TSCHAIKOWSKY – GENIE UND WAHNSINN

Ende letzten Jahres verstarb relativ unbemerkt Ken Russell, ohne dass es gleich Nachrufe hagelte. Möglicherweise war der britische Regie-Exzentriker nie richtig im Mainstream angekommen, zumal sein letzter Kinofilm 1990 entstand und er seitdem nur noch Fernsehfilme gedreht hatte.

Russells Hochzeit ist wohl vor allem in den Sechzigern, Siebzigern und Achtzigern anzusiedeln. 1970 entstand sein mit Abstand herausragendstes Werk DIE TEUFEL, das der scheinheilige Rechteinhaber Warner jahrelang wegen seiner provokanten Inhalts unter Verschluss hielt und das im März diesen Jahres in England auf DVD erscheinen wird.

Eine von Kompromissen überschattete Veröffentlichung, denn es handelt sich dabei nicht um die 2004 restaurierte Version, sondern nur um die bisherige britische Kinofassung. 1970 Jahr entstand auch Russells nicht minder provokantes Musikerporträt TSCHAIKOWSKY (THE MUSIC LOVERS, gefolgt von MAHLER und LISZTOMANIA) mit Richard Chamberlain als Peter Tschaikowski.

Das Lexikon des internationalen Films schrieb damals, die Inszenierung sei ein „mit so manchen Geschmacklosigkeiten“ angereicherter „bombastischer Bilderschwulst“, der sich weitgehend auf die „Darstellung von Tschaikowskis Homosexualität und seiner aus diesem Grund scheiternden Ehe“ beschränke.

Auf jeden Fall muss man TSCHAIKOWSKY einen sehr eigenwilligen Umgang mit den historischen Fakten attestieren, dafür bricht dank Kameramann Douglas Slocombe (TANZ DER VAMPIRE) aber eine mitreißende wie verstörende Bilderflut aus wilden Rückblenden und surrealen Momenten über den Zuschauer herein, unterlegt von Tschaikowski mächtiger Musik.

Eines der Schlüsselwerke in Russells Schaffen, das Mitte Februar in guter Qualität das erste Mal in Deutschland auf DVD erscheint.