SOULSIDE

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We should talk more

Dreißig Jahre nach „Hot Bodi-Gram“, ihrem Postcore-Punk-Meisterwerk, hat die in Washington D.C. verwurzelte Band SOULSIDE im November 2022 mit „A Brief Moment In The Sun“ ein neues Album veröffentlicht. Parallel zu HAMMERED HULLS mit „Careening“ frische, zwingende Musik auf Dischord Records, diesem so wichtigen und einflussreichen, seit über vierzig Jahren aktiven Label aus der US-Hauptstadt. Ein mäanderndes Gespräch mit Scott McCloud, Gitarrist der Band, über SOULSIDE und mehr.

Wien im Post-Silvester-Koma. Es ist, als verstriche die Zeit im Grau und Nass der österreichischen Hauptstadt an diesem 2. Jänner 2023 im Tempo und der Schwere einer Doom-Metal-Band, die mit allem abgeschlossen hat. Ganz anders die Stimmung in einem Lokal im dritten Bezirk, Erdberg, als sein „new local cafe“ von Scott als Treffpunkt vorgeschlagen. Wo der 1967 geborene Musiker sitzt, und von seinem Notizheft aufblickt, als ich ankomme. Unweit lebt er mit seiner Partnerin und ihren beiden Söhnen. Er ist seit über einem Jahrzehnt Viennese resident, der selten dazu kommt, sein passables Deutsch anzuwenden. Schnell ist das erste Bier bestellt und auf dem Tisch, wir begrüßen damit das neue Jahr und uns.

Kennengelernt haben wir uns 1989, als SOULSIDE am 24. Mai im Rahmen ihrer dreimonatigen (!) Europatournee in der Linzer Kapu spielten. Ein gutes halbes Jahr zuvor, im November 1988, verschoben schon FUGAZI mit Dischord Records Co-Betreiber und Eigentümer Ian MacKaye ebendort die Wahrnehmungen davon, was und wie eine aus Hardcore und Punk weiterentwickelte Musik klingen und wirken kann. SOULSIDE verkörperten eine in der Stoßrichtung ähnliche, im Detail andere Hinwendung zu einer rhythmisch offeneren, groovigeren Musik. In Form und Inhalt abstrakter, zugleich pointierter und konkreter, als es „Paint by numbers“-Hardcore schon damals noch sein konnte, der nur mehr durch tradierte und formelhaft reproduzierte Kraft wirkte.

„I’m calling for action, so rise people rise, rise to revolt, burn the eyes of the rulers“, sang SOULSIDE-Stimme Bobby Sullivan im Song „Bass“, mit „103“ und einem Livestück zur Tour auf 7“ veröffentlicht. Die Single war schon wieder noch einen Schritt weiter als das wilde, freie, verblüffende Toben, Ausholen und Zusammenziehen von „Trigger“, der 1988 erschienen 12“. Scott: „Manche nennen ‚Trigger‘ eine EP, für mich ist es ein Album.“
Dischord führte 2014 „Trigger“ und die Single als ein Vinyl zusammen. Es ließ „Less Deep Inside Keeps“, das Debüt der aus LÜNCH MEAT hervorgegangenen Band von 1987, mit Chris Thomson am Bass (später bei IGNITION, CIRCUS LUPUS etc.), fast wie das einer anderen Band wirken, dies hat aber bis heute einen eigenen Charme und Reiz. „17 years of concrete never made me cry, until the difference, the difference in your eyes“ („Fresh air“)

Die neuen Songs, die wir im Frühling jenes Jahres 1989, das im November den Mauerfall erleben sollte, beim Konzert hörten, würden in ihren Studioversionen (am Ende der Tour in Eindhoven eingespielt) auf „Hot-Bodi-Gram“ noch einmal ganz woanders hinzeigen. Was den wichtigen österreichischen Musikjournalisten Werner Geier veranlasste, die Platte als komplettes Album in der entsprechenden Reihe der „Musicbox“ zu spielen. Wochentags, um 15 Uhr auf Ö3, dem meist gehörten Radiosender des Landes mit dem A.

Wie umwerfend es gewesen sein muss, „God city“ mit der unfassbaren Zeile „This is Mr. Fuckers last rites“ erstmals live zu hören, oder „Kill“, bei dem Scott die Leadvocals sang, ist heute unmöglich heraufzubeschwören, so viele Konzerte, zahllose Platten und ewige Lieblingssongs später. „Kill“ nicht zuletzt konkreter – „I wanna take you to New York“ – Zeigefinger und Dirty-Cheap-Neon-Leuchtstrahl in die Zukunft. Dreiviertel von SOULSIDE – Bassist Johnny Temple, Schlagzeuger Alexis Fleisig und Scott ohne Bobby (mit Eli Janney an zweitem Bass und Tasten) – sollten als GIRLS AGAINST BOYS den dunkel glamourösen evil twin ihrer wackeren Dischord-Band hochziehen, mehr interessiert an nightlife politics als an Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse. Bis hin zum Major-Vertrag bei Geffen, Querelen danach und einer ähnlich stimmigen, intern friktionsfreien aktuellen Existenz – zuletzt tourten sie zum 25-jährigen Jubiläum des Touch & Go-Albums „House Of GVSB“ in Europa, USA und UK –, wie jene, die SOULSIDE nun genießen.

Deren Kapu-Konzert, wie das legendenumwobene NIRVANA Gastspiel dort, keine oder höchstens knapp hundert zahlende Menschen anzog, das aber dennoch kräftig nachhallte und dies im Grunde weiter tut. Beim Essen erzählte Scott damals, dass er auch bei der Band RAIN war. Von uns D.C./Dischord-Nerds wegen der durch die Hardcore-Pipeline auf Tape nach Linz gelangten beiden Demos höchst verehrt. Mehr als 32 Jahre später reden wir wieder über RAIN, ein extended (?) Reissue von deren zuletzt 2007 auf CD wiederaufgelegten sechs Songs „La Vache Qui Rit“ ist in der Mache. Ian MacKaye hat klassisch puristisch remixt, Geoff/Jeff Turner (GRAY MATTER, THREE, SENATOR FLUX ...) eine andere Version angefertigt. Was mich gleich daran erinnert, dass ich einmal mit Turner um die Häuser gezogen bin, als dieser als Live-Mixer von TRANS AM im Wiener Flex war. Scott: „TRANS AM – fantastische Band!“ Und erzählt, dass er unlängst in Berlin Bert Queiroz (Bassist bei RAIN, YOUTH BRIGADE D.C., SECOND WIND ...) getroffen hat, der wegen einer Ausstellung seiner Fotos dort war, im Buch „Punks DC“ gesammelt.

Eigentlich wollten wir über SOULSIDE und „A Brief Moment In The Sun“ sprechen ...
Schon seit einigen Jahren leben alle Mitglieder von SOULSIDE an anderen Orten. Ich bin 2010 nach Wien gezogen, das ist schon 13 Jahre her. Was ich mir gut merken kann, wegen des Geburtstages meines ersten Sohnes. Er ist 12 und kam ein Jahr, nachdem ich hier war, auf die Welt. Wir sind alle gemeinsam in D.C. aufgewachsen, Johnny, Alexis und ich lebten während der GIRLS AGAINST BOYS-Phase für zwanzig-irgendwas Jahre in New York. Bobby lebt in North Carolina, in einer Stadt, die Asheville heißt, in den Blue Ridge Mountains, Teil der Apalachen, zu denen auch die Great Smoky Mountains gehören. Er arbeitet sehr engagiert in einer Lebensmittelkooperative, wirklich gesunde Ernährung ist für ihn ein ganz großes, wichtiges Thema. Johnny wohnt immer noch in demselben Viertel in Brooklyn, wo wir damals waren, als wir drei in New York lebten. Alexis war viel unterwegs, jetzt ist er in Los Angeles, seit einigen Jahren. L.A., Wien, Asheville, Brooklyn ... meistens treffen wir uns in Brooklyn, wenn wir als Band etwas machen. Johnny betreibt immer noch Akashic Books, den Verlag, den er 1997 gegründet hat, mit der Intention, eine verlegerische Stimme für jene zu sein, die sonst keine Stimme haben. Mit „Go the Fuck to Sleep“ von Adam Mansbach, einem „children’s book for adults“, hatte Akashic einigen Erfolg. Johnny spielt auch bei FAKE NAMES, mit Brian Baker, Brendan Canty, Michael Hampton und Dennis Lyxzén, sie werden wohl im April, glaube ich, ihre ersten Live-Shows spielen. Selbst auf Tour ist er immer beschäftigt, „Hey, ich habe jetzt eine Konferenz mit Chuck D. ...“. Wir haben alle zu tun, Akashic ist ein wesentlicher Teil unseres Netzwerks. Johanna Ingalls von Akashic ist ganz wichtig für uns, sie bucht die Flüge, die Hotels, sie ist wie unsere Tourmanagerin, die zu Hause bleibt. Wenn wir was nicht finden und sie anrufen, sagt sie: „Ihr gewieften alten Männer, ihr schafft das schon!“

Hat Alexis nicht auch bei den OBITS gespielt?
Ja, und in einem Haufen anderer Bands. OBITS mit Rick Froberg von PITCHFORK, DRIVE LIKE JEHU. Das ging eine Weile, sie versuchen wieder etwas zu machen. Mit Agostino Tilotta von UZEDA war er bei BELLINI, durch Tilotta haben wir immer wieder in Sizilien gespielt. Ich habe meine Projekte, PARAMOUNT STYLES und eine Geschichte in Madrid, wir bringen eine Platte raus, auf der einen Seite singe ich, auf der anderen Mark Lanegan. Ich habe ein elektronischeres Projekt mit einem Produzenten in Frankreich ... Das gehört alles zu dem Umfeld, aus dem wir schöpfen, es hält die Sache am Kochen. Im März gehen wir mit SOULSIDE in den Staaten auf Tour, und hoffentlich im Mai wieder in Europa, aber in anderen Ländern und Städten als 2019.

Lass uns noch mal dahin zurückgehen, wie es dazu kam, dass ihr wieder zu spielen begonnen habt.
Es gab diesen Film „Salad Days“ über die D.C.-Szene, der, auch weil es so lange gedauert hat, bis er fertig war, ein ziemliches Thema war in D.C. Scott, der ihn gemacht hat, ist ein Freund, und sie hatten sich überlegt, dass sie, um den Film zu feiern, zwei Abende im Black Cat, dem Club von Dante von GRAY MATTER, machen – ich denke, das war 2014. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre nicht gespielt, der erste Abend war ausverkauft, am zweiten kamen auch noch 500 Menschen. Wir alle wollten es machen, denn wenn wir jemals noch einmal als SOULSIDE spielen wollten, war das die perfekte Gelegenheit. Wir haben das dann sehr genossen und darüber gesprochen, es öfter zu tun. Es gab dann diese Shows in New York, im St. Vitus. Justin, der es betreibt, war gerade als Tourmanager mit INTERPOL unterwegs [mit denen GVSB früher tourten, Anm.], als ich ihm eine Mail geschrieben habe. Ganz bescheiden, fast defensiv, wir haben da diese Band, SOULSIDE, keine Ahnung, ob du je von uns gehört hast ... Die haben sich sicher sehr amüsiert. Und er schrieb zurück: Natürlich könnt ihr spielen! Und das war zweimal ausverkauft und fühlte sich gut an, es gab Resonanz. Ich meine, das war so lange her, wir hatten nach „Hot Bodi-Gram“ ja nichts mehr gemacht, in den USA noch ein paar Konzerte gespielt und uns aufgelöst.

Ich denke doch, dass viele Menschen noch GIRLS AGAINST BOYS und auch die Verbindung zu SOULSIDE kennen ...
Ja, die meisten, die GVSB kennen, wissen um SOULSIDE. Aber als wir mit VERBAL ASSAULT gespielt haben, letzten September, gerade dort, wo sie her sind, Newport, Rhode Island, die kannten uns als SOULSIDE. Aber als ich dann erzählt habe, ich gehe jetzt mit meiner anderen Band, GIRLS AGAINST BOYS auf Tour, kam: Was ist das? Wir haben früher mit vielen von diesen Posicore-Bands gespielt und mit diesen NYHC-Bands. Und das war alles fein, aber wir waren eigentlich schon eine ganz andere Art von Band, machten andere Musik. Das war schon ein D.C.-Ding. Meine erste Show in D.C. waren SCREAM, heute liebe Freunde. Und SCREAM waren eine Band mit unverkennbarem Stil, die dieses Alternative-Rock-Ding vorwegnahmen. Oder auch BEEFEATER, allein die Persönlichkeiten in dieser Band ... Alle Bands versuchten, etwas Eigenes zu machen, während andere Szenen in den USA, wo wir mit SOULSIDE in den Achtzigern spielten, mitunter so „generic“ waren. Was ich überhaupt nicht mochte, war dieses ritualisierte männliche Macho-Gehabe bei den Shows, die Gewalt.

Wann habt ihr angefangen, über neues Material nachzudenken?
Es ergab sich die Möglichkeit, in Europa zu spielen. Und Johnny hat das ziemlich vorangetrieben, was sonst eigentlich meine Rolle war, in einer netten Art, wir sind ja alle sehr gute Freunde. Wir machten diese kurze Tour 2019, mit Gigs in Berlin, Wien und Prag. Dort hatten wir schon 2017 zu meinem Fünfzigsten gespielt, in Prag gibt es dieses tolle Kollektiv und Label Silver Rocket und Ondrej Ježek, den ich von PARAMOUNT STYLES her kannte. Eine Szene mit einiger Ähnlichkeit zu Dischord – Freundschaft, Kunst und Haltung gehen da zusammen. Wir nahmen dort drei neue Songs auf, die ersten, die wir virtuell, im Hin- und Herschicken von Files entwickelt haben. Bobby hatte einige Songs, die im Grunde Reggae-Stücke waren, die vor allem Johnny als rockige Songs musikalisch neu für uns erfunden hat. Ich fügte lärmige Gitarren hinzu, was ich liebe und bei GVSB nicht so sehr ausleben kann, weil ich damit beschäftig bin zu singen. Und ich hatte den Song „Survival“, der von mir ausging [auf „A Brief Moment In The Sun“ zu finden].

Ich habe mir die Single „This Ship/Madeleine Said“ im Vergleich zum Album noch einmal aufmerksam angehört und sie erscheint mir viel schärfer, unmittelbarer, explosiver. Fast, als wolltet ihr euch mit Extra-Energie ausleben. Während die Songs des Albums sich mehr Zeit und Raum lassen, um zu wirken.
Ich kann mich erinnern, wie ich die Gitarren dafür in Wien formuliert habe. Ich wollte laut sein, diese extrem physische Art Gitarre zu spielen einfangen, so wie früher im Keller meiner Eltern, wo wir probten. Ich schickte es den anderen und die Reaktion war: „Fuck yeah!“ Als wir dann im Oktober 2019 die drei Songs in Prag aufgenommen haben, an nur einem Tag, war es gut zu sehen, wie wir jetzt gemeinsam im Studio funktionieren und klingen. Es war schön für mich, Bobbys Stimme zu hören, die sich auf eine coole Art verändert hat, mit dem Alter weicher geworden ist, aber zugleich mehr Kraft hat. Es war interessant zu sehen, wie die Teile, die Komponenten immer noch zusammenpassen. Die Single hat eine gute Energie.

„A Brief Moment In The Sun“ wirkt entspannter, natürlich auch durch das Albumformat großflächiger, vielfältiger. Euch gelang das Kunststück, euer viertes unterschiedlich angelegtes und umgesetztes Album zu machen, und doch nach SOULSIDE, nach euch zu klingen, und unzweifelhaft nach jetzt, den 2020er Jahren. Mir sind die Reaktionen schon verständlich, die sinngemäß meinen, dass das Album nicht so unmittelbar zündet, aber wie soll das 2023 gerade für Menschen gehen, die schon länger und viel Musik hören? Ich mag es sehr, wie es mich bei jedem Hören anders und mehr berührt, die Schichten, mal der Song, mal jener, die Intelligenz, die Emotionen.
Wenn ich mir heute „Hot Bodi-Gram“ anhöre, ist es ein gutes Album, aber es ist ein Produkt seiner Zeit. Wenn wir die Songs jetzt spielen, hat das viel mehr Wucht, viel mehr Tiefe und Umfang. Wir haben die Single recht schnell und unmittelbar gemacht. Schauen wir, was passiert. Haben sie auf Dischord herausgebracht, wo nicht klar war, wie es laufen wird, und ob sie das Album machen wollen. Die Sache hatte gerade ein wenig an Fahrt aufgenommen, dann kam Corona ... Abermals war es Johnny, der die Sache zusammengehalten hat – lasst uns Songs schreiben, Ideen teilen. Wir machten alle zwei Wochen eine Zoom-Konferenz am Samstag, um die Tracks zu diskutieren, die wir uns geschickt hatten. Johnny protokollierte das, und es war cool. Es war die Hochzeit von Corona, ich hatte nichts zu tun, Johnny gab alldem Struktur. Es war auch lustig, manchmal schickte Alexis unmittelbar vor dem Meeting noch einen Haufen Drum-Tracks ... Und plötzlich hatten wir diese Liste mit vielen Songs. Parallel entwickelte sich so eine ganz andere Gruppe von Liedern, die vielleicht GSVB-Stücke werden. Es war sehr interessant, als SOULSIDE live zu spielen und dann mit GSVB, mit drei identischen Musikern, und doch ...

Ich erinnere mich, wie du vor einigen Jahren gesagt hast, dass du, um die Songs von „Trigger“ wieder aufzuführen, eigentlich verlernen musst, Gitarre zu spielen. Beim neuen Album, finde ich, hast du einen ganz anderen Platz gefunden, oder eigentlich mehrere.
Ja, ich stimme zu. Es war eine interessante Sache, auch aus meiner Perspektive als Gitarrist. Etwa die Hälfte der Songs basieren auf Ideen von mir, die andere Hälfte ging von Johnny, Alexis und Bobby aus. Ich habe wieder mit der SG Gibson zu spielen begonnen. Bei SOULSIDE kann ich, weil ich nicht singe, sehr melodiöse Sachen spielen, mit noisy, edgy Aspekten, damit es nicht cheesy wird. Wir hatten dann 13, 14 Songs und Johnny wollte, dass wir sie noch mal machen, was wir nach einiger Diskussion taten. Das war dann aber ein großartiger Prozess, wir schraubten sie auseinander und bauten sie wieder zusammen. Wir haben gemeinsam die Bestandteile unserer Musik gehört und diskutiert, ganz anders, als wenn du im Proberaum arbeitest, wo keiner wirklich etwas hört. Wir sollten mehr reden, nicht nur über Musik.

Ihr seid dann mit Produzent J. Robbins die Songs noch mal durchgegangen?
Er kannte die Demos und mochte vieles davon. Ian, der zwei Tage mit im Studio war, hätte uns wahrscheinlich gemeinsam spielen lassen und das aufgenommen. Wir trafen uns im Oktober 2021 in Brooklyn und haben die Songs geprobt. J. kam für einen Tag vorbei, dann sind wir in sein Magpie Cage Studio in Baltimore. Er war großartig, er ist so unglaublich aufmerksam, er kannte teils meine Gitarren-Setups besser als ich. Wie Bobby singt und seine Lyrics, da stellen sich mir die Haare auf meinen Armen auf, das ist so leidenschaftlich. Er hat über diese Themen so lange nachgedacht, sie wie ein Akademiker studiert, über die Beziehungen zwischen den Rassen und anderes, manche schon als Reggae-Stücke ausformuliert und sie jetzt in einem Rock-Kontext neu betrachtet. Bis auf die Zeilen, die Kommentare, die ich singe, sind alle Texte von ihm, aber es ist ganz anders als bei „Hot Bodi-Gram“, wo mir seine Worte zu sehr nach Peacenik klangen und ich fast gegen sie ansang ... Ich wollte eine dunklere, kontroversere Band, aber wir waren noch sehr jung. Heute bin ich im Rückblick sehr stolz darauf, was Bobby getan hat, gerade mit mir als Gegenüber.

Im letzten Song des Albums singst du: „It’s all about love“.
Früher hätte ich das niemals gesungen, aber es ist ein Zeichen dafür, dass ich mich geöffnet habe, so wie Bobby meine Zeilen in „Times like these“ verstanden hat.

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Diskografie
„Less Deep Inside Keeps“ (LP, Sammich, 1987), „Trigger“ (LP, Dischord, 1988), „Bass/103“ (7“, Dischord, 1989), „Hot Bodi-Gram“ (LP, 1989, Dischord), „This Ship“ (7“, Dischord, 2020), „A Brief Moment In The Sun“ (LP, Dischord, 2022)