STRUNG OUT

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Weit mehr als nur reinrassiger Punkrock

Eine Band wie STRUNG OUT ist in diesen Tagen absolut unverzichtbar. Und mit „Exile In Oblivion“ beweist diese Band nun auch nach zehn Jahren Bandgeschichte, dass Punkrock auch mit wesentlich mehr als drei Akkorden funktioniert und dass hinsichtlich der Texte ein ganz enormer Tiefgang erreicht werden kann. Denn die von STRUNG OUT gehören sicherlich zu den ausgefeiltesten überhaupt und verbinden politische Ansätze mit einer ganz persönlichen Note. Das Leben besteht nicht nur aus kalifornischem Sonnenschein, und diesen Eindruck haben STRUNG OUT auch nie vermittelt. Es geht da um weit mehr.

Jake, ihr seid gerade mit den BOUNCING SOULS und COHEED & CAMBRIA auf Tour gewesen. Würdest du die Tour als erfolgreich bezeichnen?


„Es ist wirklich toll, wieder hier zu sein. Wir sind zwar erst eine Woche hier in Deutschland, haben aber schon ein Festival absolviert, und nun spielen wir ein paar Shows mit den BOUNCING SOULS und COHEED & CAMBRIA. Mit diesem Line-up haben wir schon in Amsterdam gespielt. Also, es fühlt sich verdammt gut an, wieder hier auf Tour zu sein. Wir haben jede Menge Spaß.“

Was bedeutet die Band STRUNG OUT in diesen Tagen für euch persönlich?

„Für uns war die Band immer ein Weg, uns selbst auszudrücken, einen Weg zur Verarbeitung für die Geschehnisse zu finden, die wir alle selbst erlebt haben. Ja, wir wollen die Leute an unserem Leben teilhaben lassen – auf eine positive Art und Weise. Vielleicht hat ja jemand Bezug dazu. Das hoffe ich sehr. Ich denke, man kann in dieser Hinsicht viel voneinander lernen. Natürlich gibt es da auch die musikalische Seite, von der wir hoffen, dass unsere Fans auch dazu einen positiven Bezug herstellen können. Für uns ist STRUNG OUT eine Art Vehikel, um uns selbst auszudrücken, uns verständlich zu machen. Unsere ganz eigene Sprache eben.“

Warum habt ihr eigentlich im Laufe eurer Karriere nie das Label gewechselt? Ich habe gehört, dass es nach dem Erfolg von „Twisted By Design“ durchaus auch Angebote von Majors gab. Was hat euch davon abgehalten, Fat Wreck jemals zu verlassen?


„Der Punkt ist einfach, dass wir auf Fat Wreck verdammt glücklich sind. Fat Mike ist wie ein Vater für uns, er war zehn Jahre lang unser ‚business father‘ und war immer absolut ehrlich zu uns. Allein aus dem Grund haben wir nie daran gedacht, das Label zu verlassen.“

Mit „The Element Of Sonic Defiance“ habt ihr euch ja mehr denn je dem Fat Wreck-typischen Sound abgewandt. Ab da waren dann plötzlich ganz stark Hardcore- und Metal-Einflüsse in euren Songs zu hören. Wie kam es zu diesem Wandel?

„Wir sind einfach etwas langsamer und härter geworden, nachdem wir – wie ich meine – zu Genüge bewiesen haben, dass wir auch schnelle Sachen spielen können. Es macht einfach mehr Spaß, einen guten Song zu spielen oder zu schreiben, ohne dabei die ganze Zeit so schnell spielen zu müssen. Meine Wurzeln liegen eindeutig im Metal. Ich liebe Bands wie SLAYER und IRON MAIDEN. Meine erste Show war ein METALLICA-Konzert und die Jungs waren über Jahre hinweg meine absoluten Helden. Derzeit höre ich auch gerne POISON THE WELL, mit denen wir vor einiger Zeit in den USA einige Shows gespielt haben. Bezüglich meines Musikgeschmacks nenn mich einfach einen Metalhead. Ich mag Punkrock jedoch ebenso gerne. Wenn ich mich zurückerinnere, so um 1990/91, hat es nur wenige Metalbands gegeben, die mir richtig gefallen haben. Deswegen wollte ich nie in einer Band spielen, die stilmäßig zu einheitlich ist. Bei STRUNG OUT haben wir versucht, unsere musikalischen Vorlieben zu vermischen. Wir verbinden Elemente von Bands wie SOCIAL DISTORTION oder BAD RELIGION mit Sachen von SLAYER oder METALLICA. Wir möchten uns einfach nicht auf einen Stil beschränken oder uns als ‚reinrassige‘ Punkrockband sehen.“

Seit eurer letzten Platte „An American Paradox“ ist ja schon eine ganze Weile vergangen. Dennoch scheint gerade der Titel der Platte recht zeitgemäß. Erklär doch bitte mal, was wir uns unter dem amerikanischen Paradoxon vorzustellen haben.

„Das ist eine Idee, ein Gefühl, das du bekommst, wenn du über Amerikas Stellung in der Welt nachdenkst. Einerseits geht es um das ‚We against the world‘-Gefühl und andererseits erkennst du, dass du ein Teil dieses ganzen Systems bist, wie wir die Welt in einer negativen Art und Weise beeinflussen, und zugleich würde die Welt ohne uns nicht die selbe sein. Du kannst nicht leugnen, dass die Welt von uns profitiert. Es ist wie diese ‚Catch 22‘-Sache. Egal, wie du dich auch entscheidest, es wird die falsche Wahl sein. Eine bessere Lösung gibt es nicht. Wir sind Amerikaner, und das ist, wie die Welt uns behandelt, und wie wir mit der Welt umgehen. Amerika ist ein komischer Ort im Moment, und wir sind eine Handvoll amerikanische Jungs, die erkennen, wie stark unser Einfluss auf die Welt eigentlich ist. Und das ist, so glaube ich, das Paradoxon.“

Als ich euch letztes Jahr interviewt habe, habt ihr gesagt, dass STRUNG OUT ihre beste Scheibe noch schreiben würden. Stellt sich nun die Frage – wie sieht es mit „Exile In Oblivion“ aus?

„Aus der Sache komme ich jetzt wohl nicht so einfach raus, was? Haha! Okay, das hört sich zwar wie eine abgedroschene Phrase an, aber es ist einfach so: ‚Exile In Oblivion’ ist die bis dato beste STRUNG OUT-Platte, die wir jemals aufgenommen haben. Wir wussten, dass diese Platte eine für uns sehr wichtige sein würde. Es gibt da draußen so viele Bands, dass du, wenn du deinen Status halten und auch noch neue Leute mit deiner Platte begeistern willst, verdammt hart dafür arbeiten musst. Und wir haben an ‚Exile In Oblivion’ härter gearbeitet, als das jemals zuvor bei einer Platte der Fall war. Das war uns auch bewusst. Und in allen Belangen haben wir das Optimum rausgeholt – hinsichtlich der Melodien, der Aggressivität, des Sounds. Ja, warum soll man das nicht sagen dürfen? Wir sind mehr als zufrieden mit der neuen Platte und wir hoffen, dass unsere Fans das auch sein werden.“

Ich finde, dass sich „Exile In Oblivion“ wesentlich von eurem bisherigen Schaffen unterscheidet. Die Songs sind viel akzentuierter und auch technisch versierter als bisher. Wie lässt sich das erklären?

„Diesmal war der Ablauf der Aufnahmen eine verdammt coole Sache. Wir haben mit Matt Hyde zusammen gearbeitet. Das hat sich während der Vor-Produktion des Albums so ergeben. Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, welche Parts in den Songs die wirklich besten und wichtigsten sind, und haben sie dann nach und nach ausgesucht. Wir haben also schon eine Menge Zeit darauf verwendet, wirklich nur die Essenz auf Band zu bannen. Bei den anderen Platten war das gänzlich anders. Die Vor-Produktion fiel da eher spärlich aus oder fiel komplett unter den Tisch. Wir sind da mit den Songs einfach ins Studio gegangen, haben vielleicht noch ein wenig am Sound getüftelt, aber das war es dann auch schon. Diesmal war das Arbeiten um einiges besser und professioneller.“

Wie werden deiner Einschätzung nach eure Fans auf „Exile In Oblivion“ reagieren?

„Wir haben diesmal wirklich an den Ideen gefeilt und gearbeitet. Ich bin mir absolut sicher, dass jeder, der ‚An American Paradox’ mochte, ‚Exile In Oblivion‘ weitaus besser finden wird. Die neue Platte wird definitiv anders sein als unsere älteren Releases. ‚Exile In Oblivion‘ wird mit einem frischen, modernen Sound aufwarten. Natürlich wird man uns als Band noch erkennen, soviel ist sicher. Zusammenfassend kann man aber sagen, dass diese Platte anders sein wird als das, was man bisher von uns kennt. Wenn man natürlich eine Platte erwartet, wie wir sie Mitte der Neunziger gemacht haben – einfach schnell und melodisch – dann wird man enttäuscht werden. Es wird keine so einfache Platte sein. Wir variieren das Tempo sehr oft. ‚Exile In Oblivion‘ ist definitiv weitaus mehr als nur eine melodische Punkrock-Platte.“