SUBCULTURE

Foto

Mod-Revival einer neuen Generation

Drei Jugendliche aus Nottingham, England entdecken das Mod-Genre für sich und lösen damit vielleicht ein weiteres Revival dieser Subkultur aus. Ihre bisher veröffentlichten Songs klingen so frisch wie schon lange keine Band mehr, die den Sound der Wegbereiter THE WHO oder THE JAM zelebriert. Und das, obwohl oder vielleicht gerade weil sie fernab jeglicher Trends – und so gar nicht dem Mod(ernist)-Klischee entsprechend – ihr ganz eigenes Ding machen. Gerade ist ihre dritte Single erschienen, „Sound Of Truth“, leider nur online, für die Vinylversion, die wieder auf Heavy Soul erscheint, braucht es aufgrund überlasteter Presswerke etwas Geduld. Das gilt auch für das Debütalbum, das wohl erst im Frühling 2020 kommt. Spätestens dann sollen auch Touren außerhalb des Brexit-gerüttelten Königreichs folgen. Begeistert von der jungen Band habe ich ihren Gitarrist und Sänger Oliver Orton kontaktiert, der gerade 18 Jahre jung geworden ist.

Wann und wie ging das los mit SUBCULTURE?


Wir haben die Band Ende 2016 in der Schule gegründet. In den Mittagspausen übten wir auf den Schulinstrumenten. Diese Proben wurden recht schnell eine feste Einrichtung für uns, was uns dann auch den ersten Auftritt in der Schule ermöglichte, auch wenn das eine dieser seltsamen Talentshows war. Öffentlich traten wir das erste Mal 2017 in einer kleinen Brauerei namens The Hop Merchant in Nottingham auf. Mittlerweile bin ich auf dem College und studiere Tontechnik, so dass ich mich derzeit vorwiegend der Musik widme. Dec studiert Ingenieurwesen und Fotografie. Lewis macht gerade eine Ausbildung.

Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen eures Alters rechnet man ja nicht unbedingt mit einem Sound, der sich einem Genre wie Mod widmet, schließlich sprechen wir hier von einer Jugendbewegung und Subkultur aus den Sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Aufgewachsen sind wir alle mit der sich ständig verändernden Musik der frühen und mittleren 2000er Jahre. Aber das zu vertiefen lohnt nicht. Ihr würdet euch darüber bestenfalls wundern. Bei Mod hingegen gefällt mir die komplette Idee: Musik, Stil und Identität. Umso interessanter finde ich das, was ich über das Nottingham der Vergangenheit durch meine Großmutter erfahren habe. Sie war Mod, als es in den Sechziger Jahren eine ziemlich große Szene gab in Nottingham. Und sie kann sich noch sehr gut an die Konzerte von Bands wie THE SMALL FACES oder THE WHO in den alten Clubs erinnern. Ich wäre gerne Teil eines weiteren Mod-Revivals und finde alles, was gerade passiert, sehr spannend. Für nichts anderes begeistere und interessiere ich mich derzeit mehr. Mod zu sein ist wichtig für mein Selbstwertgefühl.

Und was passiert in Sachen Musik derzeit in Nottingham sonst so?

Um ehrlich zu sein, setzen wir uns nicht wirklich mit der Musikszene in Nottingham auseinander. Wahrscheinlich passiert hier genauso viel oder genauso wenig wie in anderen Städten. Es gibt unzählige Indiepop- und Indierock-Bands, die sich alle ziemlich ähneln und gleich anhören. Nicht unser Fall. Mag deren Ding sein, meines ist es sicher nicht.

Mit euren bisher veröffentlichten Singles konntet ihr bereits die kleine, aber feine internationale Mod-Fangemeinde überzeugen. Der Anfang ist gemacht. Berichte doch mal über die Herangehensweise und was hinter den Liedern genau steckt.

Die bisher veröffentlichten Stücke stammen alle aus meiner Feder. Die Ideen entstehen zu Hause in meinem Zimmer auf der Akustikgitarre. Die vier Stücke der ersten beiden Singles wurden im Schuppen meines Elternhauses produziert. Die beiden Songs unserer aktuellen Single hingegen haben wir in zwei örtlichen Tonstudios eingespielt, dem ROFL und dem Mount Street Studio. „Young“ hatte ich ursprünglich für meine Abschlussprüfung komponiert. Der Text sollte etwas mit Schule zu tun haben. „Commoner“ handelt von Menschen, die glauben, sie seien etwas Besseres. In „The kids don’t dance“ von unserer zweiten Single geht es um die Mehrheit der heutigen Generation, die der Begeisterung der vorangegangenen Generationen nichts abgewinnen kann und dementsprechend weniger Leidenschaft für was auch immer zeigt. „Street act“ ist eine Fortsetzung von „Commoner“. Folgende Textzeile fasst im Grunde alles zusammen:„Driving themselves down dead end roads, if they put their money where their mouth is they’ll fall“. Unsere aktuelle Single besteht aus „Sound of truth“, einem Zweieinhalbminüter mit drei Akkorden, und dem wütendem „Tower of ivory“ auf der B-Seite. Bei „Sound of truth“ wird jeder Vers mit einer rhetorischen, mantra-artigen Frage eingeleitet. Das Stück beschreibt eine vollkommen übersättigte Musikszene, in der alles nur noch belangloser wird. Schrille Gitarren treffen auf melodiösen Bass und ein hämmerndes Schlagzeug – Mod trifft auf späten Siebziger-Punk und New Wave. „Tower of ivory“ hat ein eingängiges Intro, das von einem packenden Riff abgelöst wird und den bissigen Text über die unaufhaltsamen Auswüchse von Autorität und Macht vorantreibt. Die Nummer fällt in ein Gitarrenfeedback und endet mit einem kraftvollen Staccato.

Was mich zu der abschließenden Frage kommen lässt, für was deine/eure Generation steht?

Unsere Musik spiegelt nur uns wider, was wir denken und fühlen und was um uns herum passiert. Ich würde nie über einen gesellschaftlichen Status quo schreiben. Dies ist so, jenes ist so, nur weil das wer auch immer gerade sagt. Gibt es alles schon. Darüber schreiben andere aus unserer Generation. Sie beschäftigen sich mit diesem und jenem. Fraglich ist aber, ob das denn immer wirklich alles so richtig und wahr ist? Ich möchte mir lieber selbst treu bleiben, und es ist mir wichtig, dass wir uns als Band einig sind. Wir haben unsere eigenen Normen und Werte und eine eigene Stimme. Mich interessieren weder Politiker noch die Politik im Allgemeinen. Ich glaube auch nicht, dass sich das irgendwann ändern wird. Politik bedeutet für mich, dass sich jeder über was auch immer seine eigenen Gedanken machen kann. Aber im Moment beschäftige ich mich bevorzugt mit Mode und Musik, inspiriert von den Sechziger und Siebziger Jahren. Und das fühlt sich richtig an.