GATUPLAN

Foto© by Diego Aldabaldetrecu

Der Kampf geht weiter!

Inge Johansson hat schon in unzähligen schwedischen Bands wie KNUGEN FALLER, TOTALT JÄVLA MÖRKER oder ALONZO & FAS 3 gespielt. Weltweite Bekanntheit erlangte er als Bassist von THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY, REFUSED oder AGAINST ME!. Der prägende Songwriter war er in all diesen Bands aber nie. Das soll sich mit seinem neuen Projekt GATUPLAN ändern. Das Sextett spielt ausschließlich Songs, die auf seinem Mist gewachsen sind, und zwar genau so, wie er das will. Und das klingt ziemlich gut. Inge Johansson erklärt uns, was ihn angetrieben hat.

Ist GATUPLAN eigentlich eine reguläre Band oder ein Soloprojekt, für das du dir die passenden Musiker gesucht hast?

Die Songs waren alle schon fertig, als ich mich auf die Suche nach den passenden Musikern gemacht habe. Das sind alles gute Freunde von mir, zum Beispiel von NO FUN AT ALL oder von DE LYCKLIGA KOMPISARNA. Ich habe der Band also das fertige Album präsentiert und gefragt, ob sie Lust darauf haben. Nachdem alle bei den Aufnahmen ihre ganz persönliche Magie beigesteuert haben, sind die Songs natürlich noch gewachsen. Also ja, es ist mein Soloprojekt. Ich dachte einfach, Inge Johansson ist kein so toller Bandname, deshalb heißen wir jetzt GATUPLAN.

Hat die Gründung deines ersten Soloprojekts auch mit der Corona-Pandemie zu tun?
Überhaupt nicht. Als ich vor drei Jahren AGAINST ME! verlassen habe, hatte ich plötzlich jede Menge freie Zeit, daran musste ich mich erst mal gewöhnen. Ich habe schon immer gerne getextet und auch musikalisch hatte ich bestimmte Vorlieben, und denen wollte ich einfach Raum geben. Völlig ohne Zeitdruck. Ich habe auch keinerlei Ambitionen mit diesem Projekt. Die Songs sind einfach aus einem kreativen Flow entstanden.

Hast du bereits Songs für all die anderen Bands geschrieben, in denen du bisher gespielt hast?
Bei THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY haben wir wie eine Jam-Band gearbeitet. Wir sind das Songwriting also immer gemeinsam angegangen. Manchmal hat das besser funktioniert, manchmal schlechter. Es war uns nicht so wichtig, wer im Detail welche Idee hatte. Da bin ich immer als vierter oder fünfter Songwriter in den Credits aufgeführt. Bei meiner alten Band TOTALT JÄVLA MÖRKER habe ich auch einiges beigetragen. Da sind ein paar in der Band mit Ideen angekommen, die dann mit allen umgesetzt wurden. Bei AGAINST ME! war es so, dass Laura mit fertigen Songs kam. Wir haben die im Studio eigentlich nur noch gemeinsam arrangiert. Ich habe also immer wieder meinen Beitrag geleistet, aber ein komplettes Album habe ich noch nie allein geschrieben.

Du hast es „Kampen Går Vidare!“ genannt, das heißt übersetzt: Der Kampf geht weiter! In Deutschland ist das ein sehr bekannter Politslogan. TON STEINE SCHERBEN haben zum Beispiel einen Song, der so heißt. Warum hast du das als Albumtitel gewählt?
Die letzten 25 Jahre habe ich in lauten, meist politischen Punkbands verbracht. Dafür habe ich mein bisheriges Leben verschwendet, haha. Der Albumtitel sollte das Feeling von allen Songs auf den Punkt bringen. Für mich ist GATUPLAN eine Art logische Weiterentwicklung der Bands, in denen ich bisher gespielt habe. Die Texte sind sehr politisch, aber auch sehr persönlich. Ich denke, es gibt immer noch jede Menge Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnt. Wenn es nicht so wäre, würde einiges gewaltig schieflaufen, finde ich. Egal ob es der Kampf gegen die Klimakatastrophe, für mehr soziale Gerechtigkeit, die gerechtere Verteilung von Wohlstand oder einfach nur die Liebe ist. Es gibt immer etwas, wofür man kämpfen muss. Deshalb habe ich das Album „Kampen Går Vidare!“ getauft.

Du hast einige Songs wie „Skandinistas“ oder „Min revolution“ geschrieben, die revolutionäres Potenzial andeuten. Hat GATUPLAN ein ähnliches Revoluzzer-Konzept wie THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY?
Die Inhalte von GATUPLAN sind ein bisschen persönlicher. Aber sie kommen aus der gleichen Perspektive und einer vergleichbaren Sicht auf die Welt, wie bei THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY. Ich bin immer noch politisch sehr weit links angesiedelt und natürlich habe ich auch dieser Band meine Attitüde eingehaucht. Ich denke, es kann gar nicht genug Politik in der Musik stecken. Aber es kann natürlich sein, dass dadurch andere Dinge zu kurz kommen. Deshalb habe ich auch Texte über Liebe, Freundschaft oder Reisen geschrieben. Einige Leute in Schweden haben mich schon dafür kritisiert, dass meine Texte zu schlicht wären. Fast wie Kindergartenlieder. Aber indem ich Schlagworte wie Revolution, Faschismus oder Polizei verwende, erreiche ich, dass jeder auf der Welt versteht, worum es mir geht. Obwohl die Texte ausschließlich auf Schwedisch sind.

Warum hast du dich entschieden, schwedische Texte zu verwenden?
Ich hätte natürlich auch auf Englisch texten können, aber ich hatte keine Lust darauf. Ich habe schon in einigen schwedischen Punkbands gespielt, die sich in ihrer Muttersprache ausgedrückt haben. Das gibt es in meiner Welt also schon immer. Ich finde es ziemlich punkig, Punkrock in meiner Muttersprache zu machen. Das kenne ich von RATOS DE PORÃO aus Brasilien oder DIE TOTEN HOSEN aus Deutschland. In Frankreich gibt es Bands wie MANO NEGRA, die auf Französisch oder Spanisch singen. Für eine Punkband ist die Verwendung der Muttersprache also nichts Ungewöhnliches.

Hattest du ein musikalisches Konzept für GATUPLAN? Eine Vision, wie die Band klingen sollte?
Ich wollte eine Punkband mit den Emotionen und Melodien der RAMONES, der Attitüde und der direkten Art von RANCID und die Ska- und 2Tone-Rhythmen von Bands wie bei THE SPECIALS. Und ich flirte auch ein bisschen mit der britischen Grime-Szene, wo die Leute viel zu Pop oder elektronischer Musik rappen. Da gibt es definitiv Einflüsse. Mein Konzept war also schon ziemlich festgelegt. Deshalb wollte ich keine neue Band gründen, sondern genau diesen Plan umsetzen. Als ich die Musiker für das Projekt gesucht habe, war also schon alles fix und fertig. Und ich fragte alle nur: Das ist, was ich machen will. Hast du Lust dabei zu sein? Deshalb habe ich Leute in meinem Freundeskreis gesucht, die das Projekt mit mir schnell umsetzen können und Spaß daran haben. Ich finde, man hört es den Aufnahmen auch an, dass die Chemie zwischen den Musikern gestimmt hat.

Wie lange und wo habt ihr aufgenommen?
Wir haben dafür nicht einmal zwei Wochen gebraucht. Ich habe alle Vocals in Umeå aufgenommen und die Musik haben wir dann in Stockholm eingespielt, in einem ganz kleinen Studio namens The Dustward. Das wird von einem coolen Typen namens Stefan Brändström betrieben, den kennt man vielleicht von seiner Punkband HENRY FIAT’S OPEN SORE. Für GATUPLAN war er meine erste Wahl, weil er genau weiß, worauf es bei meiner Musik ankommt. Ich wusste ja schon ziemlich genau, wie es klingen soll, ich wusste nur nicht, welche Knöpfe ich dafür drücken muss. Er konnte meine Vorstellungen perfekt umsetzen.

Gibt es auch ein visuelles Konzept? Etwa Uniformen auf der Bühne?
Die meisten Bands, in denen ich gespielt habe, hatten so was. Mit GATUPLAN habe ich mich noch nicht festgelegt. Ich habe mich immer sehr wohl damit gefühlt, dass wir Teamplayer sind und auch so aussehen. Außerdem finde ich, dass es deine Pflicht als Musiker ist, auf der Bühne interessant auszusehen. Ich hasse all diese Shoegazer- und Grunge-Bands. Ich bevorzuge einen scharfen Look auf der Bühne. Der kann auch ganz simpel und schlicht sein. Aber es ist einfach wichtig, dass man sich auf der Bühne in Nebel hüllt.

Du hast auch einen Song über Dee Dee Ramone gemacht. Du siehst ja auch ein bisschen so aus wie er. Hat er eine besondere Bedeutung für dich?
Das nehme ich jetzt mal als Kompliment, denn er ist meine Stilikone. Ich mag die RAMONES besonders, weil ihre Karriere meiner ähnelt. Sie hatten keine großen Radiohits. Außerdem hatten sie ein Konzept, an dem sie die ganze Zeit festgehalten haben. Weil sie nicht so viele Platten verkauft haben, sind sie immer auf Tour gewesen. So ist es mir auch ergangen. Ich war nie Teil eines Megaseller-Acts, aber die Live-Show war immer gut. Und wenn du so lebst, macht dich das einfach zu einem Ramone. Gäbe es in einem Lexikon einen Eintrag „Rockstar“, dann fände man dort wahrscheinlich ein Bild von Dee Dee. Er kämpfte natürlich auch mit unzähligen Dämonen, aber er hat uns gezeigt, dass es erlaubt ist, nicht perfekt zu sein. Er hatte auch viele schlechte Seiten und die hat er nicht versteckt. Das finde ich auf eine gewisse Art romantisch.