GET UP KIDS

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Endlich erwachsen?

Dass der große Erfolg der GET UP KIDS kaum noch zu verhindern war, war abzusehen, dafür hatte Something To Write Home About schon gesorgt. Zur Überraschung aller ist der Nachfolger On A Wire nach viel zu langer Wartezeit jedoch erheblich anders ausgefallen als erwartet, was dem Rummel um die Band allerdings keinen Abbruch tat. Eher im Gegenteil. Die Bochumer Zeche war randvoll gefüllt und die einzelnen GET UP KIDS im Vorfeld des Konzerts arg von der Presse in Anspruch genommen. Demnach war es Bassist Rob Pope allein, mit dem wir uns in die gemütliche Cocktailbar zurückziehen konnten, umgeben von allerlei Hochprozentigem. Eine höchst anregende Gesprächsatmosphäre also...


Wie war denn euer Tag heute? Habt ihr ein bisschen was von der Stadt gesehen?


Nein, haben wir nicht. Wir haben heute schon einen Shop-Gig in Wuppertal gespielt, also sind wir erst dorthin gefahren, haben gespielt, dann den ganzen Weg zurück, Soundcheck. Wir hatten also leider nicht sehr viel Zeit, um mal rauszukommen. Der Gig hat allerdings sehr viel Spaß gemacht, wir haben in einem Plattenladen alle Songs zur Abwechslung mal akustisch gespielt. Die Tour läuft bisher überhaupt wirklich super. Das Publikum hier ist großartig, und beim letzten Konzert waren wir bis vier Uhr morgens unterwegs und sehr, sehr betrunken...

Und sicherlich ist es kein Zufall, dass ihr KOUFAX mit auf Tour genommen habt, wo sie doch auf eurem eigenen Label Heroes & Villains sind...

Wir mögen KOUFAX sehr, sie sind eine großartige Band. Wir kennen Rob, den Sänger, schon seit über fünf Jahren. Als wir das erste Mal nach Europa rübergekommen sind, hat er uns begleitet, und wir haben schon in den Staaten die ganze Zeit mit ihnen gespielt.

Wann und warum habt ihr eigentlich Heroes & Villains gegründet?

Wir haben H&V gegründet, als wir bei Vagrant unterschrieben haben. Wir haben es vor allem gemacht, weil zu dem Zeitpunkt, als wir gesignt wurden, noch keine andere Band bei Vagrant unter Vertrag war. Wir wollten die Möglichkeit haben, unseren Freunden bei der Veröffentlichung von Platten zu helfen, und wir wollten einfach ein paar gute Bands auf Vagrant haben. Wir selbst machen nämlich eigentlich gar keine Arbeit für unser Label. Es ist sehr schwer, ein Label zu führen, wenn du auf Tour bist. Wir haben schließlich keine Computer dabei oder telefonieren herum.

Jetzt erklär mir doch mal Folgendes: Something To Write Home About wurde von Doghouse, Vagrant, H&V und schließlich auch noch von Epitaph veröffentlicht. Warum braucht man vier Labels für ein einziges Album?

Ich hab ehrlich keine Ahnung, scheinbar funktioniert das Business so. Aber mal im Ernst, das kam so: Doghouse hat die LP in den USA veröffentlicht, Vagrant die CD. Wir haben unser Label noch mit draufgepackt, aber das war mehr, um zu zeigen: Hier, wir haben ein eigenes Label, denn alles bei H&V wird ja von Vagrant mit erledigt. Ja, und bei Epitaph haben wir nur für Europa unterschrieben, um hier einen besseren Vertrieb zu haben. Jetzt sind wir mittlerweile auf Motor, dazu haben wir in Japan noch ein anderes Label, und hier und da... Ich verstehs auch nicht.

Hatten Epitaph keine Interesse mehr an On A Wire?

Oh, das hatten sie schon, aber wir hatten das Gefühl, dass wir nicht so recht auf dieses Label passen. Hör dir mal On A Wire an und vergleich das mit dem, was die sonst so veröffentlichen. Das passt nicht wirklich zusammen.

Warum habt ihr drei Jahre gebraucht, um einen Nachfolger zu Something... fertigzustellen?

Hauptsächlich, weil wir so unglaublich viel für dieses Album getourt sind. Wir waren ununterbrochen unterwegs, mal mit GREEN DAY, dann mit WEEZER, wir waren hier in Europa, dann in Japan, und irgendwann ist uns aufgefallen, dass wir vielleicht mal ein neues Album aufnehmen sollten. Wir hatten dann auch einfach keine Lust mehr, immer dieselben Songs zu spielen, weil wir das wohl ein bisschen übertrieben haben. Das war vermutlich die Hauptursache dafür, dass es so lang gedauert hat. Wir haben natürlich immer schon neue Songs geschrieben, wenn wir auf Tour waren, wir wussten einfach nur nicht so recht, wann und wie wir sie mal aufnehmen und veröffentlichen konnten. Das hat eindeutig zu lange gedauert, so etwas machen wir nicht noch einmal. Das macht einfach keinen Spaß. Im April werden wir schon wieder neue Songs aufnehmen, die hoffentlich in diesem Jahr noch erscheinen.

Die Tour mit WEEZER war nicht so toll, nach allem, was man so hört, stimmts?

WEEZER sind nicht sehr freundlich, sie habe einfach eine andere Mentalität. Sie sind aus Los Angeles, ihr erstes Album war riesig, sie haben niemals wirklich so eine Tour gespielt, wie wir jetzt. Es war immer schon alles groß. Das war schon irgendwie lächerlich. Wir waren über einen Monat mit ihnen auf Tour, und wir haben uns nie mal zusammengesetzt und miteinander gesprochen. Ich hab sie natürlich jeden Tag gesehen und bin ihnen über den Weg gelaufen, aber sonst... Das war echt merkwürdig. Ich denke, wenn ich einen Monat lang mit jemandem unterwegs bin, dann bin ich doch etwas sozialer. Aber sie sind trotzdem eine gute Band.

Ich habe den Eindruck, dass Bands, nachdem sie ein Album veröffentlicht haben, das besonders erfolgreich oder besonders gelungen war, erst einmal eine Pause einlegen, offenbar einiges überdenken, und dann mit einer Platte kommen, die in eine etwas andere Richtung geht. Was passiert in so einer Phase? Hattet ihr das Gefühl, etwas ändern zu müssen?

Na ja, wir haben uns nicht wirklich vorgenommen, ein anderes Album aufzunehmen, aber als wir die ersten Songs geschrieben haben, wurde uns sehr schnell klar, dass es in eine andere Richtung gehen würde. Wir haben also nicht gesagt, das nächste Album müsse ruhiger werden, sondern wir haben es erst beim Schreiben gemerkt. Es ist einfach passiert. Siehst du, unser Musikgeschmack hat sich auch verändert, und damit die Einflüsse. Ich selbst höre persönlich kaum noch Musik wie auf Something..., sondern kaufe ständig völlig andere Platten und versuche, Inspirationen daraus zu ziehen. Ich bin jetzt 24, und viele der Songs auf Something... wurden geschrieben, als ich 19 war. Eine Menge Dinge passieren in fünf Jahren. Ich denke, das ist sowieso ein ganz natürlicher Prozess, schau dir nur mal die BEATLES an. Sie haben mit Twist and Shout angefangen und sich innerhalb von nur acht Jahren extrem weiterentwickelt. Ich glaube, Bands, die so etwas durchmachen, werden einfach bessere Künstler. RADIOHEAD zum Beispiel schreiben Songs, die manche nicht einmal als Songs bezeichnen würden. Wenn wir das gleiche Album noch einmal herausgebracht hätten, wäre das für uns selbst sehr langweilig gewesen, das hätte keinen Spaß gemacht.

Hat sich der Songwriting-Prozess demnach auch verändert?

Auf jeden Fall! Auf diesem Album war es mehr ein kollektives Songwriting, jeder von uns hat sich diesmal eingebracht. Auf Something... waren es hauptsächlich Matts Songs und ein paar von Jim. Diesmal haben wir alle den Song eher zusammen geschrieben, anstatt dass jemand mit einem fertigen Song in den Proberaum kam und die anderen nur ihren Part dazu ausgearbeitet haben. Das Songwriting hat sich also definitiv verändert.

Du sagtest gerade, eine Menge Dinge passieren in fünf Jahren. Seid ihr sowohl musikalisch, als auch anderweitig erwachsen geworden?

Ich glaube schon. Ich bin nun Musiker von Beruf, bestreite meinen Lebensunterhalt damit. Das ist einfach großartig. Ich möchte aber auch richtig gut auf meinem Instrument sein, und ich denke, jeder in der Band versucht, ein besserer Musiker zu werden. Wir spielen unsere Instrumente definitiv anders als damals, als wir noch 19 waren. Außerdem denken wir über verschiedene Dinge jetzt mehr nach. Keine Ahnung, ob das nun gut oder schlecht ist.

Wenn ihr doch jetzt erwachsener seid, passt da der Name GET UP KIDS überhaupt noch zu euch?

Haha, das fragt uns jetzt jeder. Aber das können wir definitiv bestätigen. Wir verweisen dann immer auf SONIC YOUTH. Die Leute sind mittlerweile 45, oder so was, und heißen immer noch so.

Wie ist denn On A Wire allgemein angenommen worden? Ich habe da sehr zwiespältige Meinungen gehört.

Das ist so ein Album, das die Leute entweder lieben, oder hassen. Aber das ist schon okay so. Es ist wie mit meinen eigenen Lieblingsplatten, die ich wirklich liebe, die andere jedoch total hassen. Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die On A Wire zuerst überhaupt nicht gut fanden, aber dann haben sie es sich noch ein paar mal angehört, und nun ist es für sie unser bestes Album.

Aber On A Wire nimmt euch aus der Emo-Liga heraus, oder?

Das denke ich auch, aber das ist egal. Als wir angefangen haben, gab es so was wie Emo überhaupt noch nicht, und wir haben uns selbst überhaupt nie als Emoband verstanden. Wir sind einfach fünf Jungs, die Musik machen. Die Leute können uns bezeichnen, wie sie wollen, meinetwegen sind wir eine Skaband, oder Heavy Metal... Emo-Metal, Emo-Rap, das ist es. Unser nächstes Album wird bestimmt ein Emo-Rap-Album.

Ich sage das ja nur, weil ich das erste Mal von Emo im Zusammenhang mit eurem Something To Write Home About-Album gehört habe.

Haha, da siehst dus. Wir haben das ganze Ding angefangen! Wir waren die ersten überhaupt!

Wo siehst du die GET UP KIDS denn in weiteren fünf Jahren?

Sagte ich doch: Emo-Rap! Haha! Nein, im Ernst, ich habe keine Ahnung, das will ich auch jetzt noch nicht sagen. Wir haben uns Zuhause ein Aufnahmestudio eingerichtet und können ein bisschen ausprobieren. Wir schreiben, wie gesagt, schon Songs für das nächste Album, und das wird wohl etwas lauter, aber wo wir in fünf Jahren sind, keine Ahnung. Hoffentlich sind wir dann immer noch gut dabei.