IGNITE

Die Orange County Melodic Hardcore-Institution IGNITE meldet sich mit "A Place Called Home" reifer denn je zurück. Manch einer mag den Zeiten mit Joe D. Foster und Casey Jones nachtrauern, Fakt ist jedoch, dass sich IGNITE auf der erfolgreichen "Unity"-Tour mit AGNOSTIC FRONT, THE FORGOTTEN, SHUTDOWN und STAMPIN GROUND so geschlossen wir lange nicht präsentierten.

Mit Supersonic Records wurde endlich der passende europäische Partner gefunden, der "A Place Called Home" leider fast zehn Monate nach dem USA-Release auf TVT Records in Europa erhältlich machen wird. Natürlich wirkt der Stall der GUANO APES und DONOTS auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich, der Bochumer Bertelsmann-Ableger zeigt sich jedoch aufrichtig von IGNITE begeistert und wird ihnen hoffentlich endlich die gebührende Plattform bieten, um ihren exzellenten Ruf in Europa auszubauen. Dazu IGNITE-Boss Zoli: "Revelation Records konnten uns einfach nicht die notwendige Unterstützung geben, um den nächsten Schritt zu machen. Es ist beispielsweise relativ schwer und kostspielig im amerikanischen Radio gespielt zu werden. TVT haben die Relevanz und finanziellen Möglichkeiten eine Band auf Airplay zu pushen. Ausserdem konnten wir endlich mit den notwendigen Toursupports arbeiten, um für Bands wie die MISFITS und BAD RELIGION den Opener zu machen."

Nach IGNITEs Supportrolle für die Horror-Punk Legende hat Zoli die MISFITS übrigens einen Monat lang als Live-Sänger unterstützt. Vollzeit bei ihnen einsteigen und IGNITE damit Geschichte werden zu lassen steht definitiv nicht auf seinem Programm. Zoli: "Dazu habe ich zuviel Herzblut in IGNITE gesteckt. Alle wittern die grosse Verschwörung der Medien, wenn jedoch ein Kid in einem Chatroom ein Gerücht verbreitet saugen sie es begierig auf und glauben es aufs Wort." Im Grunde sei sein Gastspiel bei den MISFITS nur förderlich für IGNITE gewesen, denn zum ersten Mal sei der Name auf MTV gefallen, und zwar als eine Newsmeldung ankündigte, dass "der Sänger von IGNITE live bei den MISFITS singt". Zoli: "Ich bin seit Kindesbeinen ein grosser MISFITS-Fan. Manchmal musste ich mich schon zusammenreissen, um nicht nervös zu werden, weil ich mit meinem Idol Jerry Only auf der Bühne stand. Ich bin ihnen dankbar für alles, sie waren die mit Abstand coolsten und freundlichsten Leute, mit denen ich je auf Tour gewesen bin." Nicht von ungefähr also coverten THE FORGOTTEN mit Zoli am Gesang während der "Unity"-Tour als Hommage an die Punk-Dinosaurier "20 Eyes" und "Astro Zombies".

Neben einem interaktiven CD-Rom Track mit Videos und Interviews, einer Coverversion des U2-Hits "Sunday Bloody Sunday" und einem exklusiven Track soll die europäische Version von "A Place Called Home" auch das Originalcover des Albums bieten: Es zeigt ein Foto aus dem Krieg in Bosnien und wurde von einem Freund von Zoli geschossen, der als IFOR Soldat durch die zerstörten Städte des Balkans patrouillierte. Zoli: "Ich musste dieses Album aus zwei Gründen "A Place Called Home" betiteln: Zum ersten fand der Krieg nur unweit von meinem Heimatland Ungarn statt und hätte sich jederzeit ausweiten können. Zum zweiten muss man sich den Horror vorstellen, wenn feindliche Soldaten nachts in dein Heim eindringen, dir eine Pistole an den Kopf halten und dich aus deinem geliebten Heim vertreiben oder sogar verschleppen."

Gerade der Krieg im ehemaligen Jugoslawien, der (hoffentlich endgültig beendet) seit einem Jahrzehnt für Schreckensnachrichten sorgt, hat die Band tief bewegt. Zwar unterstützen IGNITE nach wie vor die im Umweltbereich aktiven Organisationen "Sea Shepherd" und "Earth First", ihr derzeitiges Hauptengagement liegt jedoch bei "Doctors Without Borders", einer humanistischen Organisation, die kürzlich den Friedensnobelpreis verliehen bekommen hat. Zoli: "Diese Leute sind in Krisengebieten mit als erste vor Ort. Sie haben sich beispielsweise sehr im Kosovo-Krieg engangiert und dort erste Hilfe in Form von Unterkünften, Nahrung und sowohl medizinischer, als auch psychologischer Versorgung geleistet. Ein Vergewaltigungsopfer trägt schliesslich nicht nur körperliche, sondern auch seelische Verletzungen davon."

Majorlabel-Verbindungen oder nicht, ihren Fans etwas Gehaltvolles zu sagen zu haben ist bei IGNITE auch 2001 an der Tagesordnung, allerdings wie erwähnt mit etwas anderen Vorzeichen. Widmeten sich die letzten Alben nicht zuletzt Umweltproblemen, wandte sich die Band mit "A Place Called Home" verstärkt humanitären Missständen zu. Zoli: "Menschen, denen ein Menschenleben nichts wert ist, interessieren sich erst recht nicht für ein Tierleben. Viele Eltern versäumen es ihren Kindern Verantwortungsgefühl für das Leben an sich zu vermitteln. Nur wenn man während seiner Erziehung für Probleme sensibilisiert wurde, ist man auch später dafür empfänglich." Ein Hauptproblem sieht er in der Auflösung familiärer Werte. Zoli: "Letztendlich ist es am allerwichtigsten, dass man das Gefühl vermittelt bekommt von beiden Elternteilen geliebt zu werden. Auch im Fall einer Scheidung dürfen die Kinder auf keinen Fall gegen den Partner ausgespielt werden. Derzeit gibt es in den USA ein grosses Problem mit Kindern, die ohne Väter aufwachsen. Die allein erziehenden Mütter müssen sich den ganzen Tag mit bis zu zwei Jobs abrackern, um die kleine Familie durchzufüttern. Die Kinder sind nach der Schule alleine zu Hause und das einzige, das auf sie wartet ist das Abendessen in der Mikrowelle. MTV und Sony Playstation sind die Babysitter der Nation." Weitere Desensibilisierung gehe von diversen Bands aus, die den Kids falsche Werte vermittelten. Zoli: "Die KORNS und LIMP BIZKITS dieser Welt erzählen den Kindern wie scheisse die Welt doch ist. Dabei sollte jeder nach seinem High School-Abschluss ein Praktikum in einem Dritte Welt-Land machen, um das wirkliche Leben kennenzulernen. Wir sind eine verdammt verwöhnte Nation." Eine Urteil, das man sicher auch auf unser Land übertragen kann, auch wenn Zoli seiner zweiten Heimat Europa noch deutlich mehr Familienzusammenhalt attestiert.