25 Jahre später: EA80

Foto© by Archiv

Schweinegott (LP, Self-Released, 1998)

Zwischen 1983 und 1992 haben EA80 sechs Alben veröffentlicht, mit denen sie ihr eigenes Feld des düster-melancholischen Punkrock abgesteckt hatten. Und wenn Sänger Junge davon sang, „die Pausen deiner Sätze auf Bänder“ aufzunehmen, war das denkbar weit von bekannten Deutschpunk-Klischees entfernt. Aber es saß und sie schufen sich damit ihre eigene Schublade, ihre eigene Kategorie. Album Nummer sieben, „Grüner Apfel“, war 1995 dann wie ein Gipfel, eine Zusammenfassung des bisherigen Schaffens, das Songwriting auf einem Höhepunkt. Keine Band schafft es bis heute, so kunstvoll an der Pathosfalle vorbeizuschrammen und Lieder zu schreiben, die poetisch aufgeladene Texte so elegant mit Punk-Energie zu kreuzen. Hier passt alles: die kurzen Stücke auf dem Punkt, die langen elegisch wie noch nie. Doch wie danach weitermachen? EA80 erfanden sich mit dem drei Jahre später erschienenen „Schweinegott“ sicher nicht neu, aber sie richteten sich in ihrem Universum so neu aus, dass sie nicht Gefahr liefen, sich selbst zu kopieren. Die Opener „Berge“ oder auch „Hausapotheke“ – die Vinylversion lässt offen, welche die eigentliche A-Seite war – zeigen gleich, was Sache ist. EA80 sind wütend, der Sound gallig. Durch die ganze Platte zieht sich eine Gereiztheit oder Angepisstheit, die man zuvor nicht so bestimmend hat hören können. Auffällig dabei die Produktion, die viel direkter als zuvor auf die Hörerschaft zuzuspringen scheint: die Drums präsenter, Gitarren und Bass verzerrter und Junges Gesang so weit vorne wie nie. Als hätte die Band direkt an der garagigen Produktion der DELTA KOPINSKI-Single vom Jahr zuvor anschließen wollen. Die Songs gehen damit Hand in Hand. Die Band poltert, einige Stücke wie „Sofakissen“ oder „Die längsten Minuten“ gehen derart scheppernd nach vorne, sie rocken, wie man es von EA80 vorher so noch nicht kannte. Und Junge steht unter Anspannung, bleibt nur selten beim erzählenden Singen und steigert sich mehrfach ins Schreien, man höre nur das sich beinahe überschlagende „HC/HC“ (quasi das Schwesterstück zu „mono“ von BOXHAMSTERS). Man möchte sich fast Sorgen machen um ihn oder wer die Texte hier schrieb, wenn es heißt: „Ich hab mich schon längst aufgegeben / Und will schon lang nicht mehr“ („Schweinegott“) oder „Der Tod ist ein willkommener Gast“ („Gast“). Aber beim abschließenden „Keeney“ schlägt doch wieder einen Ton an („Und wenn ich gehe / Bleibt ein Teil von mir bei dir / Geht ein Teil von dir mit mir“), zwischen dessen Zeilen doch noch etwas Licht funkelt. So rauh, intensiv und dicht war bis dahin kein Album der Mönchengladbacher.