OH HENRY

Foto© by Oh Henry

Langer Anlauf, großer Wurf

Die Düsseldorfer Punkrocker OH HENRY brachten im Frühjahr ihr Debütalbum „Wo mein Herz schlägt“ heraus. Das ist an und für sich nichts Ungewöhnliches, hätte die Band sich nicht bereits 2004 gegründet. 16 Jahre für die erste Scheibe – woran das lag, erklären mir Gitarrist Jens und Bassist Marc.

Meine Herren, warum dieser lange Anlauf?

Marc: Da hat ganz viele verschiedene Gründe. Wir haben häufig die Sprache gewechselt. Wir haben immer wieder neue Ansätze gehabt und eigentlich viele Songs gemacht in der ganzen Zeit und dann auch bereitgestellt. Aber nach mehreren Monaten dachten wir, wir müssen wieder neues Material machen. Und so kam es nie dazu, dass sich auch mal etwas festigen konnte. Jetzt sind wir anders vorgegangen und haben gesagt, wir wollen uns einmal verewigen, damit wir selber auch wissen, was wir gemacht haben in den 16 Jahren, und haben uns entschlossen, wir machen eine Platte. Und so sind wir da rangegangen und das ist dabei herausgekommen.

Was mir an eurem Album gut gefällt, ist die Tatsache, dass ihr nicht in diese vermeintliche „Hosen-Falle“ getappt seid, wie so manch andere Band aus Düsseldorf. Ihr seid völlig eigenständig.
Jens: Natürlich haben wir auch DIE TOTEN HOSEN gehört, damals vor dreißig Jahren. Aber das ist jetzt kein Einfluss. Die Vorbilder kommen eher aus Übersee und England. Mit den Hosen haben wir nichts groß zu tun, außer dass wir in derselben Stadt aufgewachsen sind.

Welche Einflüsse sind das genau?
Jens: Bands wie die DESCENDENTS oder NADA SURF. Marc und Olli stehen auf SAMIAM, die ich jetzt auch nicht vom Plattenteller stoße. Da kamen eher die Einflüsse her als aus der direkten Nachbarschaft.

Das Album ist erschienen bei Wolverine Records, einem alteingesessenen Düsseldorfer Label, auch wenn Labelmacher Sascha jetzt im Duisburger Süden wohnt. War Wolverine also buchstäblich naheliegend?
Marc: Der Sascha hatte sich sehr schnell committed dazu. Wir haben uns natürlich auch überlegt, wo und wie wir es rausbringen in einer Zeit, da es nicht ganz so einfach ist, jemanden zu finden, der sich einbringt und Geld und Zeit investiert. Insofern gebührt dem Sascha schon Dank dafür, dass er sich schnell entschieden hat. Und dann haben wir gesagt, okay wir machen das.

Nun macht euer Labelboss das auch nicht als Kumpelding, sondern hat da sicherlich gewisse Erwartungen. Was hat er euch gesagt, was er in euch sieht?
Jens: Ich kenne Sascha eine halbe Ewigkeit. Ich habe keine Ahnung, was er in uns sieht. Er hatte eine angemessene Bedenkzeit von fünf Minuten und hat innerhalb von vier Minuten geantwortet. Bäm, da sind wir! Damit muss er jetzt leben und hat uns an der Backe. Haha!

Was sind eure Erwartungen an die weitere Karriere von OH HENRY, jetzt nachdem das Album erschienen ist?
Marc: Also ich habe da ganz klare Vorstellungen: Ich habe einfach Lust, live zu spielen. Das macht am meisten Spaß und gibt Energie, auch wenn es immer etwas kostet. Darauf habe ich Lust. Mein erklärtes Ziel ist es, einmal auf einer großen Bühne zu stehen in irgendeiner Form. Ich hab immer gesagt, ich will zu Rock am Ring. Fertig.
Jens: Ich habe da tatsächlich völlig andere Erwartungen: Ich möchte bei Rock im Park spielen.

Oh, das könnte eng werden.
Jens: Ich weiß. Ich habe eben sehr hoch angesetzt. Der Marc ist da einfach bescheidener. Haha!

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ihr so lange auf euer Debütalbum hingearbeitet habt und dann erscheint das mitten in der Corona-Krise, wodurch ja Konzerte nicht möglich sind.
Marc: So sieht’s momentan aus. Das kann man so oder so sehen. Natürlich fehlt jetzt sozusagen die Performance dahinter, um die Platte auch zu promoten. Aber es ist so, wie es ist. Es werden auch wieder andere Zeiten kommen. Ich hoffe, dass wir dann zum Zuge kommen. Außerdem können wir jetzt wunderbar am zweiten Album arbeiten.

Damit das nicht erst im Jahr 2036 erscheint.
Jens: Du hast es ausgerechnet, genau. Haha!
Marc: Wir haben uns fest vorgenommen, die Zeit zu verkürzen.

Wenn Konzerte wieder möglich sind, zu was seid ihr nicht mehr ganz so junge Hüpfer dann bereit? Angenommen ein Punkrock-Festival in Bayern lädt euch ein, nachmittags um fünf für eine Kiste Bier und etwas Spritgeld aufzutreten. Macht ihr das dann?
Jens: Logo machen wir das. Allein die Fahrt dahin wird schon lustig, denn wir sind alle dufte Kumpel und keine gecasteten Studiomusiker, die sich nicht leiden können. Und dann wird der ganze Rest mit Sicherheit auch sehr amüsant und spannend.