PIGHOUNDS

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Die kleenen Punker aus Dortmund

Dass THE PIGHOUNDS nur zu zweit sind, hört man kaum. Ihr Debütalbum „Hilleboom“ bietet elf knackige Tracks zwischen Grunge, Alternative Rock und Noise. Immer schön schrammelig und fuzzy, aber auch voller liebreizender Melodien. Wie ein Feuerfisch, schön und gefährlich zugleich. Sie kommen aus Dortmund und sind gut mit DAILY THOMPSON befreundet. Mit ihrem Sound passen die beiden Westfalen aber auch perfekt zu anderen Noisolution-Bands wie THE PICTUREBOOKS, HATHORS oder HODJA. Wie sie sich als Duo selbstständig gemacht haben, erzählten uns Peter Bering (gt) und Alessandro De Luca (dr).

Wie seid ihr darauf gekommen, zu zweit loszulegen? Gibt es Duos, die euch inspiriert haben?

Sandro: Die Idee hatten wir schon Ende 2013, bevor wir unsere Vorgängerband FITCHES gegründet haben. Damals habe ich Peter einfach angesprochen, ob wir das mal ausprobieren wollen.
Peter: Ich hatte aber noch einen Bassisten aus meiner vorherigen Band und einen Sänger, den ich total cool fand, deshalb ging es erst mal zu viert weiter. Damals habe ich mich noch nicht getraut, als Duo auf die Bühne zu gehen. Mit FITCHES haben wir dann so viele Konzerte gespielt, dass ich mich immer sicherer gefühlt habe. Als sich die Band dann leider aufgelöst hat, war ich sofort dabei.

Was ist der große Unterschied bei einem Duo im Vergleich zum Quartett? Vor allem für dich als Gitarrist?
Peter: In einer Viererbesetzung kann man sich auch mal verstecken. Da macht der Sänger die Show. Bei FITCHES konnte ich überall herumspringen und war nicht ans Mikro gebunden. Das ist für mich der größte Unterschied. Im Trio kannst du immer noch ein Solo spielen, wenn Bass und Schlagzeug weiter grooven. Das ist bei einem Duo deutlich schwieriger. Ich musste meine Körpersprache komplett umstellen. Man will auf der Bühne ausflippen, hängt aber immer am Mikro. Ein Headset war für mich trotzdem nie ein Thema. Also war Umdenken gefragt.
Sandro: Auch die Songstruktur ist anders. Mit FITCHES hatten wir viel mehr Instrumentalteile, unser Sound ging mehr in eine Stoner-Richtung. Jetzt haben wir Songs von zweieinhalb oder drei Minuten Länge. Da bleiben für Peter kaum Verschnaufpausen. Auf der Bühne ist ein bisschen weniger Bewegung. Aber wir geben unser Bestes, dass es nicht zu langweilig wird, haha.
Peter: Wir orientieren uns an Bands wie SLAVES. Wir finden zwar auch THE BLACK KEYS oder THE WHITE STRIPES cool, aber wir sind nicht so bluesig und gemächlich unterwegs. Wir halten es als kleine Punker einfach nicht aus, unser Tempo dauerhaft zu drosseln.

Kommt ihr aus der Dortmunder Punk-Szene?
Sandro: Ich habe eher mit Metal angefangen, was sich dann zum Grindcore weiterentwickelt hat. Irgendwann haben wir uns künstlerisch aufeinander zubewegt. Wir kennen uns schon seit zwanzig Jahren, hatten es aber noch nie geschafft, gemeinsam Musik zu machen. Unsere erste Band FITCHES war die Kombination aus der härteren Musik, die ich bislang gemacht habe, und dem Sound, den Peter vorher gemacht hat.
Peter: Meine ersten Platten waren von GREEN DAY oder THE OFFSPRING. Ich war also schon immer Punk-affin, laufe aber nicht erkennbar als Punker herum.

Woher kommt der Grunge in eurem Sound? Seid ihr Kinder der Neunziger?
Peter: Ich bin 1984 geboren und habe noch die Ausläufer von Grunge mitbekommen. Vor allem durch Kumpels in der Schule. Deren große Brüder haben uns immer mit Mixtapes versorgt, mit Bands wie ALICE IN CHAINS, PEARL JAM, NIRVANA oder SUBLIME. Dadurch bin ich in diese Rock-Schiene reingerutscht. Ich würde mich also schon als krasses Neunziger-Kind bezeichnen.
Sandro: Ich habe den Hype um die Musik aus Seattle nur am Rande mitbekommen. Die ersten drei Bands, die ich intensiv gehört habe, waren NIRVANA, SLIPKNOT und MARILYN MANSON. Das waren die ersten Platten, die ich mir selbst gekauft habe. Das war meine Basis, aus der sich alles entwickelt hat.

Worum geht es in euren Songs? Mein Favorit ist „Love yourself“. Der Song hat eine tolle Hook.
Peter: „Love yourself“ war ursprünglich ein völliger Nonsense-Song. In den ersten Textversionen ging es um Selbstbefriedigung. Der endgültige Text ist dann erst bei den Aufnahmen entstanden. Am Anfang gab es nur das Riff, darauf haben wir den Song aufgebaut. Am Ende geht es jetzt um eine Trennung, wenn eine Frau zu dir sagt: Du musst dich erst einmal selbst lieben, bevor dich jemand lieben kann.
Sandro: Es geht aber auch darum, dass man nicht immer anderen gefallen muss. Das ist ja das große Thema in den sozialen Netzwerken. Dieser Zusammenhang in der Strophe ist wirklich spontan im kreativen Prozess entstanden. Es ist übrigens auch der erste Song, bei dem ich singe.

In „Tree pee“ geht es darum, wie es ist, an einen Baum zu pinkeln ...?
Peter: Genau. Wir haben uns vorgestellt, was passieren könnte, wenn man nachts an einen Baum pinkelt. Da haben wir einfach herumgesponnen. Dazu soll es auch ein witziges Animationsvideo geben, nur so können wir darstellen, was wir uns da gedacht haben.
Sandro: Meine Vorstellung war, dass plötzlich ein riesiges Monster auftaucht und die ganze Stadt verschlingt. Selbst ist man teilnahmslos und beobachtet das ganze Geschehen. Eine andere Idee war, dass sich vor unseren Augen ein Frosch in einen Schmetterling verwandelt.

Das klingt, als ob ihr bewusstseinserweiternde Substanzen beim Songwriting verwendet habt.
Sandro: Klar, das sind typische Gedanken, die einem kommen, wenn man Gras geraucht hat. Es macht vielleicht keinen Sinn, aber wir erzählen Geschichten, die gerade in unseren Köpfen aufgeploppt sind.
Peter: Wir haben unendlich viele Zeilen zu diesem Song geschrieben und haben am Ende völlig zusammenhanglose Ereignisse miteinander verknüpft.

Aufgenommen habt ihr „Hilleboom“ auf einem alten Bauernhof in Hille im Raum Detmold. Was ist das für ein Hof und wie lief das?
Peter: Dieser Bauernhof gehört Tina und Dirk, zwei guten Freunden von uns. Die beiden haben wir damals mit FITCHES kennen gelernt. Sie fanden unsere Musik richtig gut und sind immer etliche Kilometer gefahren, um uns live zu sehen. Wenn wir in der Nähe waren, haben wir die beiden immer wieder besucht und dort übernachtet. Uns hat es super gefallen, für uns ist das ein Ort der Erholung. Da kann man seine Batterien wieder aufladen. Irgendwann haben wir dort ein Konzert gespielt und Peter hat der Sound in diesem Raum so gut gefallen, dass die Idee entstanden ist, dort unser Album aufzunehmen.
Peter: Wir durften fünf Tage lang die komplette Scheune für unsere Zwecke nutzen und wir konnten ungestört bis spät in die Nacht Lärm machen. Das war wie Urlaub auf dem Bauernhof für uns. Wir sind aufgestanden, wann wir wollten, und haben in einem Riesengarten zwischen Hunden, Katzen und Hühnern gefrühstückt. Es war einfach die beste Atmosphäre, die man sich nur wünschen kann. Das hatte voll den Hippie-Spirit dort.

Wie hat das technisch funktioniert? Habt ihr selbst mobiles Aufnahme-Equipment mitgebracht?
Peter: Wir waren tatsächlich nur zu zweit. Es war ja auch mitten in der Corona-Pandemie. Ich habe mir über die Jahre einiges an Equipment angeschafft und dadurch sind wir bestens versorgt und können uns selbst aufnehmen. Hier in Dortmund nehme ich auch ab und zu mal andere Bands auf. Demnächst will ich zum Beispiel eine Session mit DAILY THOMPSON machen. Das sind alte Freunde von uns, die ihren Proberaum nur ein paar Minuten von uns entfernt haben.

DAILY THOMPSON sind ja wie ihr bei Noisolution. Wie seid ihr dort gelandet? Ich habe gehört, da hat auch Fußball eine Rolle gespielt.
Sandro: Ich bin in einer Fußball-Familie aufgewachsen und war mit drei Jahren zum ersten Mal im Stadion. Anfang 2000 hatte ich das Glück, eine Dauerkarte für den BVB zu ergattern, und neben mit sitzt immer Daniel Bunk, der beim Visions für Marketing zuständig ist. Dem habe ich irgendwann unsere erste EP zugesteckt und der hat sich dann mal für uns umgehört. So sind wir irgendwann bei Arne von Noisolution gelandet.

Und jetzt die Masterfrage: Euer Labelchef ist glühender Bayern-Fan, ihr kommt aus Dortmund. Wie kann das gehen?
Sandro: Gleich im zweiten Satz von unserem ersten Telefonat ging es um Fußball, haha. So ungefähr: Eure Musik gefällt mir ganz gut, aber ihr seid Dortmunder. Das ist eher scheiße. Haha! Ich war schon 2008 mit Daniel beim Pokalfinale Dortmund gegen Bayern in Berlin und da habe ich Arne nach dem Bayern-Sieg zum ersten Mal gesehen. Damals kannte ich ihn aber noch nicht. Das hat sich aber erst im Laufe der Kontaktaufnahme herausgestellt.