REDFIELD PODCAST

Foto© by Martin Böttcher

Impericon

Alexander Schröder ist nicht nur Labelchef von Redfield Records, sonder auch schon länger Host eines Podcasts. In diesem Podcast,„Macher aus der Musikbranche“, führt er interessante Gespräche mit unterschiedlichen Gesichtern aus allen Aspekten des Business. So gaben sich dort schon Labelchefs, Musikmanager, Booker, aber auch ein Kindermusiker die Klinke in die Hand. In Folge 30 des Podcast spricht Alexander mit Martin Böttcher von Impericon. Hier findet ihr einen Teil des Interviews, mehr natürlich im Redfield Podcast.

Aus welcher Situation heraus wurde das Unternehmen gestartet?

Ich bin einer der Gründer, aber der eigentliche Initiator war Ulrich, ein Freund von mir noch aus Kindertagen. Wir waren auch gemeinsam in der Hardcore-Szene unterwegs und sind auch entsprechend musikalisch sozialisiert worden. Ulrich hatte damals bei Trustkill und Ferret Records aus den USA bestellt und dann bei eBay verkauft. Das hat sich dann halt gesteigert und er hat so während des Studiums versucht, einen kleinen Online-Vertrieb aufzubauen. Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und ihm dann angeboten, eine Marke aufzubauen und den Onlineshop zu programmieren. Das hat auch ganz gut funktioniert, wir hatten auch kein Startkapital außer unser Jugendweihegeld, waren beiden noch Studenten. Ende 2004 war die Gründung mit Handelsregistereintrag und der Online-Shop ging 2005 online. Das hat auch funktioniert, weil wir noch die Kontakte von eBay hatten, gleich am ersten Tag kam da eine Bestellung rein. So steigerte sich das langsam.

Wie haben die Leute etwas von euch mitbekommen?
Am Anfang waren das natürlich unsere Kunden von eBay, dadurch konnten wir schnell einen Newsletter aufsetzen. Das war zu dem Zeitpunkt auch ein reines Handelsgeschäft, wir haben Waren eingekauft und verkauft. Da wir uns aber in der Hardcore-Szene bewegt haben und dort Freunde hatten – dem einen oder anderen wird vielleicht die Band MAROON noch was sagen, die auch mit HEAVEN SHALL BURN befreundet sind, oder auch DEADLOCK, die damals einen Namen hatten –, haben wir für diese Bands die ersten T-Shirt-Designs gedruckt. Das waren damals exklusive Designs, wir haben uns gerade so getraut, mal fünfzig Stück zu produzieren, damit kam so der erste Impuls. Der größte Wachstumsschub kam, als mich mein Freund Maik von HEAVEN SHALL BURN anrief, und meinte, dass sie so viele Bestellungen hätten und den Versand nicht mehr schaffen würden und wir hätten doch eine Logistik. Die Logistik war damals aus dem Kinderzimmer von Ulrich heraus. Da haben wir uns dann sehr schnell geeinigt, und durch die Verlinkung von HEAVEN SHALL BURN auf uns kam dann der erste Stein ins Rollen. Durch HEAVEN SHALL BURN kamen dann auch andere Bands wie NEAERA und DEADLOCK auf uns zu. Benni, heute Manager von HEAVEN SHALL BURN, hat damals den ersten Toursupport für uns organisiert. Das heißt, wir haben damals das erste Mal für Bands aus den USA in Deutschland produziert, also alles vorfinanziert und alles übernommen. Was dann übrig bleibt, war zum Verkaufen im Online-Shop. Das waren damals BLEEDING THROUGH und ALL SHALL PERISH. Wir waren große BLEEDING THROUGH-Fans, leider haben die dann nicht ganz so viel im Online-Shop verkauft, ALL SHALL PERISH waren die erste große Deathcore-Legende. Die gaben uns jedenfalls jede Menge Ware zurück. Wir wohnten damals schon in Leipzig, Ulrich und ich hatten eine WG, und abends haben wir am Wohnzimmertisch Produktpflege gemacht und unter uns wohnten zwei Freunde in einer WG und deren Wohnzimmer war unser Lager. Den ganzen Kram von ALL SHALL PERISH haben wir da gar nicht mehr reinbekommen und mussten dafür unsere Keller räumen.

Das habt ihr vorfinanziert?
Genau, wir waren ja alle Studenten, haben uns kein Geld ausgezahlt und alles mehr oder weniger direkt wieder reinvestiert. Das Ganze lief ja ohne großen Plan und sehr genügsam. Alle hatten noch irgendwelche Jobs, das war ein reines Hobby. Jedenfalls verkaufte sich die Ware von ALL SHALL PERISH viel besser, wir konnten alles verschicken und noch mal nachproduzieren. Das führte dazu, dass die Band auch in Europa stattfand, obwohl sie gar nicht hier waren. Wir fingen da auch mit Social Media an, ­MySpace war damals noch ein Thema, redeten dort über die Bands, und als die wiederkamen, waren die schon eine Nummer größer. Nicht nur durch uns, auch durch die Arbeit der Booking-Agentur und Presse. Der nächste Auftrag von denen hatte natürlich ein größeres Volumen.

Wann war der Zeitpunkt, als ihr festgestellt habt, dass ihr den Job kündigen und nur noch Impericon machen könnt?
Zunächst haben wir ja aus dem Wohnzimmer verschickt und sind dann mit Hilfe von unseren Freunden von Lifeforce Records zu unserem jetzigen Standort gezogen. Das war ein Büro mit 400 qm Lagerfläche, das war 2008. Den Umzug haben wir mit einem Auto mit Anhänger erledigt und stellten dann unsere paar Kisten in dieses riesige Lager. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch Vollzeit gearbeitet und die anderen waren noch im Studium. Da haben wir überlegt, unsere Jobs zu kündigen und uns Vollzeit um Impericon zu kümmern. Das hat schon ein paar Jahre gedauert.

Gestartet seid ihr aber unter dem Namen Imperial Clothing.
Ein schöner Zungenbrecher, haha!

2011 kam aber ein italienisches Unternehmen und hat sich darüber beschwert, dass ihr diesen Namen tragt, es kam zu einem Rechtsstreit und am Ende musstet ihr ihn ändern.
Im Nachhinein betrachtet war das eine spannende Zeit. Wir waren ja auch noch alle relativ jung. Die heutige Perspektive wäre eine ganz andere, damals habe ich mir über solche Fehltritte gar keine Gedanken gemacht. Es war aber schon aufreibend, wir haben versucht, mit dem vermutlich teuersten Anwalt, den wir je in der Firmengeschichte hatten, dagegen vorzugehen. Schon sehr naiv von uns auch. Wer schon mal in Leipzig war, hier gibt es ein Hochhaus, der Uni-Riese, wir saßen da mit Pano­ramablick und der hat uns vor Gericht vertreten und hat dort eine Einigung ausgehandelt, dass wir wenigstens eine Übergangsphase hatten. Das war schon das Beste, was uns passieren konnte. Damals war das schon eine große Sache für uns, von heute aus betrachtet, war das eher risikoarm. Wir haben dann mit einer Agentur gearbeitet, die uns bei der Namensfindung beraten sollte, da kamen so Sachen raus wie „Core Guys“ oder „Penmorena“, das waren da wirklich Vorschläge, haha!
(Das Interview führte Alexander Schröder)