HAMBURG RAMÖNES

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„Gabba Gabba Hey“ auf Hanseatisch

Für einen Rockmusiker gehört es heute fast schon zum guten Ton, sich bei der Frage nach Inspirationsquellen auf die RAMONES zu berufen. Allerdings ist dies nicht bei vielen Bands auf den ersten Blick so leicht zu erkennen wie bei den HAMBURG RAMÖNES, die dies sogar in ihrem Bandnamen zum Ausdruck bringen. Im Mai 2011 ist auf G-Force Records deren drittes Album mit dem Titel „Uniform Thing“ erschienen. Grund genug, mit Sänger Tommy und Gitarrist Ecki ein paar Fragen rund um die großen musikalischen Vorbilder zu klären. Hey ho, let’s go!

Wo lebt es sich als Ramone eigentlich besser, in Hamburg oder New York?

Tommy: In Düsseldorf. Das muss ich natürlich als Düsseldorfer sagen. Wenn die Auswahl nur aus Hamburg und New York besteht, lautet die Antwort aber eindeutig Hamburg und zwar wegen Astra-Bier und FC St. Pauli.

Eine klassische Frage unter RAMONES-Fans ist die nach dem Lieblingsalbum: das erste, „Rocket To Russia“, oder „Leave Home“?

Tommy: Eines sollte man zunächst festhalten: Von den RAMONES gibt es nur gute oder sehr gute Alben. Von den ersten drei Alben ist das erste wohl das wichtigste, weil es bahnbrechend war und den Rock’n’Roll revolutioniert hat. Aber ich schätze auch „Mondo Bizarro“ sehr, ein tolles Album, das nach einer leicht schwächeren Phase wieder eine Aufbruchstimmung verbreitete und tolle Songs hatte.

Ecki: Unter den frühen Alben favorisiere ich „Leave Home“, weil es besser produziert ist als das erste Album und viele poppige Hits enthält. Aus der späteren Phase finde auch ich „Mondo Bizarro“ klasse.

Noch ein Klassiker ist natürlich auch die Frage nach dem Lieblings-Ramone. Wie sieht’s bei euch aus, Joey oder Johnny?

Tommy: Johnny war natürlich ein begnadeter Gitarrist und als Drill Sergeant für die Disziplin und das Fortkommen bei den RAMONES sehr wichtig. Trotzdem tendiere ich bei der Antwort zu Joey.

Ecki: Ich schließe mich Tommy an. Johnny hat so gut wie keine Songs geschrieben und war zu allem Überfluss auch noch stockkonservativ. Joey war einzigartig mit seiner Aura in der Stimme und auch optisch unverwechselbar. Einer hat ihn mal als größtes lebendes Insekt bezeichnet, das trifft es wohl ganz gut. Ich habe Joey auch mal persönlich getroffen: ein Freak, aber total freundlich.

Nach dem Ende der RAMONES kam heraus, dass die Beziehung zwischen Johnny und Joey nicht einfach gewesen ist und da beinahe 15 Jahre Funkstille herrschte. Beide kommunizierten privat quasi gar nicht mehr miteinander. Raus mit der Sprache: Welcher Hamburg Ramöne hat schon dem anderen die Freundin ausgespannt und wird seitdem mit Nichtachtung gestraft?

Tommy: Bei uns gibt es als Einziges zu beklagen, dass mir Ecki immer mein Bier ausspannt. Aber wenn du in einer Band spielst, musst du pragmatisch sein und teilen können.

Ecki: Ich kann mir solch eine Situation in einer Band nicht vorstellen. Dies funktioniert nur, wenn du die Musik als Arbeit und Routine ansiehst, dann kann man wohl auch über solche privaten Probleme hinwegsehen. Die RAMONES handelten hier wohl nach dem Prinzip „Was privat ist, muss privat bleiben“ und ordneten die privaten Probleme der Band unter.

Wenn man berücksichtigt, dass sich Mitglieder eurer Band erste musikalische Meriten in Bands wie ROTZKOTZ oder DER MODERNE MAN Anfang und Mitte der Achtziger Jahre erworben haben, kann man sich ganz leicht ausrechnen, dass ihr alle ein gutes Stück älter als 25 seid. Wie lange machen es Rücken und Kniegelenke noch mit, Gitarre und Bass in RAMONES-Manier in Kniescheibenhöhe zu bedienen?

Tommy: Die moderne Medizintechnik schreitet schnell voran, wir ziehen das wie gehabt durch, notfalls auch mit neuen Titangelenken. Und Ecki verpassen wir dann noch einen Enterhaken für die schnellen Achtel.

Ecki: Die Devise heißt: „Trainieren und fit bleiben“. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir immer schneller werden. Wenn du live 30 Stücke spielst, davon jeweils drei bis vier am Stück ohne Unterbrechung, dann ist das schon fast Leistungssport. Obwohl ich zugeben muss, dass Johnny seine Gitarre noch ein bisschen tiefer hängen hatte als ich.

Wenn ihr live spielt, was überwiegt im Publikum: Die alten Säcke bei der Ü40-Party, die in Erinnerungen schwelgen, oder die jungen Bengel, die mal schauen wollen, was sie mit den RAMONES so verpasst haben?

Tommy: Zum Erscheinen des neues Albums am 19. Mai gab es in Hamburg ein Konzert, bei dem bestimmt mehr als die Hälfte der Besucher aus unserer Generation stammte und mit Sicherheit zu einem hohen Prozentsatz die RAMONES live gesehen hat. Aber es gab auch einige junge unbekannte Gesichter, die die Band nur aus der Retorte kennen.

Ecki: Wenn wir live spielen, dann haben wir zumeist so geschätzt 60% Original-RAMONES-Songs am Start und 40% eigene Songs. Ich denke, dass wir von der Bühnenpräsenz her den jungen Leuten schon einen recht authentischen Eindruck vermitteln können, wie es früher bei den RAMONES war.

Und tretet ihr live noch mit Langhaarperücken auf, um nicht nur akustisch, sondern auch optisch den totalen RAMONES-Effekt zu erzielen?

Ecki: Also die Perücken kamen 2009 zum letzten Mal zum Einsatz. Ich selbst finde das gut, beim Live-Auftritt das lange Haar vor den Augen wedeln zu haben. Aber das Thema wird in der Band sehr kontrovers diskutiert. Momentan kommt das lange Haar also nicht zum Einsatz, ganz weg sind die Perücken aber noch nicht.

Während sich der musikalische Erfolg der RAMONES immer im überschaubaren Rahmen gehalten hat, so läuft doch das Merchandising-Geschäft heute immer noch auf Hochtouren. Im letzten Jahr gab es sogar RAMONES-T-Shirts bei Tchibo. Wie schätzt ihr die Situation ein?

Tommy: Auf den ersten Blick wirkt das schon ein bisschen befremdlich. Aber es ist irgendwie auch ein Beleg dafür, dass die RAMONES heute vielleicht größer sind als zu ihrer aktiven Zeit. Jeder Rockmusiker, der heute etwas auf sich hält, beruft sich inzwischen auf die RAMONES als Inspirationsquelle.

Ecki: Eigentlich ist es tragisch, dass die Band diese große aktuelle Wertschätzung nicht mehr erleben kann. Ich erwarte, dass die RAMONES bald schon in einem Atemzug mit den BEATLES genannt werden. Mich freut die posthume Anerkennung der Band. Eine posthume Würdigung ist besser als gar keine. Und wenn die RAMONES-Familie heute noch finanziell vom Merchandising profitiert, ist das vertretbar. Und wenn jemand ein RAMONES-T-Shirt trägt, weil er das Logo toll findet, aber keinen Song der Band kennt, dann ist das zwar fragwürdig, man wird dies aber nicht ändern können. Ich freue mich jedenfalls über jeden, der mir mit einem RAMONES-T-Shirt begegnet.

Diese posthume Begeisterung für die RAMONES zeigt sich ja nicht nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in Ländern wie Italien, Finnland oder Japan. Merkt ihr auch etwas von dieser nach wie vor großen internationalen Popularität?

Tommy: Auf jeden Fall, unsere bisherigen Alben haben wir in ca. 25 Länder verkauft, darunter waren Japan, Schottland, England, Polen, Irland, Italien, Schweden, Finnland und sogar Länder in Südamerika.

Die Kölner SUPERNICHTS singen ja: „Ich will nicht so enden wie die ganzen RAMONES“. Wie wollt ihr mal enden?

Ecki: Also, um ehrlich zu sein, so wie die RAMONES will ich auch nicht enden. Joey und Johnny sind doch ziemlich qualvoll gestorben.

Tommy: Besser in Würde alt werden, noch ein paar gute Alben abliefern, einige Grundwerte wie Freundschaft und Musik hochhalten und sich vor allem wie die RAMONES nicht verbiegen lassen.