22. MAI

Mit seinem ersten Spielfilm EX DRUMMER von 2007 hatte sich der Belgier Koen Mortier Freunden des extremen Arthouse-Kinos als neue Regie-Hoffnung empfohlen. Sein zweiter Film 22. MAI, der überraschend flott hierzulande auf DVD erscheint, ist im Vergleich dazu eine wesentlich zurückhaltendere und nachdenklichere Angelegenheit mit surrealer beziehungsweise metaphysischer Note.

Ein äußerst elegisches Werk, bei dem sich Mortier zwar erwachsener als bei EX DRUMMER präsentiert, aber genauso wenig ein Mainstream-Publikum anspricht, denn 22. MAI fordert die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers.

Hat es zu Beginn noch den Anschein, als hätte 22. MAI eine recht stringente Handlung, verwischt Mortier immer mehr die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit und verstrickt den Zuschauer in ein Gewirr aus anscheinend eingebildeten Ereignissen, die dem Unterbewusstsein der Hauptfigur entspringen.

Dabei handelt es sich um den Kaufhauswachmann Sam, dessen Biografie bereits einige Traumata aufweist, und der damit konfrontiert wird, dass sich während seiner Dienstzeit jemand mit einer Bombe in die Luft sprengt.

In Folge muss der Wachmann bedingt durch seine persönlichen Schuldgefühle die Geschehnisse aus unterschiedlichen Perspektiven neu durchleben, ohne dass der Zuschauer genau weiß, ob Sam überhaupt noch am Leben ist.

Es handelt sich also um keine möglichst dokumentarische Aufarbeitung solch einer unerklärlichen Tat wie etwa bei Gus Van Sants ELEPHANT. 22. MAI entlässt den Zuschauer zwar zuerst mit einem etwas unbefriedigenden „Na ja“-Gefühl, aber dennoch wirken seine intensiven Bilder noch länger nach, sicherlich auch bedingt durch den tollen Score des ehemaligen Isis-Gitarristen Michael Gallagher.

Ebenfalls sehr sehenswert sind zwei Kurzfilme Mortiers, die als Bonus auf der DVD enthalten sind.