X RAIDERS

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TURBONEGRO im Blut

Die X RAIDERS aus Amsterdam konnten unlängst mit ihrem Album „Weltschmerz ’89“ ein Ausrufezeichen in der ansonsten von Bands wie TURBONEGRO oder DANKO JONES besetzten Szene setzen. Zudem haben die Niederländer mit einigen wirklich fantastisch gemachten Videos auf sich aufmerksam gemacht. Daniel (voc), Jaco (bs), Jeroen (gt), Guus (gt) und Niek (dr) beantworten uns ein paar Fragen.

Ist es so schwer, 1989 geboren zu sein, dass ihr euer Album „Weltschmerz ’89“ nennen musstet?

Jaco:
Nein, und genau da liegt das Problem! Wir sind im Europa nach 1989 aufwachsen, und damit verdammt verwöhnt. Wir hatten den Luxus, uns um nichts in der Welt kümmern zu müssen. Wir hatten Zeit, darüber nachzudenken, was wir tun. Arbeit, Freunde, Leben, solche Sachen. Da trifft einen der Weltschmerz. Man nimmt sich und das Leben viel zu ernst. Mit unserer Musik, unseren Shows und vor allem mit unserem neuen Album wollen wir ein Heilmittel für den Weltschmerz anbieten: einen Schlag ins Gesicht! Damit man die Ironie in allem erkennt. Alles, was man braucht, ist eine große Dosis Heavy Metal und Rock’n’Roll!

In Deutschland gibt es den Ausspruch „Trau keinem über dreißig“. Jetzt seid ihr alle dreißig oder älter. Was hat sich geändert?

Daniel:
Du kennst vermutlich das Lied „Kinder an die Macht“. Das fasst es gut zusammen. Kinder haben einen frischen Blick auf alles. Wenn man im zarten Alter von dreißig ist, läuft man Gefahr zu denken, dass man weiß, wie die Dinge funktionieren, und noch schlimmer: Die meisten Leute hören auf, neue Dinge auszuprobieren, wenn sie älter werden. Das führt zu einem Tunnelblick. Wir versuchen, uns die kindliche Perspektive zu bewahren. Wir haben Spaß, versuchen, die Dinge interessant zu machen, ohne alles zu ernst zu nehmen. Das bedeutet natürlich auch: Fehler machen und wie ein Haufen kopfloser Hühner auf der Bühne herumrennen. Körperlich sind wir vielleicht nicht mehr so fit wie früher, seit wir die dreißig überschritten haben – ja, ich habe häufig Rückenschmerzen –, aber geistig versuchen wir, mit unserem inneren Kind in Kontakt zu bleiben.

Als ich „Weltschmerz ’89“ zum ersten Mal hörte, erinnerte es mich an DANKO JONES und RED HOT CHILI PEPPERS, „Ice cream truck“ etwa. Sind das Einflüsse?

Jeroen:
Danko Jones ist definitiv ein großer Einfluss. Was wir an ihm lieben, ist, dass seine Musik überall hineinpasst. Er ist einer der wenigen Künstler, die bei Rock Werchter, Jera Open Air und Wacken gebucht werden können. Der Text zu unserem Song „Ice cream truck“ wurde mit seiner Stimme im Hinterkopf geschrieben. Vielleicht wird er ihn eines Tages covern, und der Song wird seine endgültige Form erreichen. So wie Jeff Buckley „Hallelujah“ von Leonard Cohen gecovert und die endgültige Version gemacht hat. Was die RED HOT CHILI PEPPERS betrifft, glaube ich, dass keiner von uns sie im letzten Jahrzehnt gehört hat.

Das Coverartwork ließ mich zuerst an TURBONEGRO denken. Steht ihr auf TURBONEGRO?

Jaco:
Als wir 18 waren, wären wir fast gestorben, als wir TURBONEGRO hörten. So sehr lieben wir sie. Guus hatte gerade seinen Führerschein bekommen und wir machten eine Spritztour mit dem Auto seines Vaters. Wir haben „Apocalypse Dudes“ viel zu laut gehört, fuhren zu schnell und das Auto war überfüllt. Wir hatten innerhalb von zehn Minuten einen Unfall im Hinterhof der Nachbarn meiner Eltern, bei dem niemand verletzt wurde, nicht einmal der Typ im Kofferraum. Seitdem haben wir TURBONEGRO im Blut.

Wie seid ihr mit Butch Dick in Kontakt gekommen, der das Artwork gezeichnet hat?

Jaco:
Die Ähnlichkeit des Stils unserer Artworks und dem von TURBONEGRO ist definitiv zufällig. Ich habe die Sachen von Butch Dick im Internet gefunden, und mir gefielen seine verrückten, halb-expliziten Zeichnungen – haarige, nackte Männer! Ich hatte keine Ahnung, wer er war, aber wir tauschten einige Nachrichten aus. Später trafen wir uns sogar bei seinem Besuch in Amsterdam. Er ist erstaunlich. Und die Haltung seiner Kunst passt perfekt zu unserem Stil: roh, in your face, sexy und schmutzig. Wir hätten unser Album beinahe „Weltschmutz“ betitelt.

Stimmt es, dass ihr ein paar Platten unter dem Namen RECTUM RAIDERS veröffentlicht habt?

Niek:
Korrekt! Wir haben zwei EPs und ein Album als RECTUM RAIDERS veröffentlicht. Aber wie du dir wahrscheinlich vorstellen kannst, war das Rektum nach acht oder neun Jahren ziemlich abgenutzt. Da wir das Gefühl hatten, dass das Rektum nicht mehr zu unseren „Raids“ passte, änderten wir es in ein X. Die ultimative Variable. X steht wofür immer du willst.

Ihr habt ein paar coole Videos veröffentlicht. Wie wichtig sind diese Clips für euch?

Guus:
Ein Musikvideo ist eine sehr gute Möglichkeit, den Leuten eine Vorstellung davon zu geben, wer die X RAIDERS sind, und außerdem haben die Leute gerne etwas zum Anschauen, wenn man eine Single veröffentlicht. Unser Ziel ist es, eine Single mit einem Video zu verstärken, das ausdrückt, wer wir sind und was wir mit der Single zu erzählen versuchen. Zum Beispiel in „Wasted“ sehen die Leute, was sie bei unseren Live-Shows erwarten können, „Fleshwolf“ ist ein Video mit einer persönlicheren Seite, „Meat market“ zeigt eine künstlerischere Seite von uns. Der ganze Prozess der Herstellung eines Videoclips macht einfach nur Spaß. Wir versuchen jedes Mal, daraus eine Party zu machen, mit viel Spaß, um am Ende einfach ein Ergebnis zu haben, das wir lieben.

Ihr kommt aus den Niederlanden. Es gibt dort so viele großartige Rockbands, Veranstaltungsorte und Festivals. Ihr scheint gute Voraussetzungen für Rockmusik zu haben.

Niek:
Ich würde sagen, dass wir erstaunliche Bedingungen für Musik im Allgemeinen haben, für die Entwicklung des Musikgeschäfts und für Künstler, um Musik zu einem lebensfähigen Exportprodukt zu machen. Und ja, wir haben großartige Veranstaltungsorte und Festivals. Wir sind sehr dankbar, dass wir eingeladen wurden, bei einigen der beeindruckenderen Veranstaltungen aufzutreten. Die Rockmusik ist allerdings eine Nische, und wenn man es mit Deutschland vergleicht, halten wir den deutschen Markt für viel rockiger als den niederländischen. Nachdem wir kürzlich bei der deutschen Agentur Black Harbour Entertainment unter Vertrag genommen wurden, hoffen wir, dass wir auch in Deutschland bei einigen der großen Veranstaltungsorte und Festivals spielen können. Bis bald!