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CHISEL

What A Fucking Nightmare

Jetzt starten THE CHISEL so richtig durch. Mit „What A Fucking Nigthmare“ erscheint am 9. Februar das neue Album der umtriebigen Londoner Oi!-Punk-Formation. Außerdem steht eine Tour an, die die Band auch für ein paar Konzerte nach Deutschland führen wird. Die Gelegenheit sollte man sich nicht entgehen lassen. Die Band gilt schon länger nicht mehr nur als Geheimtipp. Den nachgesagten Rang eines Rolemodels für das wieder populäre Genre lehnt Sänger Cal Graham im Interview in dieser Ausgabe aber ab. Auf „What A Fucking Nightmare“ bieten THE CHISEL Oi!- und Streetpunk as it’s best. Den Vergleich mit Legenden wie COCK SPARRER, THE EXPLOITED, AGNOSTIC FRONT oder ANGELIC UPSTARTS brauchen sie jedenfalls nicht zu scheuen. Deren Einflüsse sind den 16 Songs deutlich anzumerken. Angesprochen auf den Vergleich zum Debütalbum „Retaliation“ (2022) antwortet Graham: „Wir wollten, dass die harten Songs härter, die melodischen Songs melodischer und die schnellen Songs schneller werden.“ Dies ist der Band eindrucksvoll gelungen, ohne Altbekanntes einfach nur zu kopieren. THE CHISEL reihen auf dem bei James Atkinson aufgenommenen und von Jonah Falco produzierten Album Hit an Hit ohne Aussetzer. Räudig klingender Pub-Punk wie „No gimmicks“, „Evil by evil“, „Fuck ’em“ oder „Bloodsucker“ und hymnische Midtempo-Songs wie „Ain’t seen nothing yet“, „Cry your eyes out“ oder „Living for myself“ bilden ein ausgewogenes und facettenreiches Gesamtwerk, das stark am Sound der frühen Achtziger orientiert ist. Die Songs sind auf den Punkt arrangiert, gehen unmittelbar ins Ohr und treffen einen Nerv in der Generation, die angesichts globaler Vielfachkrisen wieder den Status „no future“ im Namen führt. Textlich wird dabei Erwartbares geboten. Feinsinniger Tiefgang ist nicht angestrebt. Nicht drumherum reden, sondern Klartext heißt die Maxime. Die Texte sind aus dem Leben der Menschen gegriffen, die nicht immer auf der Sonnenseite stehen, und haben durchaus auch autobiografische Bezüge. Es geht um Gewalterfahrungen, Unterdrückung und das Bestehen auf einen individuellen Lebensstil. Natürlich wird auch die „Widerstandsfähigkeit der Arbeiterklasse“, wie Graham es nennt, besungen, wobei unklar bleibt, ob und zu welchem Widerstand die Arbeiterklasse überhaupt noch in der Lage ist und ob jener Widerstand progressive oder regressive Forderungen transportiert. Wahrscheinlich wird einfach nur die Leidensfähigkeit der lohnabhängigen Klassen heroisiert. Ganz wie in den frühen Achtziger Jahren. Wie dem auch sei, das Album ist ein absoluter Lichtblick und bestätigt den Trend der letzten Jahre, dass neue Oi!-Punk-Bands endlich wieder Hörenswertes produzieren. Ein Must-have nicht nur für Kinder der Achtziger.