WEAK

Foto© by Diego Martinez

Ibero-Punk für Kopf und Beine

Dass schneller, melodischer Punkrock mit tiefgründiger Message einfach zeitlos gut ist, beweisen WEAK aus Madrid mit Bravour: Mit dem zweiten Album „A Guide To Adult Despair“ präsentiert sich das Quartett musikalisch von seiner stärksten Seite und geht auch textlich dahin, wohin es richtig wehtut. Vor ihrem Auftritt im JUZ Mannheim verrät uns Sänger und Gitarrist Fangui, was es mit den neuen Songs auf sich hat und wie sehr sich das Bandleben während und nach der Pandemie veränderte.

Ihr seid gerade auf einer großen Europatournee. Wie ist es bislang gelaufen und wie ist euer Eindruck von Live-Shows in der Post-Corona-Ära?

Das ist bereits unsere zweite Europatour und es läuft bis jetzt wirklich großartig! Heute ist hier in Mannheim quasi Halbzeit, wir haben also noch eine Reihe von Shows vor uns, auf die wir uns sehr freuen. Grundsätzlich haben wir das Gefühl, dass der Publikumszuspruch wieder auf einem normalen Niveau angekommen sind. Allerdings merkt man auch, dass es viel schwieriger geworden ist, Shows zu buchen. Es geht da natürlich nicht nur uns so, denn alle Bands haben diese Zwangspause hinter sich, wollen endlich wieder neue Musik veröffentlichen und so viel wie möglich live spielen. Darüber hinaus fällt auch auf, dass einige Veranstaltungsorte und Promoter weitaus zögerlicher sind und beim Booking keine unnötigen Risiken eingehen wollen. Das hat uns tatsächlich echte Kopfschmerzen bereitet, weil wir dadurch einige Termine absagen mussten. Es ist also definitiv nicht leichter geworden in den letzten Monaten und Jahren.

Gib uns doch bitte einmal einen Überblick über eure Bandgeschichte und wie auch die Pandemie euer Leben beeinflusst hat.
WEAK haben wir 2018 in Madrid gegründet. Wir hingen alle im gleichen Freundeskreis ab und teilten dieselbe Leidenschaft für Punkrock, weshalb wir uns sofort gut verstanden. Merida, unser Drummer, Fon am Bass, Tote an der Gitarre und ich haben zuvor bereits in anderen, ganz unterschiedlichen Bands gespielt. Doch wir hatten alle Bock, eine Punkrock-Band zu gründen, eine Platte aufzunehmen und so viel wie nur möglich zu touren. Im April 2019 haben wir unser erstes Album „The Wheel“ veröffentlicht, wobei wir damals nur das Schlagzeug im Studio aufgenommen haben und den Rest dann zu Hause in Eigenregie. Im Sommer gingen wir direkt auf unsere erste Europatour. Kurz danach verließ Tote die Band aus persönlichen Gründen und wir mussten uns auf die Suche nach einem Ersatz machen. Drei Monate später stieß dann Diego zur Band und als wir gerade wieder Fahrt aufnehmen wollten, begann die Pandemie. Sie hat uns als Band definitiv hart getroffen, wie die meisten Bands. Wir mussten unzählige Shows absagen und konnten auch eine lange Zeit überhaupt nicht gemeinsam proben. Also haben wir das Beste daraus gemacht und die Zeit genutzt, um an einem neuen Album zu arbeiten. Nach der Pandemie konnten wir endlich wieder ein paar Shows in Spanien spielen und im Dezember 2021 begannen wir mit den Aufnahmen zu unserem zweiten Album „A Guide To Adult Despair“, das im Mai 2022 veröffentlicht wurde.

Wo du gerade das Album ansprichst: Wie ist bisher die Resonanz auf die neuen Songs?
Also gemessen an der Tatsache, dass wir ja eine ziemlich kleine Band sind, fällt das Feedback extrem positiv aus. Aber natürlich sind wir auch selbst hochzufrieden mit dem Ergebnis, da wir sowohl was die Komposition als auch den Sound angeht, wirklich noch mehr Zeit und Mühen investiert haben als in alles andere zuvor. Unser wichtigstes Ziel war einfach, dass dieses Album besser klingt als sein Vorgänger. Also haben wir beschlossen, es nicht mehr in Eigenregie aufzunehmen, sondern mit unserem Produzenten Santi García im Ultramarinos Costa Brava Studio zusammen daran zu arbeiten. Im Vergleich zu den älteren Songs, die viel mehr auf den klassischen Punkrock der Neunziger ausgerichtet waren, haben wir nun außerdem auch mehr auf Abwechslung geachtet. Wir wollten eine größere stilistische Variation, haben zum Beispiel auch mal das Tempo gedrosselt und versucht, noch eingängigere Melodien zu schreiben, aber ohne dabei unserer Liebe zum Punkrock untreu zu werden.

Für mich klingt „A Guide To Adult Despair“ wie die perfekte Mischung aus skandinavischem Melodycore der Neunziger Jahre und einer Prise rauhem Gainesville-Punkrock. Was hat euch sowohl stilistisch als auch textlich bei den neuen Songs inspiriert?
Danke, das ist eine wirklich großartige und perfekte Beschreibung – die können wir direkt 1:1 für zukünftige Referenzen verwenden! Wenn wir komponieren, folgen wir eigentlich keinen speziellen Vorgaben. Wir mögen alle vier ganz unterschiedliche Musikstile, von Pop über Emo-Punk bis hin zu Hardcore oder Crust, und ich glaube, es sind genau diese Unterschiede, die uns stilistisch antreiben. Textlich hat sich diesmal im Vergleich zum Vorgänger wirklich einiges getan. Während die Lyrics beim ersten Album hauptsächlich von nur einer Person stammen, war jetzt die ganze Band in den Prozess involviert, was großartig ist! Unsere Texte handeln vornehmlich von unseren persönlichen Erfahrungen und Gefühlen sowie unserer Haltung zur Gesellschaft und der Welt. Wir haben die Songs natürlich vorwiegend während der Pandemie geschrieben und auch wenn die neue Platte gar nicht als Konzeptalbum gedacht war, kann man schnell ein Gefühl von Traurigkeit, Sehnsucht und Verzweiflung erkennen, das alle Songs umgibt. Das brachte uns schließlich auch auf die Idee für den Albumtitel.

Genau dieses Gefühl von Melancholie und Verzweiflung verströmt insbesondere euer Song „Battle royale“, der einerseits eine wirklich eingängige Hymne ist, dessen Text aber auffällig düster ausfällt. Worum geht es darin?
Er thematisiert die Widrigkeiten und Bürden, die uns unser tägliches Leben schwermachen. Der Song handelt von der tragisch gescheiterten Beziehung eines unserer Bandmitglieder im Zusammenhang mit der Pandemie. Wir alle sehnten uns so sehr nach Normalität, jeder hatte erwartet, dass wir nach Corona endlich wieder Freude und Spaß haben würden. Doch das Leben schreibt seine eigenen Geschichten und was mit der Aussicht auf Besserung begann, endete in einem dunklen Tal. Wie auch in allen anderen Songs der Platte versuchen wir, stets ehrlich zu sein und ganz offen und aufrichtig mit unseren Gefühlen umzugehen. Es ist wie eine Art Therapie für uns, über die Dinge zu schreiben, die wir erleben und die unser Handeln beeinflussen. Die Geschichte in „Battle royale“ ist sehr schmerzhaft, aber sie verdeutlicht auch, dass es auch immer wieder besser werden kann.

Wie ist die aktuelle Situation in der spanischen Punkrock-Szene? Ist sie lebendig, gibt es viele Bands und auch Clubs, in denen ihr auftreten könnt?
Ja, es gibt wirklich viele Punkrock-Bands in Spanien, sehr gute sogar. Aber die Punkrock-Szene altert einfach mit den Bands mit und erneuert sich nicht mehr. Klar, wer in den Neunziger Jahren mit Epitaph, Fat Wreck und Co. aufwuchs, der zählt – genau wie wir – schon zum älteren Kaliber. In Spanien gibt es zum Glück noch eine ganze Menge an DIY-Locations, nicht nur für Punkrock, sondern generell für Independent-Musik. Allerdings schließen hier natürlich auch immer mehr davon ihre Tore dauerhaft, was sehr bedauerlich ist. Aber, ja, noch können wir sagen, dass es eine gute Underground-Bewegung gibt, die nicht so recht verschwinden will.

Was steht bei euch nun für den Rest des Jahres an, schreibt ihr bereits an neuem Material oder liegt der Fokus erst einmal auf dem Touren?
Wir haben jetzt tatsächlich noch einige spannende Shows vor uns. Im Mai werden wir zum ersten Mal in die Türkei fahren und ein Konzert in Istanbul spielen. Im Juni geht es dann für zwei Gigs nach Portugal und anschließend spielen wir in Madrid gemeinsam mit NOT ON TOUR und ACCIDENTE. Im Sommer lassen wir es aber etwas ruhiger angehen und es wird nur ein paar Einzelkonzerte in spanischen Städten geben, die wir bislang noch nicht besuchen konnten. Daneben bleibt natürlich viel Zeit für das Schreiben neuen Materials, so dass uns garantiert nicht langweilig wird.