PHNX RISING FESTIVAL

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Gekommen, um zu bleiben

Im heiß umkämpften Festivalzirkus Fuß zu fassen, ist keine leichte Aufgabe. In pandemiegeplagten Zeiten wird es noch zusätzlich erschwert. Trotzdem haben sich die Macher vom PHNX Rising entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen und ihr Ding groß aufzuziehen. Ein Festival über drei Tage am Sportpark in Ingolstadt, mit Bands wie HELLACOPTERS, MARATHONMANN, ELECTRIC CALLBOY (ehemals ESKIMO CALLBY) oder ANTILOPEN GANG. Insgesamt zwanzig Bands an drei Tagen vom 15. bis 17. Juli 2022. Für Fans von Indie, Metalcore oder HipHop. Was den Impuls für das neue Festival in Oberbayern gegeben hat, verraten uns Franz Martin Peters und Eric Greulich. Die beiden spielen auch gemeinsam in der Punkband JACK TORRANCE, betreiben ein Label und arbeiten außerdem an einem Mammut-Filmprojekt.

Wie ist die Idee für das Festival entstanden? Eigentlich seid ihr ja Musiker und habt vor ein paar Jahren erst euer eigenes Label PHNX Records gegründet.

Franz: Vor knapp zehn Jahren wollte ich mit meiner ersten Band DREY durchstarten, wir hatten ein Album aufgenommen und einen Vertrag bei einem Musikverlag unterschrieben. Die Verhandlungen mit zwei Labels sind aber gescheitert, wir standen ohne Plattenvertrag da und konnten unsere Musik nicht veröffentlichen. Also wurde die Band auf Eis gelegt und ich bin erst mal nach Heidelberg gegangen zum Studieren. Später hatte ich dann einen Job in Coburg und habe dort mit Eric die Band JACK TORRANCE gegründet.
Eric: Ich habe jahrelang in Schweinfurter Bands wie DEATHJOCKS oder THE GHOST ROCKETS gespielt und meine Brötchen bei Konzertagenturen wie Marek Lieberberg oder Argo im Bereich Backstage-Management verdient. Da war ich oft mit großen Namen wie DEPECHE MODE, GREEN DAY oder Rihanna unterwegs. Durch Corona hat sich in den vergangenen beiden Jahren meine Auftragslage aber massiv verschlechtert, und deswegen kam mir die Idee von einem eigenen Label sehr gelegen. Um die eigene Musik selbst herauszubringen und zu promoten. Also habe ich beim Label den Bereich Booking und Tourmanagement übernommen.
Franz: Irgendwann ist dann die Idee entstanden, ein eigenes PHNX-Festival auf die Beine zu stellen, weil wir einfach die Musikszene fördern wollen. Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, hat die Branche ganz schön gelitten. Klar gibt es Online-Events und YouTube-Clips, aber für ein echtes Konzert oder ein Festivalerlebnis gibt es keinen Ersatz. Ich bin selbst immer unheimlich gerne auf Festivals gegangen und habe im kleineren Rahmen Konzerte und Bandcontests organisiert. Von daher war mir die Aufgabe nicht komplett fremd, eben nur die Dimension. Außerdem wollen wir mit dem Festival auch PHNX Records als Marke etablieren. Wir wollen uns breiter aufstellen und nicht nur ein klassisches Label sein, das kleine Bands fördert und an größere Labels abgibt, wenn sie erfolgreich sind.

Wie sieht das Profil des Festivals aus? Das Programm wirkt ja sehr divers.
Franz: Eric und ich teilen eine große musikalische Offenheit, die soll sich auch im Programm widerspiegeln. Deshalb ist unser Line-up auch nicht von einem bestimmten Stil geprägt. Das soll ein richtig buntes Wochenende werden. Auf und neben der Bühne. Der Freitag steht im Zeichen von Elektro, Pop und HipHop, der Samstag bringt Alternative- und Indie-Bands auf die Bühne und der Sonntag bietet was für Fans von Hard & Heavy.
Eric: Außerdem starten wir extra für das Festival einen Bandcontest und die Gewinner bekommen Opening-Slots beim PHNX Rising. Denn wir wollen auch junge Künstler fördern, die noch nicht so bekannt sind. Und natürlich möchten wir mit dem Festival auch unsere Labelbands JACK TORRANCE und DREY einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.

Wen wollt ihr mit eurem Festival ansprechen?
Franz: Uns geht es in erster Linie darum, einen Platz für Bands jeder Couleur zu schaffen. Wir wollen den Besuchern ein Erlebnis bieten, das man nicht in eine Schublade einordnen kann. Für uns steht die Offenheit und die Liebe für Musik im Vordergrund, und damit wollen wir vom Teenager über den Familienvater bis zum Oldschool-Punk jeden ansprechen. Jeder soll die Möglichkeit haben, ein tolles Festival zu erleben und sich vielleicht auf eine neue Band einzulassen. Aber natürlich auch die Musik zu hören, die ihn begeistert. Für unser Festival gibt es Tagestickets, gedacht für Besucher, die sich nur für ein Genre interessieren. Man kann aber auch zwei Tage kombinieren und natürlich ein Ticket fürs komplette Wochenende buchen.

Wie hoch ist das Risiko, das ihr mit dem Festival eingeht? So was kann ja auch schiefgehen.
Franz: Nach unserer Kalkulation hält sich das Risiko in Grenzen und wir sind ja von unserem Programm überzeugt. Natürlich haben wir auch eine Ausfallversicherung, eine Corona-Versicherung und sogar eine Headliner-Versicherung abgeschlossen. Außerdem bekommen wir Fördergelder von der Stadt Ingolstadt. Wenn an jedem Festivaltag 3.000 Leute kommen, dann haben wir den Break Even erreicht.

Mit HELLACOPTERS habt ihr einen dicken Fisch an Land gezogen. Das ist dieses Jahr deren einzige Festivalshow in Bayern. Wie habt ihr die bekommen?
Eric: Fürs Programm gab es immer wieder Ideen und Vorschläge aus unserem Team. Da schreibt jeder, was er so denkt, in unseren internen Chat. Irgendwann hat jemand aus einer Bierlaune heraus ein altes Video von den HELLACOPTERS gepostet. Und weil die nach Jahren ein neues Album gemacht haben, haben wir es einfach mal probiert und angefragt. Wir haben zwar nicht richtig dran geglaubt und befürchtet, dass sie viel zu teuer sind, aber es hat tatsächlich geklappt. Die haben offenbar auf Anfragen von großen Festivals wie Rock im Park gewartet, aber spiegeln in ihren aktuellen Line-ups größtenteils die Bands der beiden vergangenen Jahre, weil die Festivals wegen Corona ausgefallen sind. Zum Glück sind wir uns einig geworden. Da hatten wir einfach Glück. Ähnlich ist es übrigens mit ELECTRIC CALLBOY gelaufen.

Was plant ihr denn mit eurem Label? Sind da neue Signings in Sicht?
Franz: Momentan arbeiten wir zu viert bei PHNX Records. Mit DREY haben wir im Dezember unser erstes Video veröffentlicht. Unser erster richtiger Release nach zehn Jahren. Mit JACK TORRANCE haben wir vor drei Jahren bereits ein Album rausgebracht. Die dazugehörige Tour wurde wegen Corona leider gecancelt. Deshalb konnten wir mit unseren Bands noch nicht so viele Erfahrungen sammeln. Das wollen wir natürlich mit JACK TORRANCE und DREY nachholen, und erst dann wollen wir weitere Bands ins Boot holen. Solange die Pandemie uns ausbremst, macht es keinen Sinn, weitere Künstler zu signen. Deshalb konzentrieren wir uns aktuell auf zwei Projekte: zum einen das Festival und zum anderen ein Dokumentarfilm über Punkrock in Deutschland, an dem Eric schon länger arbeitet.
Eric: Die Idee für diese Doku habe ich schon seit fast sieben Jahren. Ich will so etwas wie „American Hardcore“ für Deutschland machen. Es existieren zwar kleinere Filme über die Szenen in München, Düsseldorf oder Berlin, aber keiner über die Szene in Deutschland. Das ist kein einfaches Projekt, aber ich will das durchziehen. Diese Doku soll die Entstehung von Punk in Deutschland nachzeichnen. Von 1977 bis Anfang der 80er Jahre. Ich habe schon recherchiert und viele Protagonisten aus der Zeit ins Auge gefasst, wie Karl-Ulrich Walterbach vom Label Aggressive Rockproduktionen oder Bands wie HANS-A-PLAST. Die Idee ist, vor allem Berlin, Hamburg und Hannover in den Fokus zu rücken, denn dort waren die ersten Ballungszentren für Punk hierzulande. Es kommen aber auch Bands aus anderen Teilen der Republik zu Wort wie CHAOS Z aus Stuttgart oder ZSD aus München. Im Februar fangen wir mit den ersten Interviews an. Am Ende soll der Film dann als DVD und über die Online-Plattformen als Release von PHNX Records erscheinen. Und natürlich auch im Kino. Ich rechne aber mit mindestens zwei Jahren, bis der Film fertig ist.

Habt ihr keine Angst, dass ihr euch bei all euren Projekten verzettelt?
Franz: Momentan frisst das Festival jede Menge Zeit und Energie. Aber wenn wir das erst mal auf die Beine gestellt haben, dann ist es im Folgejahr viel weniger Arbeit. Dann stehen Infrastruktur und Partner. Die Vorbereitungsphase wird dadurch deutlich entspannter. Die freie Zeit können wir dann für die Punk-Doku und die Labelarbeit nutzen.