KRILL

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Kakophonische Kunst krachgestörter Kölner

Köln. Es herrscht der Konsum, Emo, überteuerte Konzerte und Oberflächlichkeit. Fast scheint alles perfekt, alles blinkt und glänzt in dieser Plastikstadt. Eben nur fast, denn fünf Musiker sind auf ihrem Weg, die fehlende Ehrlichkeit, die verlorene Wut und das nötige Chaos zurück zu bringen. Ich traf mich mit Phillip (dr), Peter (keys) und Roland (git) bei Sänger Gunnar zu Hause, um über ihre wichtige Mission und Visionen zu sprechen. Kitsch? Kunst! Krach! DAS KRILL!

Wollt ihr die Leute beeindrucken oder nur verwirren?

Gunnar:
„Wir wollen eigentlich weder beeindrucken, noch verwirren. Im Grunde genommen machen wir einfach nur, was wir wollen und was wir können. Wir sind die Summe unserer Dinge. Oder wolltest du jetzt noch mehr hören?“

Eigentlich schon, aber ist egal. Was haltet ihr von dem ständigen THE LOCUST-Vergleich, der ja ziemlich hinkt?

Phillip:
„Den finde ich ziemlich einfallslos. Die Leute sehen halt immer nur, dass wir Grind- und Knüppelkram mit Keyboard machen, und dann wird ganz schnell mit dem Finger auf uns gezeigt und behauptet, dass wir wie THE LOCUST sein wollen.“
Gunnar: „Ich mag THE LOCUST, und finde, dass der Vergleich wesentlich schlimmer sein könnte. Es ist ja eine gute Band, mit der wir da verglichen werden, auch wenn sie nichts mit unserem Musikstil zu tun hat. Das Keyboard hatten wir auch schon lange vorher, bevor wir überhaupt etwas über THE LOCUST gehört hatten. Peter hat schon bei unserer ersten Band NAILS OF THE CLUSION Keyboard gespielt. Das war damals in Wipperfürth, wo wir in irgendwelchen Scheunen auftraten und solche Geschichten. Das Konzept der Band haben wir mit DAS KRILL quasi übernommen.“

Eure Musik ist ja schon ziemlich schräg. Inwiefern haben Drogen Einfluss auf euren kreativen Schaffensprozess?

Peter:
„Ich würde sagen, dass Drogen keinen Einfluss haben. Wir kiffen zwar auch mal während der Probe, aber es ist nicht der spezielle Faktor, der den Songs die nötige Würze gibt. Wir könnten das alles auch ohne machen, allerdings hätten wir dann mehr Stress, haha.“

Ist es nicht etwas klischeehaft, als Grindcoreband zwischen jedem Lied Samples zu benutzen?

Gunnar:
„Für uns ist der Reiz bei den ganzen Samples, dass die Leute während der Show unterhalten werden und das einen Kontrast zu unserem Krachprogramm bildet. Wir lassen soundtechnisch etwas einfließen, was nicht von uns selber kommt, und probieren auch, Noise-Effekte einzubauen. Das passiert mehr aus Spaß an der Freude ...“
Roland: „Durch die Samples zwischendurch können wir uns live auch Ruhepausen gönnen. Bei uns geht es ja immer sehr hektisch zur Sache. Es wird ein Song nach dem anderen geknüppelt und durch die Samples haben wir dann mal 20 Sekunden, um uns zurück zu lehnen und am Sack zu kraulen.“

Seht ihr eure Musik als Aggressionsventil oder als Kunst?

Phillip:
„Ich würde sagen, dass es für uns beides ist. Es gibt schon eine Menge aufgestaute Aggressionen, die man im Alltag hat, und ich kann das ganz gut kompensieren, wenn ich mich eine Stunde hinter das Schlagzeug setze. Nass bin ich danach auch immer.“
Gunnar: „Für mich ist das Energie, und das macht Spaß.“
Peter: „Eigentlich machen wir nur, worauf wir Bock haben. Ich denke nicht darüber nach, ob das, was ich gerade mache, Kunst ist, oder ob ich meine Aggressionen abbaue.“

Eure selbstveröffentlichte CD heißt „Revolution Through Education“. Denkt ihr wirklich, dass durch ausreichend Bildung eine Revolution angezettelt werden könnte?

Gunnar:
„Ich glaube, dass das ein funktionierendes Prinzip ist. Bildung ist das Einzige, was die Welt retten kann.“
Roland: „Man kann die Gesellschaft nur verändern, wenn man die Menschen auf Probleme aufmerksam macht. Man kann Gesellschaften nur beeinflussen, indem man sie in eine Richtung trainiert. Es ist sicherlich auch ein gefährliches Terrain, weil man die Menschheit auf eine falsche Weise manipulieren könnte, und das sollte man ihr auch sagen. Es geht darum, den richtigen Weg zu zeigen, und den richtigen Weg zeigt Gunnar in seinen Texten. Obwohl ich die teilweise noch nicht kritisch genug finde.“

Ihr glaubt also nicht, dass bei der heutigen Gesellschaft alles zu spät ist?

Gunnar:
„Nein, denn ich finde, dass genug Medien zur Verfügung stehen, um Informationen kostengünstig, wenn nicht sogar umsonst, verbreiten zu können. Wir haben nach wie vor die Möglichkeit, Bildung zu erhalten und zu verbreiten. Gerade durch so was wie das Internet hat man da genügend Möglichkeiten.“
Peter: „Also, ich fürchte, dass Hopfen und Malz verloren sind, aber wenn man das so sieht, müsste man gleich aus dem Fenster springen.“

Eure Texte sind mal sozialkritisch, mal skurril. Wie politisch sind DAS KRILL?

Phillip:
„Politisch engagiert sind wir nicht wirklich. Wir haben aber unsere Meinung und die besagt, dass halt vieles auf dieser Erde scheiße ist.“
Peter: „Unser Antrieb ist nicht in erster Linie politisch, sondern eher musikalisch. Die Aggressionen, die wir haben, bringen uns halt dazu, gewisse Dinge anzuprangern und die Probleme, die wir mit der Gesellschaft haben, auszudrücken.“
Gunnar: „Ich denke, dass die Texte abwechslungsreich Politik behandeln, Geschichten erzählen oder sich um reinen Schwachsinn und Sex drehen. Wir probieren, bei unseren Texten genauso politisch wie auch literarisch zu sein.“