MOMS DEMAND ACTION

Foto© by Joeren Gloe

Zwischen Saurierquartett und Orgel

Trotz personeller Überschneidungen mit anderen norddeutschen Bands sind MOMS DEMAND ACTION ein Geheimtipp geblieben. Dabei gehört ihr zweites Album „Vantablack“ mit zum Besten aus der Region.

Worin unterscheidet sich für euch die neue Platte von der ersten?

JoyBoy: Erstens haben wir bei allem mehr Zeit und Mühe investiert, vom Songwriting über die Auswahl der Stücke bis hin zu Aufnahme und Mix. Zweitens sind Tim am Schlagzeug und Stefan am Bass dazugekommen. Stefan hat direkt einige meiner Lieblingsriffs auf der Platte beigesteuert, etwa die Einstiege bei „Disco is halal“ und „The disassembly of an ego“. Drittens hatten wir ein viel besseres Gefühl dafür, wo die Stärken dieser Bandkonstellation liegen, wie also ein Song von MOMS DEMAND ACTION ungefähr klingen kann und wie besser nicht. Auf der ersten Platte wurden teilweise einfach wild alte Ideen recycelt, die ich noch für andere Bands geschrieben hatte, und die Band kam erst während oder sogar nach der Aufnahme zusammen, das passte rückblickend noch nicht überall so richtig.

Wie seid ihr auf einen Song wie „Moschops“ gekommen?
JoyBoy: Die Idee zum Text ist ungefähr 15 Jahre alt. Ich und Stefan spielten damals in einer Band namens DISTURBERS und wir verbrachten einen Großteil der Autofahrten mit dem Spielen eines Saurierquartetts. „Moschops“ entwickelte sich damals schnell zu meiner Lieblingskarte, weil der Name irgendwie nach einem streng riechenden Gebilde klang und das Wesen selbst allen späteren wissenschaftlichen Rekonstruktionen zu Folge auch nicht unbedingt actionfilmtauglich oder besonders intelligent aussah. Ich stellte mir vor, dass sich das Moschops zu Lebzeiten in Unkenntnis der weiteren Weltgeschichte dennoch für so etwas wie die Krone der Schöpfung gehalten hat, so wie wir es möglicherweise auch tun. Die Musik ist ein Versuch, etwas in Richtung früher Pop-Punk zu machen – also REZILLOS, B-52’S, GENERATION X etc. Dazu schien mir das Thema dann endlich irgendwie zu passen.

In „The disassembly of an ego“ geht’s um kritisches Hinterfragen der eigenen toxischen Maskulinität. Was gab bei euch den Anstoß, euch damit zu beschäftigen?
Macko: Bei mir ist das in erster Linie ganz klar auf die Care-Arbeit einer ganz besonderen Person zurückzuführen. Die es mit ihrer schier endlosen Geduld und Ausdauer geschafft hat, mich endlich zum ernsthaften Zuhören und mich selbst reflektieren zu bewegen. Ich wünschte, ich hätte diesen Schritt selbst geschafft, denn das hätte vieles an Leid und Tränen gespart. Doch ich bin unendlich dankbar für ihre Mühe und werde wahrscheinlich für den Rest meines Lebens davon zehren. Wenn wir Cis-Menners es endlich hinbekommen, Kritik an uns und unserem Verhalten nicht als Angriff, sondern als Bereicherung wahrzunehmen, und auch ernsthaft zuzuhören und an uns zu arbeiten, uns unserer Privilegien bewusst zu werden, dann können wir eine ernstzunehmende Basis schaffen, auf der wir ein gleichberechtigtes und somit viel schöneres Zusammenleben aufbauen können.

Ihr seid ja alle bereits in diversen anderen Konstellationen musikalisch aktiv gewesen ...
JoyBoy: Ich, Stefan und Macko haben früher bei POWER gespielt, die ziemlich Gitarren- und Drum-lastig waren. Diese aggressive, schnelle Musik macht natürlich sehr viel Spaß, aber kreativ fühlte sich das in meinem Fall irgendwann sehr unbefriedigend an, weil es dazu verführt, mit jedem Anlauf die gleichen Extreme anzuvisieren, die man auf seinem Spiellevel irgendwann auch einfach nicht mehr toppen kann. Wenn man dagegen den Fokus mehr auf vielfältiges Songwriting legt, ist es theoretisch immer möglich, dass der nächste Song besser ist als alles, was man davor geschrieben hat. Außerdem hatten wir Bock auf etwas einprägsame Harmonien und ausgefeiltere Grooves und ich wollte Mackos Gesangsperformance mehr Raum geben. Das bedeutete auch, dass Stefan nicht mehr so wild trommeln, sondern nur noch Bass spielen durfte. Tim hingegen kommt eher aus so einer gemäßigten Feuerwehrkapellen- und Oi!-Punk-Schule. Und mein Masterplan hinter der Orgel ist, einerseits die stilistischen Möglichkeiten zu erweitern, mich aber andererseits auch zu etwas ungewöhnlichen Entscheidungen im Songwriting zu zwingen, da ich nicht Gitarre und Orgel gleichzeitig spielen kann.