WISECRÄCKER

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Keine Besserwisser

Die 1997 in Hannover gegründete Ska-Punk-Band WISECRÄCKER veröffentlichte bis 2010 vier Studioalben mit Musik zwischen SUBLIME und IRON MAIDEN sowie einigen Latin-Einflüssen. Bereits früh tourten sie mit Bands wie KARAMELO SANTO oder PANTEÓN ROCOCÓ durch Mexiko und die USA und brachte diese mit ihrem 2002 gegründeten Label Übersee Records nach Europa. Die siebenköpfige Truppe hätte ich nach der EP „Modo De Odio“ (2015) und Corona fast aus den Augen verloren, wäre da jetzt nicht das neue Album „Vida En Color“. Also höchste Zeit für ein Update mit Schlagzeuger Hannes und Trompeter Bela.

Bei meinem letzten WISECRÄCKER-Konzert, das war noch vor Corona, 2018 im Hamburger Hafenklang, überraschte mich die spärliche Resonanz. Der Goldene Salon war zwar gut gefüllt, aber eine Band wie PANTEÓN ROCOCÓ, die sich ja musikalisch nicht sehr von euch unterscheidet, füllt die Fabrik mit 1.000 Menschen.

Bela: Tja, die kommen aus Mexiko und haben einen Exotenbonus.
Hannes: Dabei haben wir die damals erst hierher geholt.

Stimmt, das wurde ja damals alles von Übersee Records angestoßen. Ich habe durch das Label unglaublich viele Bands aus Südamerika kennen gelernt. Leider gibt es das nicht mehr.
Hannes: Federführend waren ja Alex, unser Sänger, Henning und Frank, der bei uns Gitarre spielt. Zu der Zeit, Anfang der 2000er Jahre, lief das total. Wir waren gerade bei DOCTOR KRAPULA, die sind noch aktiv, und auch PANTEÓN ROCOCÓ, aber viele der Bands gibt es nicht mehr. Was im Endeffekt der genaue Anlass war, dass das mit dem Label zu Ende ging, kann ich dir gar nicht sagen.

Ich hatte euch ehrlich gesagt gar nicht mehr auf dem Schirm. Was ist in den letzten Jahren bei euch passiert?
Hannes: Viel. Wir waren immer da. Wir haben oft in Mexiko gespielt. Wir haben vor Corona großen Wert darauf gelegt, viel im Ausland zu touren. Das war auch immer unser Antrieb weiterzumachen. Also alles, was an Kohle reinkam, ging für Touren drauf. Mexiko, vor 2010 in den USA, als wir noch da rein durften, Spanien, Russland, solche Sachen, die haben wir immer viel gemacht. Aber es gab nie eine Zeit, wo wir keine Konzerte gespielt haben.

Du erwähntest eben die USA, dürft ihr da gar nicht mehr einreisen? Gab es damals nicht Schwierigkeiten mit den notwendigen „Reisedokumenten“?
Hannes: Ja, das ist ganz fein ausgedrückt, haha. Also man könnte über die Band mittlerweile ein ganzes Buch schreiben. Wir sind sehr viel in Mexiko, über diese Mexiko-Latin-Ska-Connection, unterwegs gewesen und eben auch in den USA, überwiegend in Kalifornien. Vor 2010 ist man da halt hingeflogen, um Konzerte zu spielen. Aber eigentlich brauchst du in den USA ein Künstlervisum, was sehr krass ist, denn da muss erst einmal jemand mit 30.000 Dollar bürgen. Um das ganze Ding zu bekommen, sind noch mal ein paar tausend Euro fällig. Dann brauchst du, und das ist eigentlich der geilste Part, amerikanische Künstler, die ein Schreiben aufsetzen müssen, warum deine Kunst es wert ist, dort gezeigt zu werden. Hat keiner gemacht, vor 2010 war das kein Problem. 2010 sind wir hingeflogen. Wir hatten über zwanzig Shows in Kalifornien, unter anderem eine in Berkeley für den Armstrong-Bruder, der die Shows organisiert für Tim Armstrong, der hatte uns eingeladen, auf seinem Geburtstag zu spielen. Wir sind da runtergeflogen und hatten das alles eben nicht. Wir sind da angekommen und aus dem Flugzeug raus und die haben gesagt: „Du, du, und du, ihr kommt mit.“ Es wurde gefragt: „Wer ist verantwortlich?“ Ich habe gesagt: „Okay, ich bin verantwortlich.“ Alex war schon vorher hingeflogen, der war gar nicht dabei. Da hieß es gleich: „What do you want in my country? Ihr seid doch Künstler, habt ihr ein Künstlervisum?“ Und dann kannten die nach zehn Minuten sämtliche Inhalte von unseren E-Mails, mit Veranstaltungen und allem. Ich hatte noch versucht, mich rauszureden, und plötzlich saß ich in der Flughafenzelle. Pässe weg, die Tür war zu und es ging nicht weiter.

Und dann?
Hannes: Die haben uns zurückgeschickt, und wir hatten nur das Glück, dass abends noch ein Flug zurück nach Europa oder Deutschland ging, sonst hätten wir die Nacht auf einem Flughafen in Minnesota verbracht. Wie ich gelernt habe, wurden wir nicht ausgewiesen, sondern uns wurde die Einreise verweigert. Diesen Stempel haben wir jetzt. Damals verstanden wir das so, dass wir quasi den Status von Iranern haben. Alle Shows wurden gecancelt und wir haben viel Geld verbrannt. Dann ging das weiter. Denn, was ganz interessant ist, wir waren in der Wahrnehmung die Ersten, denen so etwas passiert ist. Aber dann passierte das immer häufiger. Wir haben Anrufe bekommen von irgendwelchen Leuten: „Ich habe das von euch im Internet gelesen, mein Sohn ruft an, der steckt mit seiner Band fest und kommt nicht weiter, was kann ich machen?“ Und dann hat sich jemand aus dem Bundestag, von den Grünen, bei uns gemeldet und meinte, sie kümmert sich darum, dass die Einträge aus den Pässen wieder verschwinden. Das werde ich nicht vergessen, da kam dann ein paar Wochen später eine Mail mit einem Zitat der Antwort der amerikanischen Seite, das ginge „nicht einmal ,wenn es Ihr Sohn wäre“. Dann dachten wir, „Ey, so nicht“ und haben zwei Jahre dafür gearbeitet, auch viel mit der Initiative Musik und weiterer Unterstützung, weil das einfach nicht bezahlbar wäre, dieses Visum zu bekommen. Da sind sehr skurrile Dinge passiert. Wir brauchten ja dieses Empfehlungsschreiben und FAITH NO MORE haben uns eins geschickt und SKUNK ANANSIE. Das war schon krass. Dann sind wir 2012 noch einmal offiziell dahin. Es war auch nicht so leicht, aber wir sind, wenn auch mit sehr viel Schikane, reingekommen. Da haben wir eine Tour gespielt, zehn Shows in den USA und fünfzehn in Mexiko. Seitdem touren wir nur noch in Mexiko.

Organisiert ihr die Konzerte in Mexiko selbst oder habt ihr Leute vor Ort?
Hannes: Grundsätzlich läuft alles, was wir im Ausland machen, mit und über Locals. Die Idee gibt es schon seit 25 Jahren: Ihr holt uns zu euch und wir holen euch zu uns. Das hatte damals angefangen mit LOS KUNG FU MONKEYS. Die holten uns 2007 nach Mexiko. Und das war richtig krass, das vergesse ich nicht mehr, da sind wir drei Wochen lang in einem alten Bus mit KRUSH KLAMATH, einer durchgeknallten Crustpunk-Band aus den USA, und den KUNG FU MONKEYS durch Mexiko gefahren. Eigentlich waren wir mit zwei Bussen unterwegs. Der eine Bus war so ein „A-Team“-Ding von den Mexikanern und der andere ein abgefuckter alter gelber US-Schulbus. Wir waren nachts unterwegs und da der „A-Team“-Bus schneller war, fuhr dieser ein ganzes Stück vorweg. Der Bus wurde plötzlich von einem Pick-up gestoppt, auf der Ladefläche maskierte Drogengangster mit Maschinenpistolen. Die Jungs haben dann die Reifen des Busses zerstört. Alle mussten aussteigen und bei vorgehaltener Waffe ihre Wertsachen abgegeben. Dann sind die abgehauen. Das heißt, ab da saßen alle, die ganze Travelcrew, in einem Bus, der von einem Ami-Punk gefahren wurde, der zum Warmwerden eine Flasche Whiskey trank. In diesem Bus gab es den Fahrersitz, es gab einen rein gestellten Ledersessel, es gab ein Hochbett und es gab noch einen Schrank. Am Ende hockten wir da mit 17 Leuten drin und sind so 5.000 Kilometer durch Mexiko gefahren und haben Konzerte gespielt. Das geht auch nur, wenn man in den Zwanzigern ist. Und das haben sie uns nie vergessen, seitdem haben wir da einen ziemlich krassen Status, viel größer als hier. Die KUNG FU MONKEYS sind dort inzwischen ganz groß, die organisieren uns die Sachen. Durch die Pandemie ist die letzte Tour leider gecancelt worden, aber es wäre schön, wenn wir irgendwann noch einmal hinfahren könnten.

Das ist ein gutes Stichwort, denn die Auswirkungen von Corona habt ihr ja gut auf eurem neuen Album verarbeitet. Ich denke da an die Single-Auskopplung „Ska-DHS“. Wie habt ihr die Pandemie als Band überstanden?
Bela: Während des Lockdowns haben wir virtuelle Meetings gemacht. Hannes und ich wohnen in einer Kleinstadt außerhalb von Hannover, wir haben uns auch getroffen und mit dem Schlagzeuger von KUNG FU MONKEYS einen Online-Song gemacht.
Hannes: Unser alter Bassist ist vor ein paar Jahren sehr überraschend gestorben, und für ihn haben wir dieses Stück geschrieben. Das war unser Projekt in dieser Zeit. Ansonsten haben wir viel an Songs gebastelt. Sonst hätte es auch nicht diese Platte gegeben, so ehrlich muss man sein. Ohne Corona hätten wir keine Platte.
Bela: Die Idee war ursprünglich, eine Single zu machen, aber da wir gezwungenermaßen immer mehr Zeit hatten, entstanden noch viel mehr Tracks, die als Gerüst existieren, die aber nie ausgearbeitet wurden. Die Songs, die wir fertig gemacht haben, sind auch auf der Platte gelandet.
Hannes: Als es dann in irgendeiner Form wieder ging, haben wir in Hannover relativ viel versucht, um die Szene zu unterstützen. Wir haben open air für Béi Chéz Heinz draußen vor dem Laden gespielt, für die Glocksee haben wir etwas gemacht. Ich meine, für uns war das ärgerlich, aber für die Clubs war das essentiell. Die brauchen Unterstützung. Im Knust haben wir ein bestuhltes Konzert gegeben.
Bela: Also ein bestuhltes Konzert im Knust, das muss man ehrlich sagen, das ist für eine Band nicht geil. Das ist zwar gut, das zu machen, aber es ist ja nicht das, was du willst. Aber es war cool, die Leute zu unterstützen, und die Begeisterung und auch die Dankbarkeit zu sehen, wie cool die das finden, dass man so etwas macht.
Hannes: Das Krasseste, fand ich zumindest, war das bei Chéz Heinz. Das ist ein Kellerclub in Hannover und die haben einen Hof vorne. Da mussten wir das draußen machen und die Leute mussten auf ihren Plätzen sitzen. Das war so krass, wie die auf ihren Plätzen abgegangen sind. Der Laden war ausverkauft und zu sehen, wie die Leute draußen am Zaun abgegangen sind. Die sind alle gekommen und haben sich vor diesen Zaun gestellt und draußen getanzt.
Bela: Das war unser erstes Konzert seit langem und die Leute hatten so eine Tanzwut in sich. Eine Megastimmung. Wenn das eine richtige Clubshow gewesen wäre, wäre das richtig ausgeartet. Es kann also trotzdem Spaß machen.

Macht ihr hauptberuflich Musik oder ist es nur ein Hobby?
Hannes: Irgendwas dazwischen. Wenn uns jemand fragt, was wir machen, dann sind wir Musiker, ich glaube, das würde jeder sagen. Ich bin Musiker, aber ich verdiene damit nicht mein Geld. Ich bin Lehrer, um Geld zu verdienen. Und das ist eben das große Glück bei dieser Band, wir können machen, was wir wollen. Wenn wir keinen Bock haben, dann haben wir keinen Bock, und wenn es nach 27 Jahren reicht, dann hören wir auf. Das ist ein Riesenluxus.

Kommen wir zurück zum neuen Album. Was hat es mit „Ego-Tier“ auf sich? Ist das ein ironisches Stück Bandgeschichte? Ich vermute, das Lied bezieht sich auf euren Sänger Alex.
Bela: Ah, du hast die Texte gelesen!
Hannes: Ehrlich gesagt, unser Sänger hat immer ein bisschen Sorge, dass er uns damit auf die Füße tritt. Ich weiß noch, wie er mir den Text geschickt hat, auch noch mit ganz vielen „vielleichts“ drin und ich habe gesagt: „Alter, jetzt nimm die ‚vielleichts‘ raus. Jetzt hau mal einen raus, mach doch mal.“„Ja, aber ihr sollt das ja nicht persönlich nehmen“ sagte er. „Alter, wir machen seit fast dreißig Jahren Musik, wir kennen dich doch“, und daraus ist dann dieser Text entstanden. Ich glaube, mal ganz ehrlich, jeder, der Musik macht, erkennt da doch jemanden wieder aus der Band, oder?
Bela: Meistens den Sänger. Und es ist ja auch nichts Schlechtes. Im Endeffekt ist er es ja auch, der da steht. Und wer genau um ihn herum steht, ist scheißegal, weil der Sänger derjenige ist, den die Leute angucken und der auch abzuliefern hat.

Alex ist Gründungsmitglied und der Rest kam, zeitlich gestaffelt, später dazu ...
Hannes: Ich bin immer noch der Neue, ich bin erst seit 21 Jahren dabei.
Bela: Die Band hat schon eine Menge Wechsel durchgemacht, und hat es trotzdem ganz gut überstanden, erstaunlicherweise. Wir haben auch einen großen Altersunterschied zwischen uns, ich bin 26 Jahre und seit 2015 dabei und Frank ist Anfang fünfzig, aber trotzdem sind wir alle Freunde und können zusammen abhängen.
Hannes: Dieses Ganggefühl gibt es so auch erst seit ein paar Jahren, in dieser Konstellation. Was vielleicht auch noch ganz interessant ist, neben dem Alter, ist ja auch, dass Alex tausend Kilometer weit weg wohnt, der lebt in Stockholm. Der Liebe wegen. Die damalige Frau war schuld.
Bela: Das ist auch der Grund, warum Alex überhaupt Spanisch gelernt hat. Wieso gibt es spanische Songs? Spanische Freundin – und welche Sprache muss man lernen? Also Volkshochschule Spanischkurs. Und dann: Ach cool, jetzt können wir auch spanische Texte schreiben.

Das ist ja auch so eine Besonderheit, eure deutsch-, spanisch- und englischsprachigen Texte.
Hannes: Ja. Eigentlich gibt es, würde ich sagen, zwei Besonderheiten bei uns. Das ist einmal diese Textkonstellation mit den drei Sprachen und, was wir zumindest immer hören, dass die Bläsersektion dieser Band etwas ist, das gut ist und das auffällt.

Apropos Spanisch, auf dem neuen Album vermisse ich die Latin-Einflüsse, so wie früher bei „3, 4, 5, 6 Bierchen“ mit dem schönen Latin-Teil.
Bela: Uns ist schon bewusst, dass diese Platte anders ist, etwas epischer, es ist ein bisschen mehr Dramatik drin. Wir haben es aber nicht bewusst gemacht, es ist eher so passiert.
Hannes: Und der zweite Punkt, der mir dazu einfällt, ist die Art des Songwritings. Es schreiben jetzt viel mehr Leute Stücke als vorher. Wer sich jetzt einbringt, das ist viel stringenter geworden.
Bela: Es ist ja nicht so, das immer einer aus der Band die Songs fertig macht. Bei uns ist es eher so, jemand hat ein Gerüst und baut sich das bei sich zu Hause zusammen, das geht ja nun mittlerweile relativ einfach. Wie könnte das aussehen, wie könnte das funktionieren? Hinterher ist der Song aber meistens ganz anders, haha. Dann wird das in die Proberaummaschine hineingedrückt und man schaut, was hinten herauskommt.
Hannes: Was dieses Mal auch anders ist, wir haben noch so viel Wert auf Details gelegt wie bei dieser Platte. Jede Note, jedes Wort, alles. Wir sind damit zufrieden, das ist eine gute Platte geworden.

Bei „Aluminiumallergie“ geht es um Verschwörungsmythen, auch ein beliebtes Thema.
Bela: Ja, das ist tatsächlich der einzige Song, der nicht von uns stammt. Nur die Bläser gab es vorher nicht, die haben wir dazu gebastelt.

Hannes: Den hat unser guter Freund Olli Bockmist geschrieben, der wahrscheinlich auch in der Szene bekannt sein müsste als Phillie MC, ex-ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN. Der hat uns den Song gegeben, und wir haben gesagt, lass uns den machen. Der Text ist ein bisschen albern. Er selber sagt, er würde uns jetzt gerne noch einmal einen neuen und richtigen Text für diesen Song schreiben. Aber der Text passt zu der Zeit. Ich meine, wir haben tatsächlich einen Mini-Shitstorm bekommen für dieses Lied, wir waren fast ein wenig happy darüber, dass das wahrgenommen wurde, haha. Aber eben ein alberner Text, ein alberner Song. So ein Metal-Ding ist eigentlich unüblich bei uns, dazu ein albernes Video, eigentlich perfekt.

Kommen wir zum nächsten Song, „Manifest gegen die kapitalistische Gesamtscheiße“. Da könnte man natürlich auch behaupten, die Feststellung, dass der Kapitalismus an allem schuld ist, wäre auch eine Verschwörungserzählung.
Hannes: Also das hat mehrere Ebenen für uns. Erst einmal ist es ein heikler Song, das muss man einfach so sagen, auch von dem, was dort so gesagt wird. Grundsätzlich geht es darum, einfach mal mehr auf sich aufzupassen, auch miteinander aufzupassen. Es geht eben nicht immer nur um Kohle. Deshalb auch die rote Fahne im Sinne von Gemeinschaft und aufeinander aufpassen. Die andere Ebene ist eben, dass wir oft angesprochen werden: „Ey, ihr seid so unpolitisch, macht doch mal einen politischen Text.“ Bei diesem Titel ist es klar, dass wir nicht mit dem erhobenen Zeigefinger dastehen und irgendwem die Welt erklären wollen.

Aber eine Lösung, wie eine bessere, gerechtere Welt geschaffen werden könnte, habt ihr als Musiker auch nicht parat?
Hannes: Nein. Also ich sage mal so, bei uns in der Band ist der letzte Satz immer: WISECRÄCKER sind gegen Nazis und dafür aufeinander aufzupassen.
Bela: Vielleicht ein bisschen mehr Bier und weniger ich. Wir wollten natürlich auch keinen stumpfen Song machen. Man kann natürlich rausgehen und „Alerta, alerta!“ brüllen, aber das ist überhaupt nicht unsere Art. Wir sind auch nicht diejenigen, die so etwas forcieren, das groß hinausposaunen und sich als Verkaufsgrund auf die Fahnen schreiben. Ich finde es auch interessanter, wenn Leute über diesen Text nachdenken. Die können auch sagen, was ist das für ein Quatsch, das ist auch okay.

Ein weiteres Thema ist Flucht, das habt ihr bei „No wall to high“.
Hannes: Das ist, wie ich finde, ein sehr wichtiger Aspekt, dass bei dieser europäischen Sichtweise in der Diskussion immer betont wird, nicht zu uns, nicht zu uns, aber nicht darüber geredet wird. Alter, der will nicht zu uns, der will nur weg, weil der sonst verreckt. Es geht hier gar nicht darum, irgendwo anzukommen. Alter, ich muss hier weg, meine Familie ist tot, hier brennt alles und morgen bin ich tot. Ich muss hier weg. Dieser Aspekt, der kommt bei uns oft zu kurz, und das war eben auch der Antrieb für Alex, diesen Text zu schreiben.