mit Mehl beworfen worden und wir waren die Heroes. ZK, später DIE TOTEN HOSEN, waren da auch unsere Vorband. Das war damals so.

Der Ratinger Hof ist jetzt legendär.
Legendär ist gut und schön. Das war aber kein Nirwana oder eine Insel Avalon. Der ist mittlerweile so verklärt, dass es wie eine Parallelwelt wirkt. Es war eine ganz normale und eigentlich ziemlich hässliche Kneipe. Wir sind dahingegangen, weil dort die Musik lief, die wir hören wollten. Alles, was sich für die neue Musik interessierte, rannte dahin. Das ist einfach passiert. Carmen Knoebel, die den Laden geführt hat, war das völlig wurst. Deren Mann Imi Knoebel war an der Kunstakademie und Bekannte wie der Herr Beuys sind eben dahin gekommen, um Bier zu trinken. Und wegen der Mucke kamen auch Punks zum Biertrinken. Eine stinknormale Sache. Toll an der Zeit war, du erinnerst dich vielleicht auch, selbst ein Instrument in die Hand zu nehmen und was zu machen. Rock-Dinosaurier wie DEEP PURPLE, GENESIS und LED ZEPPELIN waren gerade vom Thron gestoßen worden. Nun stellten sich wieder ein paar Leute hin, die gerade wussten, wie du eine Gitarre richtig rum hältst, und fingen an rumzuschraddeln. Das hat uns eine unglaubliche Freiheit gegeben. Weil man sich nicht mehr an diesen Superhelden gemessen hat, sondern geguckt hat: Was kommt raus, gefällt es mir, oder kommt da nix? Wir zum Beispiel sagten, wir machen eine Punkband auch ohne Gitarre. Die Einstelllug war einfach: scheiß drauf.

Und bis jetzt ist es so geblieben. War das von vornherein klar?
Wir haben gesagt: Wir machen jetzt so weiter, das ist unser Markenzeichen ... basta! Bettina hat heute unter anderem so einen Sound auf ihrem Keyboard, der sich bisschen eine Gitarre anhört. Den setzten wir bei „Bleib hier“ oder auch bei „S-Bahn“ ein, was wir nach wie vor spielen. Damals hat die Schlagzeugerin mit ihrer Gitarre die vier oder fünf Akkorde, die sie konnte, eingespielt. Mit dem modernen Equipmentscheiß kannst du ja alles samplen, ist kein Problem mehr.

Wie ist das überhaupt mit dem Songs schreiben?
Immer dasselbe. Einer oder zweien fällt was ein. Das Problem ist: Zwischen uns liegen ungefähr 430 Kilometer. Bettina ist in Düsseldorf und der Rest in Hamburg. Anja, Sandy und ich treffen uns unregelmäßig im Proberaum. Wenn uns was einfällt, schicken wir das Bettina und sie kann etwas damit anfangen oder nicht. Umgekehrt ist es genauso. Ungefähr einmal im Monat kommt Bettina hoch und wir verbringen drei Tage nonstop im Proberaum.

Wie sind Sandy und Anja zu euch gekommen?
Hamburg hat ja noch immer eine Punk-Szene und man kennt sich. Es war mal wieder ein Veteranentreffen im Knust und da habe ich sie gefragt, ob sie Lust haben mitzumachen. Anfangs haben wir natürlich versucht, die Originalbesetzung zusammenzukriegen, aber Gisela und Birgit können das einfach aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Da war klar: Wir brauchen Ersatz. Anja am Bass kannte ich, weil ich mit ihrem Mann schon mal Musik gemacht hatte. Sie spielt auch bei LOS BRACHIALOS und war meine erste Wahl. Die spielt ein Brett und wir verstehen uns auch ganz gut. Sandy ist über Dritte empfohlen worden. Auf dem erwähnten Event sprach ich sie dann an. Dann habe ich ihnen die mp3s vom Sampler geschickt, ob sie mit dem Krempel was anfangen können. Sie sagten, es ist okay und interessant, dann kam Bettina hoch und wir trafen uns in Anjas Proberaum. Wir spielten etwas und guckten, ob die Chemie stimmt. Seitdem läuft das.

Und jetzt die neue Platte. Die Texte drehen sich nach wie vor um Frauen und den Umgang in der Gesellschaft, mit dem Fokus darauf, wie Männer sich verhalten. Ich habe den Eindruck, teilweise gibt’s bei dem Thema Fortschritte, aber vieles ist genau wie früher oder sogar beschissener.
Kann man so sagen. Als wir anfingen, die alten Dinger wieder einzuüben, waren wir fast erschrocken, wie aktuell das noch ist. Ich nehme mal „S-Bahn“ als Beispiel. Ich singe: „Ich fahr mit meinem Punk S-Bahn“, aber ersetze Punk einfach mal mit Migrant oder Syrer. Es ist aktuell wie nie, da hat sich gar nichts getan. Was haben wir da noch?

Das Lied mit der Kirche.
„Alte Männer“. Bettina hat’s immer mit der Kirche. Sie ist im Rheinland aufgewachsen und hatte das Pech, aus einer erzkatholischen, konservativen Familie zu kommen. Das muss der Horror sein. „Alte Männer“ ist mit Absicht der Opener und war auch die erste Veröffentlichung, einfach weil das brandaktuell ist. Dieser Kindesmissbrauch und was dieser Kardinal Woelki in Köln abgezogen hat, das ist unfassbar. Und dann erst der Ukraine-Krieg! Bettina kam mit dem Text an, da waren wir schon in der Vorproduktion. Wir so: Kreisch! Das muss auf die Platte! Und wir haben es tatsächlich geschafft, die Nummer in 14 Tagen fertig zu kriegen, da waren wir richtig schnell.

Schön. Ich finde, es ist eins der besten neuen Lieder.
Das finde ich auch. Es sind die Hits, die man häufig einfach so aus dem Ärmel schüttelt. Damals auf der zweiten Platte waren es „Sei lieb“ und „Randale und Bier“. Letzteres haben wir innerhalb einer halben Stunde in einer Kneipe auf einen Bierdeckel geschrieben. Ist immer noch sehr beliebt, obwohl es wirklich keine Meisterleistung ist, auch der Text nicht. „Sei lieb“ habe ich damals über meinen Freund geschrieben. Da gab es einen Disput und ich dachte „Arschloch“. Binnen einer Stunde hatte ich den Text fertig. Jan, also Farin von DIE ÄRZTE, sagt, er hat „Männer sind Schweine“ in einer Stunde geschrieben. Das sind Songs, wo alles stimmt, und du kriegst sie nicht mehr aus dem Ohr. „Klugscheißer“ betrifft ein allgegenwärtiges Problem, wenn du eine Frau bist. Die Sache, wie der Schnösel uns zeigen wollte, wo das Kabel reingehört, passierte, als ich mit Andreas Dorau unterwegs war. Ich ließ den Typ labern, habe ihn einfach nur angeguckt und sagte, sehr langgezogen und laut: „Ach nein ... wirklich?“ Da hat er gemerkt, was er für ’ne Scheiße erzählt. Es wäre so schön, wenn die Typen vorher das Hirn einschalten und sich angucken, mit wem sie da reden. Tun sie aber nicht, sie wissen alles besser.

Früher hat ein Lied von euch angeeckt, es heißt „Normal“ und ploppte sofort auf, als ich zum ersten Mal „Wörterpolizei“ hörte.
Richtig. Und damit gibt es auch Palaver. Uns hat ein Club in Berlin ausgeladen wegen des Textes. Begründung: Das letzte Mal hätte es deshalb Ärger gegeben. Deshalb haben wir umgebucht aufs Clash, na, selbst schuld. Bei dem Song hatten wir immer mal ein paar Leute, die meinen, sie müssen den Rest des Konzerts mit hochgehaltenem Stinkefinger rumstehen. Aber wir richten uns mit dem Lied gegen die Hysterie und haben absolut nix gegen Leute, die sich sexuell oder individuell anders ausrichten als der Normalbürger. Jeder soll nach seiner Fasson leben. Das singen wir ja auch, bloß dass ich sage, ich mache den Gender-Scheiß nicht mit. Es ist mir zu doof, wenn ich „ininin“ in einem Text lesen muss. Die Kernaussage ist: „Toleranz wird gelebt und nicht ans Wort geklebt.“ Wir haben uns immer gern der Diskussion mit pikierten Zuschauern gestellt, aber es gibt bei denen keinen Willen, einen gemeinsamen Tenor zu finden. Meist sprechen die ja mich als Frontfrau an und nölen mich voll. Ich nenne dann meine Argumente und dann kommt von denen mit lauterer Stimme derselbe Kram noch einmal. Auch ich wiederhole dann meine Argumente und stelle Missverständnisse klar. Beispielsweise: „Was ihr mir vorwerft, habe ich ja gar nicht gesagt.“ Spätestens dann fangen sie an zu schreien. Es bringt ja alles nichts. In Peine haben Leute echt eine Stunde den Finger hochgehalten. Ich habe einfach nicht reagiert. Danach sind sie entrüstet zum Merchstand gekommen, um mich und die anderen zu bepöbeln, wir hätten da nix zu suchen, wir passten da nicht hin. Ich habe nur gelacht und meinte: „Ach, biste sicher? Wieso haben 99,9% der Leute drei Zugaben erklatscht?“ Es ist so albern! Ich muss nicht von jedem geliebt werden. Mittlerweile sagen wir das Stück nicht mehr explizit an, es wird einfach runtergespielt und stößt kaum jemandem auf, das ist auch in Ordnung, denn es ist ein guter Song. Am Wochenende hatten wir ein Interview mit einer Frau, die feministische Bücher schreibt. Sie fing an zu lamentieren, dass sie gerne gendert. Ich sagte: „Kannste gerne machen. Habe ich überhaupt nichts dagegen. Ich mach es eben nicht.“ Und um mehr geht’s uns ja gar nicht. Ich habe auch nichts gegen Transen oder Lesben und so weiter. Bettina hat als Frauenärztin zig Jahre in ihrer Praxis Trans-Leute behandelt. Die Vorwürfe gegen uns sind an den Haaren herbeigezogener Blödsinn. Wir waren gerade in Düsseldorf bei Rock gegen Rechts, das war gratis im Park. Das Lied kam gut an und alles war prima. Unsere Songs sind ja tanzbar. Wir werden oft angemacht von wegen wir sind ja keine Punkband. Wenn man das auf One-two-three-four und Gitarre schrammeln à la RAMONES bezieht, dann sind wir kein Punk. Aber unsere Texte waren immer aggressiv und unser Auftreten und unsere Attitüde auch. Als wir anfingen, sind auch X-RAY SPEX unter Punk gelaufen, sogar POLICE oder FISCHER Z. Das muss man sich mal überlegen. Da war ein Riesenpulk an neuer Musik, das lief alles weitestgehend unter Punk.

Auf dem Cover der neuen Scheibe ist eine Küche mit der ersten NINA HAGEN BAND-Platte aus dieser Zeit zu sehen.
Haben wir extra schön als Deko hingestellt. Was denkst du, was wir uns da Zeit für die Gestaltung genommen haben!

Ist das deine Küche?
Es ist mein alter Herd. Der sollte schon längst auf den Schrott. Wir wollten aber noch das Coverfoto damit schießen. Jetzt habe ich einen neuen. Wir überlegten, was dekorieren wir noch alles? Ich habe von einer Freundin das Lätzchen geliehen. Anja kam an mit einer Porno-Audiokassette, haha, mit so ’ner barbusigen Else vorne drauf. Wir haben hier Krempel gehabt, wir lagen im Dreck vor lachen. Aber der Fotograf hatte auch tolle Ideen. Der hat zwar mit Punk überhaupt nix zu tun, kam aber auf die super Idee, die Raviolidose mit dem Drumstick umzurühren.

Ich habe gehört, dass du David Bowie-Fan bist. Der weilt ja leider nicht mehr unter uns.
Ja, das ist schlimm. Sein Tod hat mich eiskalt erwischt. Er hatte doch gerade erst seine letzte Platte „Blackstar“ an seinem Geburtstag rausgebracht. Ich kam aus einem verlängerten Urlaub zum Jahreswechsel, zwei Wochen kein Internet, hatte mich schon gefreut, weil ich wusste, die Scheibe ist raus. Ich nach Hause, Rechner an und das Erste, was ich sehe, war, dass er gestorben ist. Das hat bei mir so reingehauen, es fühlte es sich an wie der Verlust eines Familienmitglieds. Ich bin Fan seit „Ziggy Stardust“ und besonders „Aladdin Sane“. Aber auch von „Diamond Dogs“. Ich habe ihn zum ersten Mal live auf der ’78er „Heroes“-Tour gesehen und war kurz vorm Ohnmachtsanfall. Hör dir mal seine Alben hintereinander an. Der hat immer Neues gehört und ausprobiert. Er hat sich nicht auf den Lorbeeren ausgeruht. Mir war es bei unserem Album jetzt auch sehr wichtig, das wir uns aktuell anhören. Bettina hatte früher so ein Hohner Piano T, das hatte nur so einen kurzen Piano-Anschlag. Um den Rhythmus zu halten, musste sie ganz viel auf die Tasten hauen. Diesen Stil hatte sie jetzt anfangs wieder drauf, als wir anfingen, im Proberaum neue Songs zu spielen. Da sagten wir: „Hör damit auf, lass den Ton doch einfach mal stehen.“ Mittlerweile kannst du ja auch dezent einen Hintergrundteppich bilden. Da war sie bisschen angepisst und meinte, es hört sich ja gar nicht mehr an wie ÖSTRO 430. Ich: „Na Gottseidank! Wir sind doch jetzt in einer ganz anderen Zeit. Das soll sich doch nicht anhören wie die alte Scheiße! Willst du wie DIE TOTEN HOSEN dreißig Jahre lang die gleiche Platte machen?“ Darauf hat sie nix mehr gesagt.

Aber die Platte hört sich immer noch nach ÖSTRO 430 an, auch wegen des Gesangs.
Natürlich. Aber wir haben jetzt einen Sound, der zeitgemäßer ist.