DEAN DIRG

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... raus!

"Dean Dirg raus!". Klingt wie eine Hasserklärung an die eigene Band. Der Titel ist nach acht Jahren Action und einem guten Stapel Veröffentlichungen aber noch kein Programm, sondern einfach gut dem durchschnittlichen deutschen Idioten aus dem Mund geklaut. Zwischen Dophs Stinkesocken, kaputten Navigationsgeräten und Büchern über die Gründung der Delta Force saß ich relativ gemütlich im Tourbus und plauderte mit Börge (Schlagzeug) und Torsten (Bass), später stießen noch Claus (Gitarre) und ein Kollege (Ox) dazu. Wenn dabei etwas herauskam, dann wohl nur das, wozu sich DEAN DIRG stolz bekennen: nämlich an den richtigen Stellen smart, an den passenden Stellen asozial zu sein.


Zu den relevanten Fragen: "Ich glaube, er ist in mich verknallt", Celine, 12 Jahre. "Ein Junge in meiner Klasse guckt mich immer an und schaut dabei so traurig aus. Ich glaube, dass er in mich verknallt ist." Was würdet ihr beiden Celine raten? Jetzt mal nicht aus der Sicht von erfahrenen Männern.

Börge:
Hm ... wir sind alles andere als kompetent.

Börge, ich hab gehört, du willst Lehrer werden ... Stell dir vor, da steht dann so ein Mädchen vor dir und will wissen, was sie machen soll.

Börge:
Ich würde ihr sagen, dass sie es aussitzen soll.

Torsten: Die meisten Probleme lösen sich ja von selber, durch nix tun. Die Ursache und Lösung aller Probleme.

Ist das auch der Grund, warum eure Songs so kurz sind? Dass ihr das einfach mal ganz kurz aussitzt?

Börge:
Wir machen uns mehr Gedanken über den Song, als er eigentlich lang ist.

Warum müssen die Songs denn kurz sein?

Börge:
Weil sie einem sonst zu schnell auf den Sack gehen.

Torsten: Wir haben gerade "Money for nothing" von DIRE STRAITS gehört, was an sich ein super Song wäre, wenn ...

Börge: ... wenn er 38 Sekunden lang wäre.

Torsten:
Lieber Perlen vor die Säue ... Lieber ein gutes Riff viel zu kurz, als ein beschissenes viel zu lang.

Zurück zu Dr. Sommer: Wie kriege ich meine Brüste gleich groß?

Börge:
Das ist doch so eine Dauerbrennerfrage. Die gab es schon zu meiner Zeit in der Bravo.

Torsten: Da sagt man dann ... "Alles nicht so schlimm, ganz normal für Mädchen in deinem Alter."

Anderes Thema, was spricht gegen dynamische Jungs?

Börge:
Wir sind ja selber welche. Du spielst wohl gerade darauf an, dass ...

Torsten: ... die sind dynamisch an den falschen Ecken, also richtigen Ecken.

Dann machen wir doch jetzt mal Kalorien-Raten, wie viel Kalorien hat denn Müsli ...?

Torsten:
Tausend.

Börge: Da müsste der Claus jetzt hier sein.

Wieso, macht der eine Diät?

Torsten:
Nö, der ernährt sich nur bewusst.

Kommen wir mal auf die Friedhofsgeschichte. War das wirklich so, dass ihr euren ersten Gig da gespielt habt? Ich kann das gar nicht glauben ...

Torsten:
Irgendeiner bei uns aus der Jahrgangsstufe, so ein Berthold Heisterkamp-Typ ...

Ein weiterer Ox-Schreiber unterbricht das Interview, man stellt sich kurz vor, was man so macht, und ich sage, dass ich hin und wieder die ganzen modernen Hardcore-Bands interviewe, die meiner Meinung nach keinen Anspruch haben und im Gegensatz zu DEAN DIRG immer nett und freundlich seien.

Börge: ... also, wir haben doch jetzt gerade damit angefangen.

Torsten: Na toll, jetzt hab ich keine Lust mehr.

Ach komm, bitte erzähl!

Torsten:
Also der Typ, der hatte eine Geburtstagsfeier gemacht. Da sollten wir spielen und das war in einem Gärtnerhäuschen, sein Opa oder Onkel war Friedhofsgärtner. So kam das.

Börge:
Das war eine der besten Shows, die wir gespielt haben.

Torsten, du hast vorher in einer Ska-Band gespielt. Börge, und welche Leichen hast du im Keller?

Börge:
Ich hab zusammen mit dem Doph in so einer BAD RELIGION/NOFX-mäßigen Band gespielt. Ansonsten gilt: wir waren 14, 15, da wird das ja wohl erlaubt sein.

Kommen wir mal zu dem Style. Torsten, du sagst, ihr habt keinen, ich sage, ihr habt einen.

Börge:
... und der ist auch geil!

Torsten: Nee, wir haben keinen, aber der ist geil.

Ich erzähl das gerne noch mal, ich hab euch mal in Iserlohn gesehen, das war vor circa acht Leuten, ihr kamt rein und habt gesagt: "Nee, wir haben überhaupt keinen Bock, vor so wenig Leuten zu spielen."

Börge:
So waren wir da schon drauf? Ich würde sagen, da sind wir uns treu geblieben.

Ja und einer von euch kam mit seinem Green Hell-Täschchen rein und fand sich ganz toll ... und wir Dorfkinder fanden euch ganz schrecklich.

Torsten:
... weil ihr keinen Green Hell in eurem Dorf habt.

Börge: Genau, letztendlich seid ihr in die Stadt gezogen und fandet dann auch DEAN DIRG gut.

Torsten:
Und habt auch ein Green Hell-Täschchen daheim, stimmt es?

Börge: Das ist doch der normale Weg eines Punks: vom Dorf in die Stadt, arrogant und mit Green Hell-Täschchen.

Also, ich finde das schon alles ganz schön stylisch. Doph wird ja extra von euch angekleidet...

Börge:
Ja, wir haben dieses Mal extra jemanden beauftragt, ihm für sehr viel Geld diese weiße Hose und das pinkfarbene Jacket zu schneidern. Dazu noch ein goldenes Leberwurstpellen-Shirt.

Warum muss Doph immer so albern aussehen und ihr nicht?

Torsten:
Der Doph, das ist ein Paradiesvogel, und das ist ein offenes Geheimnis. Das ist ja auch ein bisschen Show, man will die Leute unterhalten. Wenn der sich jetzt ein cooles HAVE HEART-Shirt anzieht und coole Nikes, das wäre doch total langweilig, das machen doch schon HAVE HEART.

Ist es euch denn wichtig, auf der Bühne anders auszusehen als im Privatleben?

Torsten:
Nö, das tun wir ja nicht.

Börge: Also, das kann man uns nicht vorwerfen. Natürlich wird Doph jetzt nicht jeden Tag in seinem goldenen T-Shirt herumrennen und natürlich wird er von uns bestückt, was aber auch gut ist, da er selber nicht einkaufen geht. Aber er trägt diese Sachen von uns auch schon privat.

Auf euerer neuen Platte ist ein Rap-Song, da hab ich an DIE ÄRZTE gedacht, ihr aber nicht?

Börge:
Was denn für einer? Ich war immer DIE ÄRZTE-Fan, als ich klein war, aber den kenne ich nicht. Ich kenne nur den Bommerlunder-Rap von den TOTEN HOSEN.

Nee, nee, die hatten auch einen: "Das sind die ÄRZTE mit der tierischen Rapschocke ..." Na ja, aber wie sieht das aus, welche Bands sind denn Fans von euch?

Torsten:
Alle und TOXOPLASMA. Die haben uns einstimmig abgefeiert und ich habe mich total geehrt gefühlt, denn ich habe schon so oft gebrochen zu den Klängen dieser Band.

Jenseits von TOXOPLASMA, wer findet euch da noch gut?

Torsten:
Menschen verschiedenster Couleur. Viele davon sind auch Idioten.

Gibt es denn irgendwelche Storys von besoffenen Leuten, die euch mal nach einer Show richtig zugequatscht haben?

Torsten:
Fällt mir auf Anhieb King Khan von neulich ein.

Börge: Das kommt schon mal vor, aber da kann man auch einfach weggehen.

Kein Wunder, dass ihr als so arrogant verschrieen seid.

Torsten:
Ach was, wenn einer kommt, dann sagen wir "Leck mich am Arsch" und dann soll er noch mal kommen und dann sind wir lieb. Wir sind nur am Anfang so. Ich meine, vielleicht kommen wir ein wenig arrogant rüber, aber das liegt auch daran, dass wir nicht die Leute sind, die auf alle sofort zukommen.

Börge: Ach, so einen Ruf, den hat man ja auch schnell weg.

Torsten: Die meisten Leute kommen auf eine Show und wollen sich halt unterhalten, aber ich komme auf die Show, weil ich einfach das Konzert spielen will. Außerdem haben wir einen sehr unflätigen Umgangston untereinander: du Wichser, du Pisser und so ... und wenn man sich dann mal auf der Bühne so nennt, dann denken die Leute gleich, man löst sich auf.

Claus [kommt dazu]: Was macht ihr?

Torsten: Wir reden über dich.

Was sagt deine Mutter zu der Band, Claus?

Claus:
Meine Mutter ist der Band gegenüber komischerweise sehr aufgeschlossen. Die fragt immer, was wir so machen, und ich finde das echt komisch, weil sie sonst immer so skeptisch gegenüber meinen Karriereplänen ist, die ich inkonsequent verfolge. Trotzdem hat die da schon einen gewissen Ehrgeiz entwickelt, was wir für eine Show spielen, wie viele Leute kommen, und sie schaut immer im Internet nach, wie das Konzert gelaufen ist.

Torsten: Meine Mutter stalkt uns auch immer total. Die kommt immer an und sagt: "Ach, ich habe gehört, ihr spielt morgen in Münster." Die will auch immer Postkarten von der Tour haben und so. Und das kann man mal ganz unpunk sagen, dass mich das freut, und meine Eltern mich da so unterstützen.

Was ist denn mit der neuen Platte? Was unterscheidet die von allen anderen bisherigen Releases?

Börge:
Kommen wir vielleicht mal zu etwas, was sie nicht von den anderen Releases unterscheidet. Sie ist nämlich auch super geil und reiht sich damit nahtlos ein. Wir können das auch gar nicht so sagen. Ansonsten kamen jetzt von Freundes- wie auch Feindesseite so viele verschiedene Meinungen dazu, dass wir da mal abwarten. Aber erst mal sind wir damit voll zufrieden.

Das sagt jeder Musiker über sein neues Album.

Börge:
Ja, aber wir sind bandmäßig auch echt viel zufriedener.

Torsten: Ja, vorher war der Sound immer so dünn und zum ersten Mal sind wir auch damit zufrieden.

Ihr wollt aber keine rein deutschsprachige Platte aufnehmen, wo das Ding jetzt "... Raus" heißt?

Börge:
Das wurden wir jetzt schon mal gefragt.

Torsten: Nee, damit fangen wir auf unsere alten Tagen nicht mehr an.

Börge: Aber wir könnten mal einen Deutschpunk-Song von TOXOPLASMA covern oder den ÄRZTE-Rap.

Was war beim letzten Interview mit dem Ox los? Ihr habt den letzten Interviewer wohl ein wenig verkackeiert ...

Börge:
So kann man das nicht sagen. Aber weil es ein Mail-Interview war, hat er uns die Möglichkeit gegeben, uns ausgiebig Zeit zu nehmen, jede Frage perfekt zu beantworten. Dabei kamen eben diese wahren Geschichten über Dophs Vater heraus.

Was ist denn euer liebstes Gerücht über die Band?

Torsten:
Angeblich hat der Doph sich im besoffenen Kopf auf eine Kinderrutsche gesetzt und hat sich beim Runterrutschen den Arm gebrochen, deswegen ist mal ein Konzert ausgefallen.

Möchtet ihr jetzt noch was ganz Dringendes sagen? Zum Beispiel, dass ihr nicht arrogant seid?

Börge:
Na, das sollte aber jetzt wohl klar geworden sein.

Torsten: Okay, wir sind nicht arrogant, aber das heißt nicht, dass ihr jetzt nach dem Konzert zu uns kommen und uns mit eurer Scheiße zulabern sollt. Das ist die Message an unsere Leser.