VENEREA

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Als VENEREA 2001 mit „Losing Weight, Gaining Ground“ nach über drei

Als VENEREA 2001 mit „Losing Weight, Gaining Ground“ nach über drei Jahren Abstinenz wieder einen Longplayer herausbrachten, waren Mike & Co voller Tatendrang und unterstrichen mit etlichen Live-Auftritten den Willen jetzt endlich durchzustarten. Und erst jetzt, zwei Jahre später, erscheint „Out On The Red“ auf einem neuen Label mit neuer Besetzung. In Sachen Kontinuität haben sich VENEREA nun wirklich nicht mit Ruhm bekleckert und wenn man bedenkt, dass der Haltbarkeitswert von Bands aus derselben Schublade im Allgemeinen nicht den einer Packung Vollmilch übersteigt, dann darf man sich doch darüber wundern, dass die vier Schweden noch immer oder wieder an der Spitze europäischen Melodycores stehen und Mike (Bass, Gesang) sich nicht zu schade war, in schwüler Abend-Hitze im Biergarten des Kölner Undergrounds meine Fragen zu ertragen.

Es scheint so, als ob VENEREA bei jeder neuen Platte einen neuen Schlagzeuger und ein neues Label braucht, jedenfalls war es die letzten vier Jahre so. Wird das in Zukunft so bleiben?


Ja ich weiß, es ist schrecklich. Ich hoffe nicht, dass das die Regel wird, mit Fred sieht es so aus, dass wir ihn erst nur für die Tour ersetzen wollten, aber er möchte seinen Job als Betreuer im Kindergarten wahrnehmen und seine Mutter in den USA besuchen. Und wenn er wirklich in seinem Job weiterkommen will, kann er nicht nebenbei mal so eben mit uns auf Tour gehen. Und mit den Labels, nun ja, das ist nicht unsere Schuld, wir kamen mit unseren Labels gut zurecht, wenn sie nicht jedes Mal pleite gemacht hätten, nachdem wir unsere Platten veröffentlicht haben, hehe. Das war mit Gift of Life und Renate so.

Aber wie seid ihr denn auf Martin gekommen, als ihr einen neuen Schlagzeuger brauchtet, der spielt doch für SATANIC SURFERS?

Martin war schon seit langer Zeit so eine Art Manager für uns und da er aus meinem Heimatort stammt, kannten wir uns schon länger. Wir sind mit Abstand seine absolute Lieblingsband, hehe. Lügen, Lügen ... Nein, ich denke, dass Martin der beste Drummer ist, den wir je hatten, auch wenn Fred, der – bevor er bei uns hinter dem Drumkit saß, unser Roadie war und vom Schlagzeug keine Ahnung hatte – einen tollen Job gemacht hat. Aber er hatte auch irgendwann einen gewissen Punkt erreicht, an dem er sich nicht mehr weiterentwickeln konnte, eben weil er keine Erfahrung hatte.

Eure Labels haben sich in der Vergangenheit auch nicht unbedingt darum gekümmert, eure Scheiben unters Volk zu bringen, oder?


‚Losing Weight...‘ wurde hauptsächlich in Deutschland vertrieben und promotet, in Schweden konntest du es z.B. gar nicht kaufen, weil Renate keinen Vertrieb dort hatte, was dazu führte, dass ‚Out On The Red‘ nun in Schweden mit einem Newcomer-Button im Laden steht. In Schweden ist es nach wie vor sehr schwierig für eine Punkband. Ich meine, NOFX spielen dieses Jahr das erste Mal seit 1996 wieder dort und manche Bands, z.B. meine Lieblingsband PROPAGANDHI sind nicht mal ansatzweise in der Nähe von Schweden gewesen. Die einzigen ‚Punkbands‘, die bei uns auf Tour gehen, sind MILLENCOLIN und THE HIVES, ich glaube, die supporten sogar die ROLLING STONES.

Was hältst du von den HIVES, die ja richtig groß geworden sind?

Ich mag sie sehr gerne, auch wenn es nicht unbedingt meine Musik ist, aber sie haben sehr gute Riffs und wissen, wie man Songs schreibt. Außerdem haben sie einen coolen Stil, sie waren von ihrem ersten Gig vor einer Handvoll Leuten an gut gekleidet und hatten diese Attitüde ‚Hey, wir sind THE HIVES, wir sind die beste Band der Welt, wenn ihr uns nicht mögt, fickt euch!‘. Das ist wirklich cool.

Ihr habt euch mittlerweile zum dritten Mal ein deutsches Label ausgesucht. Warum seid ihr nicht auf Bad Taste?

Ehrlich gesagt hatten wir nicht die Wahl und außerdem sind wir mit Tobbe, der vorher schon bei Gift of Life und Renate gearbeitet hatte, gut befreundet und folgen ihm von Label zu Label. Das Ding mit den schwedischen Labels ist auch, dass jeder in unserem Land, wenn er den Namen VENEREA hört, an unsere erste Scheibe ‚Hullabaloo‘ denkt, die, ähem, wirklich grottenschlecht war. Kein schwedisches Label möchte mit so was in Verbindung gebracht werden.

„Out on the Red“ ist wesentlich härter und schneller als „Losing Weight, Gaining Ground“, besonders Songs wie „Two sides of a sore“ haben einen starken Metal-Touch. Was habt ihr euch beim Songwriting vorgenommen?

Es ist witzig, dass du diesen Song ansprichst, eigentlich bin ich der Metalhead der Band, aber ‚Two sides of a sore‘ hat Dana geschrieben und er hasst Metal. Was die Songs allgemein angeht, haben wir darauf geachtet, uns vom üblichen Melody-Punk weg zu bewegen und da mehr Variationen reinzubringen. Wir haben zum Beispiel mehrere Gitarrenriffs übereinander gelegt, damit Songs auch bei mehrmaligem Hören immer wieder interessant sind. Ich denke, wenn man beim ersten Hören Gefallen an der Musik findet, sollte auch noch mehr dahinter stecken, damit du immer wieder etwas entdecken kannst. Das war sicherlich ein Ziel bei unserem Songwriting.

Was steht denn in naher Zukunft für euch so an?

Wir werden so oft wie möglich auf Tour gehen und im Herbst ein neues Album aufnehmen, hoffentlich auf unserem jetzigen Label, haha. Und vielleicht werden wir es Ende diesen Jahres auch endlich mal über den Atlantik schaffen und dort ein paar Gigs spielen.

Was macht ihr denn so wenn ihr nicht gerade auf der Bühne oder im Studio steht?

Im richtigen Leben war ich Lehrer für Schwedisch und Englisch, jetzt studiere ich gerade. Anden ist Piercing-Artist, er wird wohl ein Studio eröffnen und ich glaube, er hat gestern ein Mädel hinter der Bühne gepierct ...

Wie genau hat er sie gepierct oder sollte ich lieber fragen wo?

Oh, wie schmutzig ... Nein, er hat sie mit einer Nadel gepierct und nicht mit seinem Penis. Eigentlich ist das gelogen, aber lassen wir das, hehe.“
Ist das auch eines eurer Ziele, irgendwann mal von der Band zu leben und nicht mehr irgendwelche Jobs nebenher machen zu müssen?
„Es ist nicht unser Ziel, darauf haben wir letztlich ja gar keinen Einfluss, aber es ist schon ein Traum, von der Musik zu leben und sich voll auf die Band konzentrieren zu können. Aber das ist Zukunftsmusik und mal ganz ehrlich, ich kenne nur wenige Bands, die die Möglichkeit haben, von ihrer Musik zu leben. Du musst schon wirklich bekannt sein.

Wo siehst du VENEREA in fünf Jahren, wo doch mittlerweile die meisten Bands aus „alten Zeiten“ nicht mehr existieren?

Wahrscheinlich werden wir hier in Deutschland auf Tour sein. Ich wüsste keinen Grund, warum das nicht so sein sollte. Solange nicht einer von uns ins Ausland zieht oder wir an dem Punkt angelangt sind, an dem wir keine guten Songs mehr schreiben, wird VENEREA weiter existieren. Das einzige Problem könnte sein, immer wieder einen Drummer zu finden. Ich hoffe ja, dass Martin bei uns bleibt, und viele Leute haben uns bestätigt, dass wir besser denn je sind, seit Martin für uns spielt. Es würde mich wirklich anpissen, wenn wir ihn verlieren sollten, aber er arbeitet ja auch bei Bad Taste und ich will ihn nicht vor die Entscheidung stellen, entweder für VENEREA zu spielen oder seinen Job zu machen. Solange er beides machen kann, wird er bei uns bleiben.