ANDTHEWINNERIS

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Punk Professionell

Musik ist immer auch ein Produkt, eine Band so etwas wie eine Firma. Natürlich ist das schon eine sehr krasse Sichtweise, vor allem wenn es um die schlecht definierbare Sparte des Fun- bzw. Skatepunk geht. Doch dass man auch als Band, die bekannt für chaotische, schweißtreibende Bühnenshows ist, eine professionelle Einstellung gegenüber dem eigenen Handeln haben sollte, beweisen die Hannoveraner ANDTHEWINNERIS. Mit einer gesunden Portion Selbstironie sprach ich bei Bio-Bagels und Coffee to go mit Sänger Olli und Gitarist Maik über eben diese Beziehung zwischen Punk und Business, über den Unterschied der Offenheit von Ost in West und über Rockstarträume, die jeder von uns hat.

Gleich zum Einstieg: Seid ihr Punks oder Profis?

Olli:
„Absolute Amateure, mit professionellen Ambitionen. Nein, mal ehrlich, es macht ja unheimlich viel Spaß, in so einer Band zu spielen, aber um eine leicht professionelle Einstellung kommt man nicht herum.“
Maik:„Die Ansprüche sind heutzutage ja höher. Es gibt viele gute Bands, man muss also versuchen, sich abzugrenzen. Dazu gehört auch eine gute Medienarbeit. Ein gutes Demo, Fotos, eine Band-Bio. Die Menschen hinter der Musik halt.“
Olli: „Es sind ja nicht nur die Bands, die das Ganze viel ernster nehmen. Die Fanzines, ob Print oder Online, haben ein viel höheres Niveau erreicht, was für die Leser als auch für die Bands gut ist.“

In wieweit lässt sich der Do-It-Yourself-Gedanke auf eine Band wie euch übertragen?

Olli:
„Na ja, wenn du keinen guten Booker oder eine Plattenfirma hast, musst du das selbst regeln. Shows buchen, Demos verschicken, Medienkontakte erstellen. Jede Band hat doch so einen Typen, der sich um das alles kümmert. Ich finde es auch heilsam, das alles kennen zu lernen.“

Euch gibt es jetzt schon seit ungefähr drei Jahren. Wieso bringt ihr erst jetzt ein richtiges Album raus?

Olli:
„Ich finde es nicht spät, wenn eine Band nach dreijähriger Zusammenarbeit ‚erst‘ ein Album veröffentlicht hat. Wir kamen alle aus unterschiedlichen Musikrichtungen und haben eine Weile gebraucht, bis wir den Sound gefunden haben, den wir für uns als repräsentativ empfunden haben. Die EPs waren und sind wichtig gewesen, aus mehreren Gründen: zum einen haben sie die Türen für viele schöne Konzerte geöffnet, und zum anderen waren sie eine Art Standortbestimmung für unsere Musik. Wir haben in zwei Jahren zwei EPs veröffentlicht und ein Album im Ausland. In dieser doch recht kurzen Zeit hat sich ein sehr starker Wandel in der Art und Weise vollzogen, wie wir Songs schreiben und empfinden. Abgesehen davon finde ich das Format der EP super. Es ist auch davon auszugehen, dass im Frühjahr mal wieder eine CD-EP folgt.“

Inwieweit waren die Aufnahmen zum Album anders, verglichen zu den EPs?

Olli:
„Wir haben uns im Vorfeld stärker mit den Songs auseinandergesetzt und uns im Studio die teure Zeit geleistet, die wir brauchten. Uns war es wichtig, ein sehr kompaktes Album ohne Ausfälle aufzunehmen, welches wir auch in zwei bis drei Jahren ohne Stirnrunzeln anhören können.“

Live klingt ihr schon sehr rockig, passend zu eurer Bühnenshow. Wie kommt es, dass das Album verhältnismäßig poppig klingt?

Olli:
„Wir haben uns vorher in Ruhe hingesetzt und überlegt, wie soll jeder einzelne Song klingen. Nicht wie live, das war uns schon klar. Wir haben es aber auch erst härter erwartet. Das Ergebnis ist schon poppig, aber das ist nicht so schlimm. Was als nächstes kommt, keine Ahnung. Songs entstehen ja über einen Zeitraum, das wird nichts, wenn man sagt, ‚Jetzt wollen wir härter klingen‘.“
Maik: „Wir haben uns während der Aufnahmen die Lieder immer mal mit nach Hause genommen und uns dann in Ruhe Gedanken dazu gemacht. Der Prozess an sich war viel reflektierter. Wir wussten, was wir wollten. Dass alles jetzt so Midtempo geworden ist, passierte unbewusst.“

Wenn ihr den Erfolg von Bands wie den DONOTS oder den BEATSTEAKS seht, hofft ihr, euch könnte es genau so ergehen?

Olli:
„Die DONOTS und die BEATSTEAKS sind schon echte Größen hier. Wobei die Beatsteaks eines der seltenen Beispiele sind, dass man als Punkband auch echt Glück mit seiner Plattenfirma haben kann.“

Maik: „Ich habe vor allem großen Respekt vor dem Erfolg der DONOTS in Japan. Wir waren neulich bei ihrem Gitarristen Guido und der hat uns dann so kleine Handpuppen von der Band gezeigt, die dort verkauft werden. Das ist schon was ganz anderes als hier.“

Wie kam es, dass ihr auf dem noch recht neuen Berliner Label Rockhit Records gelandet seid?

Maik:
„Wir haben das Album im Januar 2004 aufgenommen und uns dann viel Zeit damit gelassen, das richtige Label zu finden. Wir hatten natürlich einen Vorteil, weil unser Namen in der Szene schon bekannt war, so kamen wir auch sofort mit ungefähr fünf Labels ins Gespräch. Von Rockhit hat uns ein Kumpel erzählt. Wir haben da mal angefragt und uns sofort gut verstanden.“

Ihr spielt heute Abend im der Hannoveraner UJZ Korn. Ist es komisch, in ihrer Heimatstadt zu spielen?

Maik:
„In Hannover spielen wir immer große Konzerte, das ist dann ja immer auch so eine Art Familientreffen. Heute Abend kommen zum Beispiel Leute, die wir vor fünf Jahren das letzte Mal gesehen haben. Aber ansonsten ist man hier schon nervöser.“
Olli: „Hannover ist so eine Sache. Ich frage mich, warum es hier nicht so viele Konzerte gibt. Wenn du zum Beispiel in Hamburg auf ein Konzert gehst, dann kannst du dir sicher sein, dass über die Hälfte nicht aus Hamburg kommt. Auch wenn ich ja nicht hier wohne und für die Proben immer aus Hamburg kommen muss, ist Hannover eine gute Startbasis, auch durch seine geografische Lage.“

Ihr habt schon in vielen verschiedenen Ecken Deutschlands gespielt. Gibt es da große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen?

Maik:
„Ganz klar. Die Menschen in Ostdeutschland oder in kleinen Städten sind einfach dankbarer. Die stehen dann nicht mit verschränkten Armen vor der Bühne und spielen die Muckerpolizei. Die rasten sofort aus. Die gehen halt auf Konzerte, weil sie Bock auf Tanzen haben, weil sie Spaß haben wollen. Wir haben sogar schon mal erlebt, dass die Leute Autogramme von uns haben wollten. Da kam ich mir schon ziemlich verarscht vor.“
Olli: „Ja, der eine Typ hatte sich vier Poster besorgt und wollte die alle unterschrieben haben, für seine Freundin und seine kleine Schwester. So etwas glaubt man nicht. Die Menschen dort sind einfach offener. Du hast nicht das Gefühl denen sagen zu müssen: ‚Hey findet die Musik gut.‘“
Maik: „Was jedoch am schönsten am Touren und Spielen in fremden Städten ist, sind die Menschen, die man kennen lernt. Du bekommst glaube ich nirgendwo sonst die Chance, nicht nur so tolle Leute zu treffen, sondern die auch noch später zu besuchen.“

Vielleicht der Beginn des Rockstarseins. Seht ihr euch in ein paar Jahren auch durch Japan touren? Oder ist das gerade einfach nur ein riesiger Spaß für euch?

Maik:
„An ein Leben nach der Band möchte ich gar nicht denken. Aber natürlich macht man sich schon Gedanken, wo es hingehen soll. Schließlich muss die Miete bezahlt werden, und Hunger hat man ja auch, das kann das Geld, was wir mit der Band verdienen, nicht abdecken. Dafür stecken wir noch viel zu viel rein.“
Olli: „Die Veröffentlichung des Albums bringt uns einen großen Schritt weiter. Natürlich ist so was wie eine Band schon ein teures Hobby, aber wir nehmen das alles sehr ernst. Es gibt aber schon Dinge, die wollen wir einmal in unserem Leben gemacht haben, und dazu gehört zum Beispiel eine richtige Tour. Ansonsten planen wir Bandsachen nicht weiter als ein Vierteljahr im Voraus. Alles andere würde auch keinen Sinn machen.“