REGIERUNG

Raus

Vor zwei Jahren erschien bei play loud! eine Vinyl-Neuauflage von „Supermüll“, dem ersten Album der Essener Band DIE REGIERUNG von 1984, ergänzt um ein Tribute-Album, auf dem unter anderem DIE STERNE, Doc Schoko und Dirk von Lowtzow diesem vergessenen Meilenstein des deutschsprachigen Indierock huldigten.

Die Musikgeschichte ist bekanntlich geprägt von Verklärung und posthumer Heiligsprechung, wobei bereits 1990 Michael Ruff in der Spex „Supermüll“ als die beste deutsche Platte der Achtziger bezeichnete.

Das beeindruckte Frontmann Tilman Rossmy offenbar so, dass er DIE REGIERUNG nach sechs Jahren neu formierte. Das zweite, inzwischen extrem schwer aufzutreibende Album „So allein“ erschien dann 1990 auf Alfred Hilsbergs Label Scratch’n’Sniff, wurde aber ein kommerzieller Flop.

Der erhoffte Erfolg stellte sich erst ein, als DIE REGIERUNG 1992 nach Hamburg umzog und die nächsten beiden Platten „So drauf“ (1992) und „Unten“ (1994) bei L’Age d’Or veröffentlichte, weshalb die Band auch heutzutage mit der Hamburger Schule in Verbindung gebracht wird.

Als gebürtiger Essener ist meine Erinnerung an DIE REGIERUNG inzwischen etwas verschwommen, aber alleine der Name war schon die pure Anmaßung, und auch das Auftreten der Band wirkte unangenehm arrogant, ganz zu schweigen von Rossmys komisch nuscheligem Gesang.

Die Songs ihres Debüts „Supermüll“ waren sicherlich nicht selbiges, aber alles andere als virtuos und wohl mehr mit Punk verwandt, als man es damals wahrhaben wollte. Musikalisch interessanter waren da fast die Urversionen der „Supermüll“-Songs, die Rossmy zwei Jahre zuvor im Alleingang mit Rhythmusmaschine und Synthesizer eingespielt und als Kassetten-Demo veröffentlicht hatte.

Neben der Neuauflage von „Supermüll“ erschien 2015 bei play loud! der Mitschnitt eines DIE REGIERUNG-Konzerts von 1994. Das Jahr 1994 markierte auch gleichzeitig den Höhe- und Endpunkt der Band, die danach nicht mehr auftrat oder Platten aufnahm, nur Rossmy war im Anschluss weiterhin musikalisch aktiv.

Dieser Live-Mitschnitt dokumentiert anschaulich, wie gut die Band damals war und wie sehr sie sich weiterentwickelt hatte. Und es war auch ein Konzert (anlässlich der Wiederveröffentlichung von „Supermüll“ 2015), das dazu geführt hat, dass es DIE REGIERUNG nahezu in Originalbesetzung wieder gibt, und sie jetzt auch ein neues Album aufgenommen haben.

Darauf spielt die Band wieder souverän lässig ihren charmant schrammeligen folkigen und poppigen Indierock, unbeeindruckt vom Zeitgeist, während sich Rossmy ein weiteres Mal als brillanter Songwriter erweist, der wie kaum ein anderer in Deutschland völlig unpeinlich seine persönliche Gefühlswelt über diese herrlich unprätentiösen, gutgelaunten Songs transportieren kann und auch das eigene Scheitern thematisiert.