IGNITE

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Ein Licht am Ende des Tunnels

Viele haben damit gar nicht mehr gerechnet, aber IGNITE melden sich dieser Tage zurück mit einem neuen Album. Es hört auf den Namen "Our Darkest Days". Einiges hat sich verändert, aber IGNITE bleiben einfach IGNITE. Und so war es mal wieder an der Zeit für ein Gespräch mit Sänger Zoli Teglas, der mir die Informationen für diesen Text lieferte. Die Nummern in Klammern geben die Position des jeweiligen Songs auf der CD an.

Three years (10): Ganz so schnell waren IGNITE dann doch nicht mit ihrem neuen Album. Nicht drei, sondern sechs Jahre hat der Nachfolger zu "A Place Called Home" auf sich warten lassen. In dieser Zeit war man zunächst ausgiebigst auf Tour. So mancher erinnert sich an die Jahre 2000 bis 2002, als man IGNITE alle drei Monate in Deutschland irgendwo sehen konnte. Danach wurde es ruhiger um die Band. Es gab sogar Überlegungen IGNITE ganz aufzugeben und mit der Zweitband ZOLI BAND/CA. UNITED weiterzumachen. Dazu kam es dann doch nicht, weil der Erfolg des Rockablegers von IGNITE weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Erst Ende 2004 stand fest, dass es in absehbarer Zukunft wieder ein neues Album geben sollte. Bevor dies allerdings in Angriff genommen wurde, musste erst noch ein neues Plattenlabel gefunden werden.

Know your history (11): Aus der Vergangenheit wusste man mittlerweile, dass das so eine Sache ist mit den Plattenfirmen. Zunächst gab es da den Streit mit Lost & Found rund um die ersten Aufnahmen von IGNITE, dann mit Revelation Records das Problem, dass das Label 1996 in Europa nicht besonders präsent war. Schließlich erwies sich auch der Vertrag mit TVT Records als ein Fehler, da das majorähnliche Label in Europa nie so recht Fuß gefasst hat, wo bekanntlich der Großteil der IGNITE-Fans lebt. So kam es dazu, dass in Deutschland "A Place Called Home" mit fast einjähriger Verspätung erschienen war. Die Band hat daraus gelernt, dass es nicht immer von Vorteil ist, bei einer vermeintlich finanzstarken Firma unterzukommen. Viel wichtiger war es, dieses Mal auch für Europa einen sicheren Vertrieb zu haben. Es gab deshalb die Überlegung, gleich bei einem Label auf dem alten Kontinent zu unterschreiben. Stattdessen ist man nun bei Abacus Recordings gelandet, zu denen es zum Beispiel auch SICK OF IT ALL gezogen hat, während man in Europa mit Century Media zusammenarbeiten wird. Jetzt war der Weg frei.

Bleeding (02): Produziert wurde das Album von Cameron Webb, der unter anderem auch für das letzte Album von SOCIAL DISTORTION verantwortlich war. Die Arbeit im Studio war ziemlich anstrengend, da Webb eigene Vorstellungen hatte und die Band hart rangenommen hat. Besonders für Zoli war es eine besondere Herausforderung, so hoch zu singen, wie es von ihm verlangt wurde. Und das will ja etwas heißen bei einem der stimmlich versiertesten Sänger der Hardcore-Szene. Man merkt gleich beim ersten Track des Albums, dass Zoli seinen ohnehin nicht basslastigen Gesang noch weiter nach oben getrieben hat. Auch wenn ihn Cameron Webb hat bluten lassen, hat es sich doch gelohnt, denn das Ergebnis hört sich wirklich gut an.

My judgement day (06): Er hat es mit seinem Gesang dem Produzenten so sehr angetan, dass ihn Cameron Webb anschließend bat, bei dem nächsten Projekt, an dem er arbeitete, als Gastsänger zu fungieren. Und dabei handelte es sich um keine Geringeren als MOTÖRHEAD! Nachdem Zoli 2001 schon mal für die MISFITS auf deren Kanadatour gesungen hatte, war die Einladung, bei Lemmy dabei zu sein, das nächste große Erlebnis für ihn. Außerdem sind solche Einladungen Beweis dafür, dass er seinen Job gut macht.

Strength (12): Seit Ende der 90er ist es ja immer so eine Sache gewesen, wer zum jeweiligen Zeitpunkt überhaupt in der Band ist. Die einzige Konstante waren Sänger Zoli und Bassist Brett Rasmussen. Während man das letzte Album mit Brian Balchack an der Gitarre aufgenommen hatte, ging man im Anschluss daran mit Kevin Kilkenny auf Tour, bis sich dieser ganz seinem Hauptberuf als Motorradfahrer widmen wollte. Ab da wird es dann ganz unübersichtlich. Bei der Arbeit an den neuen Songs merkten Zoli und Brett, wie gut "A Place Called Home" war, weil sie mit Brian den Gitarristen hatten, der ihre Vorstellungen besonders gut umsetzen konnte und dessen Ideen ihnen gefallen haben. Also besann man sich auf diese alte Stärke und holte ihn zurück, damit er mit ihnen das neue Album schreibt und aufnimmt. Und diesmal soll er auch länger aktiv in der Band bleiben.

Intro (Our darkest days) (01): IGNITE waren noch nie bekannt für Gute-Laune-Lieder, aber der Titel des Albums verrät es schon, dass diesmal alles noch etwas düsterer ausgefallen ist. Zum Einen liegt das an der harten Zeit, die Zoli in den letzten Jahren durchgemacht hat, als ein Familienmitglied nach dem anderen gestorben ist. Zwar hat er versucht, sich aus den Texten so weit wie möglich herauszuhalten, aber ganz gelungen ist ihm das doch nicht. So enthält "Our Darkest Days" mehr Persönliches als jedes andere Album von IGNITE. Vielleicht war das einfach nur notwendig für den Sänger, getreu dem Motto, dass ein Album für einen Musiker immer noch die beste Therapie ist. Die andere Bedeutung hinter dem Namen liegt in der Lage, in der sich die USA unter Präsident Bush befinden. Gleich mehrere Songs beschäftigen sich mit dem Krieg im Irak, der laut dem IGNITE-Frontmann einzig und allein des Öls wegen geführt wurde, sowie den politischen Alleingängen und der Abkapselung von der übrigen Welt. Gleichzeitig wurde den Amerikanern eingeredet, wie groß die Gefahr sei, die von vermeintlichen Schurkenstaaten wie dem Irak oder Iran ausgehe.

Fear is our tradition (03): Diese Kampagne hat dafür gesorgt, dass ein Großteil seiner Landsleute in einer konstanten Furcht vor dem Rest der Welt lebt. Willige Helfer waren dabei die Medien in den USA, die von nichts anderem als Mord und Terror berichten. Dieses Gefühl der ständigen Bedrohung sei die beste Möglichkeit gewesen, die Meinung der Bevölkerung zu beeinflussen. So konnte George Bush seinen Krieg haben und im Lande selbst die Meinungsfreiheit beschneiden. Im Grunde, so Zoli, unterscheide sich diese Taktik nicht groß von der Stalins, der auch Furcht als Mittel benutzt habe, um sich seine Untertanen gefügig zu halten.

Poverty for all (05): Überhaupt spielen Stalin und der Kommunismus eine große Rolle auf dem neuen Album. Das hängt mit dem Schicksal von Ungarn, Zolis Heimatland, zusammen, das ab 1956 von der UdSSR wiederholt besetzt wurde, nachdem das Volk die kommunistische Nachkriegsregierung stürzen wollte. Die Zustände in Ungarn waren nie so drastisch wie in der Sowjetunion, wo Stalin ein eigenes Unterdrückungssystem aufgebaut hatte, das mit seinen Opferzahlen selbst Hitler übertreffen sollte. Aber trotzdem bedeutete es auch für Ungarn eine Einschränkung der Freiheit. So wurde aus der eigentlich positiven Idee des Kommunismus ein System, das nichts mit der ursprünglichen Lehre zu tun hatte. Statt Wohlstand für alle gab es eben nur Unterdrückung und Armut für alle.

Save yourself (8): Zu den persönlichen Stücken zählt auch eines, das sich mit dem eigenen Alkoholkonsum beschäftigt, der angeblich schon auszuufern drohte. Einige Jahre lang bestand Zolis Leben nur aus Touren, Partys und jeder Menge Alkohol. Damit soll aber jetzt Schluss sein. Auch wenn sich IGNITE immer dagegen gewehrt haben, als Straight Edge-Band vermarktet zu werden, kommt der neue Lebensstil des Sängers sehr nahe an dieses Ideal heran.

Slowdown (7): Dass es bei IGNITE mittlerweile etwas ruhiger zugeht, zeigt auch das letzte Stück des Albums, eine Akustiknummer. Im Alter erkennt man irgendwann, dass man Wut nicht immer herausschreien muss, sondern leise und ruhige Songs noch wirkungsvoller sein können. In dieser Hinsicht dienten dann auch COLDPLAY als musikalisches Vorbild, so Zoli zu einer seiner Lieblingsbands bei der Frage nach dem Akustiksong. Wie sagt er es doch selbst:"Ich werde alt, da fängt man an solche Songs zu schreiben. Vielleicht werden IGNITE noch eine Hard-went-mellow-core-Band."

Are you listening (9): Ganz so weit wird es wohl doch nicht kommen, da müssen sich die Fans keine Sorgen machen. Schließlich hat die Band schon angefangen, neue Songs für das nächste Album zu schreiben, die an "Our Darkest Days" anknüpfen sollen. Ja, richtig gelesen. Es soll diesmal in absehbarer Zeit ein neues Album von IGNITE aufgenommen werden. Allem Anschein entgegen verbringen Zoli und Brett nämlich gerne ihre Zeit im Studio. Auch wenn es für sie sehr schön war, dass in den letzten Jahren die Shows in Deutschland noch besser besucht waren als 2000/01, obwohl es kein neues Material gab, wollen sie in Zukunft öfter neue Sachen präsentieren können. Das kann die Fans nur freuen, obwohl es etwas ganz Neues wäre, dass sich IGNITE weniger als fünf Jahre für ein Album Zeit lassen.

Let it burn (4): Bleibt noch zu klären, was es mit dem Coverfoto auf sich hat. Das zeigt den St. Peter Harbor, den größten Hafen der USA, von dem Zoli wenige Minuten entfernt wohnt. Ein großer Teil der Waren kommen aus China, während einige Meilen weiter östlich vom Hafen eine Militärbasis ist, deren Atomraketen auf diesen wichtigen Handelspartner gerichtet sind. Das Foto soll dieses Paradoxon der US-Politik verdeutlichen.

Live for better days (14): Ursprünglich wollten IGNITE ein Video zum neuen Album drehen, in dem sie einer armen Familie ein komplettes Haus bauen und es ihnen am Ende überlassen. Aber BON JOVI (sic!), die dieselbe Organisation zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit in den USA unterstützen, waren da schneller und haben dasselbe gemacht. So wird es zum aktuellen Album wohl kein Video geben. Stattdessen will man sich aufs Touren und im Anschluss daran auf neues Material konzentrieren.

Sunday bloody sunday (13): Ja, an dieser Stelle gehen dann doch irgendwann die Ideen aus. Nicht nur dem Autor, sondern auch der Band, die "Sunday bloody sunday" erneut für das neue Album eingespielt haben. 2000 wollten es TVT Records nicht auf "A Place Called Home" veröffentlichen, so dass es nur auf der europäischen Version zu hören war. Weil das Lied aber der Band soviel bedeutet, stand schon sehr früh fest, dass es diesmal auf einem weltweiten Release dabei sein sollte. Und ganz zum Schluss gibt es als Bonustrack wieder ein kurzes Stück auf Ungarisch, in dem Zoli Teglas in einem alten Volkslied die Schönheit seines Vaterlands besingt.