SAVE THE SCENE

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Uwe Schneider und sein DIY-Hilfsprojekt

Punks unterstützen linke Häuser, in Not geratene Menschen und soziale Projekte – dazu gibt es bereits positive Beispiele, wobei nun seit knapp zwei Jahren eine neue tolle Aktion mit dem Titel Save The Scene vornehmlich über Facebook läuft. Gespendete Punk-LPs/CDs als auch Shirts oder Tapes werden bereitwillig von Leuten aus der Szene gekauft, und die daraus generierten erstaunlich hohen Spendenbeiträge werden ohne Abzüge direkt überwiesen. Wer Lust und Interesse hat, sich ebenfalls zu beteiligen – bitte weiterlesen und Kontakt aufnehmen!

In den vergangenen Monaten war deine Save The Scene-Aktion kaum zu übersehen. Du verkaufst dir gespendete Punk-Sachen über Facebook und spendest alle Einnahmen an Projekte aus der Punk-Szene. Wie bist du auf die Idee dazu gekommen?

Angefangen hat alles unpunkig im Februar 2019. Dort fand beim Fußballverein Fortuna Genthin der alljährliche Christian-Weinke-Gedächtniscup statt, der an einen viel zu früh verstorbenen Freund erinnern soll. Im Rahmen dieses Turniers hatte ich auch schon in den Jahren zuvor immer wieder Sammlungen durchgeführt. 2019 fiel meine Wahl auf die Kinderkrebsstiftung, denn viele meiner Freunde und ich selbst sind in den Jahren Eltern geworden und so passte es für beide Sachen, die mir wichtig sind – Punk und Fortuna. Als Spendenziel hatte ich 3.000 Euro anvisiert. Die Sammlung beim Turnier lief auch ziemlich gut, aber von der angepeilten Summe war ich noch weit entfernt, also habe ich nach anderen Möglichkeiten gesucht und da kam „Punk“ ins Spiel. Ich habe selbst früher Sachen auf Konzis verkauft und hatte davon noch massig zu Hause. Also habe ich begonnen, diese zu verkaufen und das Geld der Spendensammlung zugute kommen zu lassen. Da das aber nicht gereicht hätte, habe ich nach und nach meine Freunde in der Punk-Szene kontaktiert und um Spenden gebeten. Dadurch kam immer wieder neuer Spendenstuff für die Sammlung rein, den ich dann dafür verkauft habe. Im November 2020 konnte ich dann die 3.000 Euro an die Kinderkrebsstiftung überweisen.

Das war aber erst der Anfang ...
Da mir das tatsächlich Spaß gemacht hat, wollte ich das fortsetzen, diesmal mit dem Schwerpunkt Tierschutz. Daher gingen jeweils 1.000 Euro unter anderem an Sea Shepherd und zwei andere Vereine, die sich zum Beispiel um ausgesetzte Tiere kümmern. Auch danach hatte ich immer noch Bock und so ging es weiter. Diesmal sollte das Geld auch für die Szene verwendet werden, aus der es kommt. Daher auch der Name „Save The Scene“! Die Kohle ging und geht an Projekte, Vereine, Häuser, Einzelpersonen oder von Repressionen betroffene Menschen. Da in Corona-Zeiten wichtige Sachen wie zum Beispiel Soli-Konzerte nicht möglich waren, war das für mich ein gutes Mittel, um den Genannten helfen zu können. Im Rahmen der „Save The Scene“-Spendensammlungen sind bisher auch schon 14.000 Euro rausgegangen.

Was sind das für Punk-Sachen, die du verkaufst?
Es sind fast ausschließlich Spenden von Einzelpersonen, Bands, Labels oder Mailordern. Der komplette Erlös geht in die jeweiligen Spendensammlungen. Das reicht von Vinyl, über Tapes und CDs, Zines, Plakate bis hin zu Shirts und anderen Klamotten. Sie sollten zumindest einen gewissen „Szenebezug“ haben, denn einen Secondhand-Handel für alles Mögliche will ich auch nicht aufmachen.

Das hört sich schon nach Lagerhaltung an, wenn man die Menge betrachtet, die du regelmäßig verkaufst beziehungsweise verschickst. Machst du das von zu Hause aus oder hast du da ein Lager/Laden, den du dafür nutzen kannst?
Ja, das läuft alles von mir zu Hause aus. Wenn ich Besuch bekomme, wissen die sofort, wann ich gerade wieder Soli-Stuff poste, da dann das Wohn- und Schlafzimmer mit Spendenzeug und Paketen vollgestellt ist. Ich habe das Glück, ’ne relativ große Wohnung zu haben und von daher noch etwas Platz. Vielleicht perfektioniere ich meine „Lagerhaltung“ auch mal dahingehend, dass das Ganze dann entspannter wird und ich nicht die beiden Zimmer dafür in Beschlag nehme.

Außerdem geht da doch relativ viel Zeit dafür drauf. Hast du jemanden, der dir hilft, oder machst du alles alleine?
Ich mache das schon allein. Ist auch völlig okay, da ich mir die Zeit so einteile, wie ich sie habe. Habe ich ein Spendenziel, das ich unbedingt erreichen will, und wo ich weiß, dass das Geld dringend gebraucht wird, habe ich einfach auch den Ehrgeiz, genug Soli-Stuff zu posten, um es schnellstmöglich zu erreichen, um das Geld spenden zu können. Dafür gönne ich mir dann aber auch mal ’ne Auszeit und versuche, meine Sachen in der Zeit zu regeln oder einfach mal entspannt auf ein Konzi zu fahren. Ich muss mich eben nach niemanden richten und niemand nach mir.

Was machst du beruflich und wie sieht dein „Zeitmanagement“ aus, was den Beruf als auch Save The Scene betrifft?
Ich arbeite als Sozialpädagoge in einem Projekt mit Jugendlichen, und das in der Regel von Montag bis Freitag bis 17 Uhr. Nach der Arbeit ist bei mir in der Woche eigentlich nur „überleben“ angesagt, das heißt, ich poste entweder gar nichts oder nur sehr wenig und kümmere mich um das Verpacken und Verschicken der Sachen. Der Hauptteil, was Save The Scene angeht, findet immer am Wochenende statt.

Wie wählst du die Projekte aus, an welche du die Spendengelder überweist? Wie läuft da der Kontakt, wie sieht der Ablauf aus? Und gibt es da Rückmeldungen von den bedachten Spendenempfängern?
Zum einen sind es Häuser, „Läden“, die ich selbst kenne und schätze. Die möchte ich natürlich mit den Spenden dahingehend unterstützen, dass es sie auch in Zukunft weiter gibt. In der Regel sind das komplett unabhängige Orte, die keinen Träger haben und deren Finanzierung daher nicht gesichert ist. Zum anderen beziehe ich meine Informationen unter anderem auch über Facebook, wenn ich dort Posts über bedrohte Projekte, unterstützenswerte Vereine oder Ähnliches lese. Einen wichtigen Aspekt bildet die „Tagespolitik“ in unserem „tollen“ Land. So haben wir über die Spendensammlung Gunnar vom Save The Scene-Label nach dem Brandanschlag auf sein Auto unterstützen können oder 1.000 Euro im Gedenken an Esther Bejarano an das Deutsche Auschwitz-Komitee gespendet. Es gingen jeweils 1.000 Euro an die Rigaer 98 oder die Köpi beziehungsweise den nun leider geräumten Wagenplatz. Ein fettes „Fuck you!“ an alle Spekulanten! Der Kontakt läuft entweder direkt persönlich oder über Freunde, die das dann vermitteln und abklären, ob dort Bedarf besteht. Es gibt wirklich auch Häuser und Projekte, denen es finanziell zumindest so gut geht, dass sie von sich aus sagen „Nimm erst mal andere, denen es beschissener geht!“ Das finde ich absolut bemerkenswert und extrem solidarisch. Wie man sieht, sollen die Projekte zum einen nach Möglichkeit einen „Szenebezug“ haben, aber können, dürfen und sollen auch gerne politisch sein. Gerade in solchen Zeiten finde ich das unheimlich wichtig.

Auf welche Art und Weise kann man deine Aktion unterstützen? Wo kann man sehen, was du an gespendeten Sachen verkaufst?
Wie schon erwähnt, läuft der Verkauf fast ausschließlich über meinen Fratzenbuch-Account ab. Einfach eine Freundesanfrage schicken! Das gilt natürlich nicht für rechtsoffene Deppen, Schwurbelterroristen, Leerdenker, aber das versteht sich hoffentlich von selbst. Unterstützen kann man mich, wenn ich Sachen für die Sammlungen gespendet bekomme. Wie bereits erwähnt, geht der komplette Verkaufserlös in die jeweiligen Spendenaktionen. Eines möchte ich an dieser Stelle unbedingt noch loswerden: Ich möchte mich bei allen bedanken, egal ob es Einzelpersonen, Bands, Labels oder Mailorder sind, die das bisher mit Spenden unterstützt haben. Es ist mittlerweile doch so „groß“ geworden, dass dabei über 150 Personen involviert sind. Natürlich freut es mich, wenn ich darauf angesprochen und „gelobt“ werde, aber das ist kein Egotrip. Es lief bisher nur so gut, weil sich so viele Menschen daran beteiligt und das dadurch überhaupt erst möglich gemacht haben. Mir ist dieses „Wir“ wirklich unheimlich wichtig, gerade in unseren egoistischen Zeiten. Und einen ganz lieben Gruß an all die tollen Menschen, die ich durch die Spendensammlungen kennen lernen durfte.