TEX PERKINS & THE FAT RUBBER BAND

Foto

Der Teufel kauft keine Seelen mehr

Mit seiner Stimme und seinen Liedern hat Tex Perkins in der australischen Rockszene tiefe Spuren hinterlassen, vor allem mit BEASTS OF BOURBON, mit denen er lautstark die Pfade erkundete, auf denen Swamp-Blues und Punk aufeinandertreffen, und den noch bekannteren CRUEL SEA, die mit einer Mischung aus Rock und Instrumentalmusik berühmt geworden sind. Darüber hinaus war Mr Perkins an vielen anderen musikalischen Abenteuern beteiligt, wie TEX, DON AND CHARLIE, DARK HORSES, THE APE, um nur einige zu nennen. Aktuell freuen wir uns über „Other World“, das zweite Album seines neuen Projekts THE FAT RUBBER BAND. Das Gespräch mit Tex entstand, kurz bevor er Australien verließ, um durch Europa zu touren.

Tex, würdest du uns erzählen, wie und wann dieses neue Projekt – TEX PERKINS & THE FAT RUBBER BAND – entstanden ist? Stimmt es, dass der Auslöser dafür die Liebe zu Link Wray war, die du und der Gitarrist Matt Walker teilen?

Ja, das ist wahr. Ich habe 2017 angefangen, mit Matt Musik zu machen. Zu der Zeit arbeitete ich an einem TEX, DON & CHARLIE-Album. Der Manager wollte, dass ich vor der Veröffentlichung des Albums keine Live-Auftritte mehr mit Charlie und Don spiele, um die Vorfreude zu steigern, um den Markt auszuhungern, sozusagen. Aber, hey, ein Mann muss essen, ebenso wie seine Kinder. Und als mein Agent Frank mir immer wieder Auftritte anbot, konnte ich ausgiebig in Australien touren und damit zumindest meinen Lebensunterhalt sichern. Das ist mein Brotjob und in Matt Walker fand ich dafür einen neuen Partner, den ich immer sehr geschätzt habe – vielleicht zu sehr, denn ich glaubte nicht, dass er mit mir zusammenarbeiten würde. Um es kurz zu machen: Als ich auf ein Album von Link Wray stieß, „Beans And Fatback“ von 1973, machte ich ein Foto davon mit meinem Handy und schickte es Matt. Er antwortete mit den unsterblichen Worten: „Awesome! Lass uns genau so ein Album machen!“ Das war alles, was ich brauchte, und seitdem arbeiten wir zusammen. Er ist der Beste. Mit Matt kann ich mit meinem Backkatalog überall auftreten, einfach als Duo. Wir spielen Stücke der Beasts, von THE CRUEL SEA, TEX, DON & CHARLIE, DARK HORSES ... so ziemlich jeder Song, den ich mir vorstellen kann, ist dabei. Matt ist ein großartiger Sänger und wir klingen gut zusammen. Es funktioniert einfach.

2021 habt ihr eine selbstbetitelte LP veröffentlicht. Über die hast du gesagt: „Ich glaube, was man hier hört, ist eine Band, die sich gerade formiert.“ Jetzt haben wir ein großartiges zweites Album, „Other World“. Was ist anders?
Ja, die erste Platte war inspiriert von Link Wrays „Beans And Fatback“ und der ganzen Dreispur-Homerecording-Sache, wir wollten, dass die Platte so klingt, als wäre sie nicht in einem Aufnahmestudio entstanden, sondern irgendwo im Freien, in einem Hinterhof oder gar in einem Hühnerstall. Diesmal haben wir uns von diesem dreckigen, ländlichen Bretterbuden-Konzept gelöst und buchstäblich nach anderen Welten gesucht.

Ich würde gerne mehr über den kreativen Prozess erfahren. Du hast die Arbeit am ersten Album als „eine Partie Demo-Tennis“ beschrieben – „Matt schickte mir einen Song, ich schickte ihm was zurück“. War es bei „Other World“ das gleiche Vorgehen?
Ja, mehr oder weniger. Am Anfang haben wir uns hauptsächlich fertige Songs geschickt. Dieses Mal waren es Riffs und Melodien ohne Text oder Struktur. Aber generell bleibt die Möglichkeit, Ideen auf dem Handy aufzunehmen und miteinander auszutauschen, ein fantastisches technisches Tool.

Auf dem neuen Album können wir andere Einflüsse entdecken. Die Wüsten-Atmosphäre und einige Gitarrenparts erinnern mich an JJ Cale und Ry Cooder, während in „(I wanna be) Close to you“ ein gewisses Frühsiebziger-Feeling aufkommt ...
„Close to you“ ist größtenteils Matts Baby, ich habe nur den Text ein wenig umgebaut und etwas den Sleaze-Faktor erhöht. Aber ja, JJ Cale und Ry Cooder gehören zum Kern von Matts Stil. Ich weiß nicht, für mich klingt das irgendwie wie dreckigere LITTLE FEAT.

Im Eröffnungstrack „Brand new man“ heißt es: „I’ve been weak and I’ve been wrong / I’ve been lost but I think I just got found / Coz last time I looked / I had a woman that could turn me around / She makes me feel / Like a brand new man.“ Das macht mich neugierig. Geht es dabei um die lebensverändernde Kraft der Liebe?
Ja, das tut es. Der Song entstand im Januar 2022, auf dem Weg von Melbourne nach Daylesford, wo ich zum ersten Mal meinen kleinen Enkel sehen wollte. Matt hatte mir gerade eine neue Aufnahme geschickt, auf der er Gitarre spielt. Also beschloss ich, mir das während der Fahrt anzuhören, um ein paar Anregungen für das Songwriting zu sammeln. Die Vorfreude auf meinen Enkel sorgte plötzlich dafür, dass ich mich fühlte wie ein komplett neuer Mensch. Als ich später darüber nachdachte, wurde mir klar, dass es immer darum geht, für die, die man liebt, seinen Scheiß auf die Reihe zu kriegen.

Ein weiterer Song mit berührendem Text ist „Nobody owes you nothing“ ...
Hier geht es wohl darum, für sein Glück selbst verantwortlich zu sein. Du darfst nicht zulassen, dass andere Menschen bestimmen, wie du dich fühlst. Es gibt viele Dinge, die wir nicht verändern können, aber wir können immer unsere Einstellung zu diesen Dingen verändern. Außerdem glaube ich nicht, dass es irgendwelche Regeln gibt. Du solltest bloß versuchen, niemandem wehzutun! Das deckt so ziemlich alles ab. Wohlgemerkt, ich sagte „versuchen“, manchmal ist es unvermeidlich.

Das stimmungsvolle „Around the world“ stammt von der Songwriterin Lucie Thorne, die auch als Background-Sängerin zu hören ist. Es klingt sehr verträumt, dank des seltsamen Arrangements mit der kleinen viersaitigen Gitarre und der Singenden Säge ...
Nun, wie das entstanden ist, ist es ein gutes Beispiel dafür, warum ich den kreativen Prozess so sehr liebe – besonders wenn ich einen so tollen Song bekomme. Ich meine, die Hauptarbeit war ja schon erledigt! Lucie überließ uns ein Demo von dem Song, nur mit Gitarre und Gesang. Als wir ins Studio kamen, haben wir es zuerst groß und fett und irgendwie rockig probiert, aber es hat mir nichts gegeben. Also sagte ich: „Lasst uns mal ganz klein anfangen und dem Stück etwas Raum geben.“ Matt stellte seine E-Gitarre zur Seite und an der Wand hinter ihm hing eine sehr kleine Gitarre – ich dachte zuerst, es wäre eine Ukulele, aber anscheinend ist unsere etwas größer – und probierten den Song damit noch einmal und es funktionierte wunderbar! Während ich mir das Playback anhörte, seufzte ich: „Wäre es nicht schön, wir hätten eine Singende Säge? Weiß einer, wie man die spielt?“ Steve Hadley, unser Bassist, lag auf der Couch und sagte, ohne die Augen zu öffnen: „Ich kenne ein Mädchen, das Singende Säge spielt, Charlie Barker, ich rufe sie an.“ Charlie war innerhalb von zwei Stunden da und sie fabrizierte so ungefähr die ätherischsten, magischsten Töne, die ich je gehört habe. Für mich fühlte es sich an, als würde meine Fantasie vor meinen Augen und Ohren lebendig! Es war wirklich wunderbar, ich habe immer noch Ehrfurcht vor diesem Moment, das ist genau die Art von Gefühl, für die ich diese ganze Sache mache.

Ein weiterer meiner Favoriten auf dem Album ist „Pretty damn close“ mit seiner langsamen Blues-Stimmung. Alles – deine Stimme, die Gitarren, die Harfe und der Background-Gesang – passt perfekt zusammen.
Ja, es ist ein einfacher Slow-Funk-Blues mit einem eigenwilligen Blick auf Lethargie und chronischen Müßiggang. Er ist während der Pandemie entstanden, sozusagen als Ausdruck dieses allgemeinen Gefühls der Sinnlosigkeit. Aber der Song zelebriert das und schwelgt geradezu in dieser exquisiten Faulheit. Ja, das war eigentlich eine einfache Idee von mir, aber sie wurde von Matt und dem Rest der Band wunderbar umgesetzt.

Der Blues und der Teufel sind seit Robert Johnsons Zeiten Verbündete und „The devil ain’t buying“ macht da keine Ausnahme. Was kannst du mir über diesen Song erzählen?
Das war ein Stück, das erst spät dazukam. Wir waren bereits im Studio und hatten gerade den Basistrack für „This mornin’“ aufgenommen. Ich ging auf die Toilette, um mich eine Weile auf den Thron zu setzen, als ich feststellte, dass Matt mir an diesem Morgen ein Demo geschickt hatte, das ich mir noch nicht angehört hatte. Also drückte ich auf Play und hörte Matt, der Klavier spielte und ein sehr einfaches Lied sang, das davon handelt, dass der Teufel keine Seelen mehr kauft! Also beeilte ich mich, kam voller Begeisterung für dieses neue Demo zurück ins Studio, und wir machten uns sofort an die Arbeit! Ich spielte mit einigen Texten herum – und tadaa! Das Aufnehmen hat super viel Spaß gemacht und ich muss sagen, dass Matts zwei Slidegitarren-Soli mir ähnlich viel Freude bereiten wie Ry Cooder zu Zeiten, als er „Safe As Milk“ mit CAPTAIN BEEFHEART aufnahm.

Als ich „Forgive us our children“ hörte, dachte ich, das Lied hätte sicher auch Mark Lanegan gerne gesungen. Es hat eine ähnliche Stimmung wie einige seiner Platten, besonders „I’ll Take Care Of You“.
Ja, Lanegan war einer der ganz Großen. Auf „Bubblegum“ gibt es Lieder, die ich mir immer noch gerne anhöre. „Forgive us ...“ ist eines von zwei Stücken auf dem Album – das andere ist „This mornin’“ –, die gegensätzliche oder zumindest unterschiedliche Stimmen kombinieren. Der Refrain „Forgive us our children“ steht natürlich für die Eltern und die Strophen für die Kinder, die Fragen stellen. Unbeantwortbare Fragen, und so dreht sich alles um die Eltern, die ihre Kinder um Vergebung bitten. Ich schreibe seit Mitte der Neunziger Jahre Lieder, um mich damit bei meinen Kindern zu entschuldigen, weil ich damals dachte, die Welt würde bald untergehen. Ich glaube, das erste war „Splendid lie“. Aber hey, wir sind alle noch da!

„Words fall“ ist einer dieser typischen Songs von dir, ein wunderschönes Stück. Ich musste dabei unweigerlich an Johnny Cash denken. Ich weiß, dass Johnny Cash dir sehr viel bedeutet und du ihm auch schon ganze Konzerte gewidmet hast. Hast du hier beim Schreiben an den „Man in Black“ gedacht?
Die Leute scheinen es wirklich zu mögen, wenn ich Lieder von Johnny Cash singe. Ich habe das von Anfang an gerne gemacht. Schon als ich 17 war, bestand das Set meiner ersten Band, den DUM DUMS, zur Hälfte aus Johnny Cash-Titeln. Jetzt bin ich noch ein bisschen besser darin. Ich habe nicht speziell an Johnny gedacht, als wir den Song geschrieben haben, aber Johnny Cash ist tief in meiner DNA verankert, genau wie Iggy Pop, die ROLLING STONES, THE CRAMPS und CAPTAIN BEEFHEART. Also, ja, er ist immer präsent.

Bist du bei „Other World“ zufrieden mit dem Endergebnis und wo würdest du es in deiner langen Diskografie einordnen?
Ja, ich bin so zufrieden, wie es nur geht, denke ich. Das heißt, ganz zufrieden bin ich nie. Es gibt immer Parts, bei denen man sich wünscht, man hätte mehr Zeit darauf verwendet oder sie wären etwas anders ausgefallen, aber ein Teil des Spaßes ist das Loslassen. Als ob man einen Vogel aus dem Käfig lässt und hofft, dass er fliegt. Die Lieder begeben sich wirklich auf ihre eigene Reise und es wird Verbindungen und Zusammenhänge geben, von denen ich nie erfahren werde.

2019, nach dem Tod von Spencer P. Jones und Brian Hooper, änderten BEAST OF BOURBON ihren Namen in BEASTS und veröffentlichten das Album „Still Here“. Müssen wir das als euer letztes Album betrachten oder gibt es die Chance, die BEASTS eines Tages wieder zu erleben, vielleicht bei einer Tour durch Europa?
Ich habe gerade festgestellt, dass es 2023 genau vierzig Jahre her ist, dass wir THE BEASTS OF BOURBON gegründet haben, und ich bin mir noch nicht sicher, ob es ein Album oder eine Europatour sein soll, aber ich würde gerne noch einmal mit James Baker, Kim Salmon, Boris Sujdovic und Charlie Owen spielen. Ich habe schon mit Kim gesprochen, der ist definitiv dabei. Wir wollen Sachen aus der Frühzeit rauskramen, noch bevor es das erste Album „The Axeman’s Jazz“ gab, als wir kaum eigene Stücke hatten und unser Set hauptsächlich aus Nummern von ALICE COOPER, CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL, ROLLING STONES und STOOGES bestand.