Dark Sky Burial

Shane, als ich mit Barney sprach, warst du das einzige andere NAPALM DEATH-Mitglied, das er erwähnte, als wir über das Songwriting und den kreativen Prozess sprachen. Sind NAPALM DEATH also im Grunde ein Duo, abgesehen von den Live-Shows?
Nein, Danny ist natürlich unser Schlagzeuger, und das schon seit dreißig Jahren. Die Arbeit an diesem Album hat schon 2017 begonnen, als Danny und ich erste Songideen einstudierten, die ich entwickelt hatte. „Fuck the factoid“ war der allererste Song. Wir hatten etwa fünf oder sechs Tracks, als wir unsere erste Aufnahmesession mit Russ Russell hatten, und bei dieser ersten Session nahmen wir viele der Industrial-Percussions auf. Die zweite Aufnahmesession verlief ähnlich, nur hatten wir dafür dann eine riesige Sammlung von Riffs vorbereitet. Wir jammten im Studio und nahmen dabei auf, während wir unsere Ideen zusammenfügten. Ich wollte, dass dieses Album viele Aspekte dieser Band widerspiegelt, auch aus unserer früheren Zeit. Wir sind aktuell ein Trio, mit John Cooke als Live-Gitarrist. Wie du aus diesen Zeilen hier herauslesen kannst, hat Mitch musikalisch nichts zum Album beigetragen, abgesehen von einigen Gitarre-Ambient-Passagen bei „A bellyful of salt and spleen“. Ich nervte ihn zwar, einige Stücke zu schreiben, aber er lehnte ab, so dass es an mir lag, alles zu schreiben, was ich als Herausforderung empfand, aber letztlich war es nicht so schwer, wie ich gedacht hatte.

Wie viel Austausch gibt es bei euch im Songwriting-Prozess? Wie diskutiert ihr, wie erklärst du deine Ideen?
Nun, ich versuche, Danny zu erklären, was ich mir vorstelle, aber ich bin irgendwie verrückt in dem Sinne, weil ich mir vieles in meinem Kopf vorstelle und dann davon ausgehe, dass alle sofort verstehen, was mir vorschwebt. Ich denke, meine Ideen sind schwer in die Tat umzusetzen, woran mein Dialekt und eine Menge Koffein sicher auch ihren Anteil haben, hahaha! Russ versteht mich meist, aber Danny findet mich manchmal zu ungeduldig – was wahr ist! Aber da unsere Alben lange brauchen und ich viele Stunden in Tourvans verbringe, habe ich auch viel Zeit, über alles nachzudenken und mir Sachen zu überlegen.

War das schon immer so, oder war das früher anders?
Ich hatte immer eine starke Vision von dem, was NAPALM DEATH sein sollen, und Mitch auch. Jesse nicht so sehr. Mitte der Neunziger schrieben bei NAPALM DEATH sicher mehr Leute die Musik. Ich habe über diese unterschiedlichen Ansätze beim Komponieren des neuen Albums nachgedacht, da Mitch keine Songs geschrieben hat. Ich schreibe Riffs jetzt eben mit dem Stil von Mitch im Hinterkopf. Mitch kam früher aber dann doch nach Großbritannien, um bei den Aufnahmen dabei zu sein, und es war großartig, seinen Riffing-Stil auch auf dem Album zu haben.

Im Interview nannte Barney nur Nicht-Metal-Bands als musikalische Einflüsse und Inspiration, wie KILLING JOKE, SWANS und THE JESUS AND MARY CHAIN. Welche Bands oder welche Musik begeistert dich heutzutage, was hatte auf die eine oder andere Weise, direkt oder indirekt, einen Einfluss auf deine aktuelle Musik?
Ich höre Nicht-Metal-Bands, seit ich 19 bin – viele Leute vergessen, dass NAPALM DEATH schon immer einen eklektischen Geschmack hatten! Es gibt viel zu viele großartige Musikstile, als dass ich mich auf ein paar wenige Bands beschränken könnte bei so einer Auflistung. Alles, was ich höre und mag, spiegelt sich bis zu einem gewissen Grad auch in meinen anderen musikalischen Projekten wider, und davon gab und gibt es viele.

Barney erwähnte, dass du verheiratet bist und Kinder hast. Er mache sich keine Gedanken um sich selbst, irgendwie die Corona-Krise zu überstehen, aber zeigte sich besorgt angesichts deiner Verantwortung. Wie geht es dir?
Nun, wir sind gerade in eine Gegend mit besseren Schulen gezogen, nachdem ich mir zehn Jahre lang mit Touren den Arsch aufgerissen hatte, um mein Haus abzubezahlen, haha! Und dann sagte mir meine Frau, es sei Zeit umzuziehen. Natürlich habe ich versucht, mich wie die meisten Männer gegen Veränderungen zu wehren, aber nun sind wir hier mit einer neuen Hypothek und ... Bam! COVID-19! Wir hatten im März gerade eine erfolgreiche Tournee beendet, als dieses Ding einschlug, also war Corona in dieser Hinsicht bislang nicht so schlimm. Und wie ich schon sagte, ich habe viele Projekte und Ideen. Gerade habe ich mein erstes Dark-Ambient-Soundtrack-Album auf meinem eigenen Label Extrinsic Recordings herausgebracht. Es gab einige nette Reaktionen auf der Bandcamp-Seite für dieses Album, und das ganze Konzept hat mir neue Ideen für die Zukunft gegeben. Ich versuche, positiv zu bleiben! Ich denke, viele Musiker werden ihre Vision vom Musikmachen überdenken müssen, bis die Live-Musik so zurückkommt, wie wir sie kennen – falls sie überhaupt zurückkommt! Ich habe Familie, also werde ich auch gezwungen sein, alles zu überdenken. Abgesehen davon kommt Ende August noch ein neues VENOMOUS CONCEPT-Album, und nach 27 Jahren hat mich Dirk Verbeuren, der Drummer von MEGADETH, endlich überzeugt, ein zweites BLOOD FROM THE SOUL-Album aufzunehmen, Jake von CONVERGE singt auf der Platte , und auch das wird noch dieses Jahr rauskommen. Meine Devise lautet also: Mach was, das hält den Geist wach.