ZATOKREV

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Blut für die Schweiz

SUNN O))), CULT OF LUNA, ISIS und Co. haben die Doom-, Drone- und Sludgerock-Szene wieder zu neuem Leben erweckt und der Metal-Underground bringt inzwischen mit einiger Regelmäßigkeit immer neue gute Bands hervor. Die Schweizer ZATOKREV (Frederyk Rotter - Gitarre/Gesang, Silvio Spadino - Drums/Gesang, Mario Grementieri - Bass/Samples/Gesang, Stench - Gitarre) sind genau so ein Fall. Nachdem die Band für ihr gleichnamiges Debüt einiges an Lob kassierte und letztendlich auch Earache aufmerksam wurden, legen ZATOKREV jetzt mit "Bury The Ashes" nach - brachial, schleppend, finster und gewaltig. Grund genug, mit Fredy, dem Sänger und Kopf der Band, mal ein paar Worte zu wechseln.


Fredy erzähl doch mal, wie das mit ZATOKREV losging und was es mit eurem Labelwechsel von Codebreaker über Earache zu Firebox auf sich hat?


Wir leben alle in oder in der Nähe von Basel, sind zwei Schweizer, ein Franzose und ein Tscheche. Silvio und ich kannten uns schon aus einer früheren Band. Nachdem ich jahrelang in diversen Bands Gitarrist war, wollte ich Anfang 2002 mein eigenes Projekt starten und Silvio war sofort dabei. Also begannen wir, zusammen zu jammen und Musiker zu suchen. Ein paar Monate später stieß Marco dazu. Er war von Anfang an von unserer Musik angetan und vom ersten Augenblick war an klar, dass er der dritte Mann werden würde. Danach sind wir immer nur als Trio aufgetreten. Erst letztes Jahr haben wir dann Stench kennen gelernt. Wir hatten eigentlich schon jahrelang nach einem zweiten Gitarristen gesucht, aber in der Stadt, wo wir herkommen, ist es echt nicht einfach, die richtige Person zu finden. Es war bereits ein Riesenglück, dass wir uns als Trio fanden. Dank Stench können wir jetzt doppelte Gitarrenwand fahren! Was die Labelgeschichte angeht, so haben Codebreaker unseren Erstling "Zatokrev" rausgebracht und für ein Indielabel auch einen ziemlich guten Job hingelegt. Die Veröffentlichung über Earache in den USA und Kanada war auch Codebreaker zu verdanken, da sie mit Earache einen Lizenzdeal für alle Codebreaker-Releases hatten. Leider haben sich Codebreaker nach etwa einem Jahr und rund zehn Releases aufgelöst, was sehr schade war, da das Label wirklich großes Potenzial hatte. Also mussten wir uns nach einem neuen Label umschauen, das wir dann in Firebox gefunden haben. In der Schweiz haben wir die Scheibe übrigens über mein eigenes Label Czar Of Crickets veröffentlicht.


Czar Of Crickets? Welche Bands bringst du denn da raus? Kommen die aus eurem Umfeld und legst du da Wert auf bestimmte Musikstile?

Das Label haben wir eigentlich mit dem ZATOKREV-Release gegründet. Es ist noch sehr klein und bisher haben wir nur Bands aus der Schweiz. Dennoch planen wir, unser Vertriebsgebiet irgendwann mal auszudehnen. Im September werden wir die neue Scheibe von CARMA STAR und im November kommt dann was von PALMER. Beide sind energiegeladene Schweizer Bands mit hohem Potenzial. Was oder wen wir signen, halten wir uns jedoch offen. In erster Linie geht es schon eher in Richtung Metal, wir sind aber offen für anderes. Ich und meine Labelpartnerin wollen mit dem Label in erster Linie eine Plattform schaffen, um talentierte Underground-Künstler zu fördern. Ursprünglich war auch nicht geplant, als erstes eine ZATOKREV-Scheibe rauszubringen. Das hat sich einfach vom Timing her so ergeben.


Wie würdest du eure musikalische Entwicklung hin zu "Bury The Ashes" beschreiben?

"Bury The Ashes" ist düsterer, härter und schwererer ausgefallen. Wir haben mehr mit verschiedenen Rhythmen, Harmonien und Betonungen rumexperimentiert. "Bury The Ashes" klingt auch viel roher, eher so wie wenn wir live spielen und nicht so glatt poliert wie der Vorgänger.


Die Musikpresse hat bei eurer ersten Platte ja nicht mit Lob gespart, dennoch scheint ihr weiterhin eher ein "Geheimtip" zu sein. Wie siehst du das und wie wichtig ist für dich der Underground in einer "populärer" werdenden Metal/Rock- beziehungsweise Sludgerock/Doom-Szene?

Ich denke, es passiert heutzutage eher wenigen Bands, dass sie mit ihrem Debütalbum gleich so etwas wie einen Durchbruch schaffen. Die, die heute mehr oder weniger "populär" sind, haben sich das über Jahre hinweg erarbeitet. Es reicht nicht, einfach nur gute Kritiken zu kriegen, denn das haben viele. Es gibt heutzutage so viele gute Bands, aller Musikrichtungen und Stilverbindungen, so dass du gar nicht mehr weißt, wo du hinhören sollst. Der Underground ist voll mit großartigen Künstlern, die vielleicht nie wirklich populär werden. Ich denke, um deinen Sound wirklich bekannt zu machen, musst du verdammt viel live und gute Shows spielen, was oft halt auch nicht möglich ist, wenn du einen normalen Job hast.


Was macht ihr denn beruflich neben der Band und inwieweit siehst du eine Perspektive für euch, die Band hauptberuflich zu machen? Viel Geld ist mit derartiger Musik ja bekanntlich nicht zu verdienen.

Stench ist Lehrer, Marco arbeitet als Tontechniker und Event-Manager, Silvio als Schlagzeuglehrer und ich bin CD-Verkäufer und Büroangestellter in einer Grillenzucht. Die Band hauptberuflich zu betreiben, wäre natürlich toll, ich würde das wirklich sehr gerne machen und gewissermaßen verfolgen wir auch dieses Ziel, soll heißen: wir wollen einfach vorwärts kommen. Wie weit das geht, sehen wir dann. Es gibt aber andere Aspekte, die wichtiger sind. Wie du sagst, es ist unrealistisch, nur von der Band zu leben, noch dazu bei einem Stil, wie wir ihn spielen. Um so etwas zu erreichen, musst du schon einen ziemlichen Namen haben und andauernd Gigs spielen. Für uns muss das aber nicht unbedingt sein. Wir müssen nicht von der Musik leben, sondern wollen für die Musik leben und diese weiterentwickeln. Das ist bei uns ein wichtiger Punkt. Ich verehre und respektiere Musik. Ich sehe es als ein Geschenk, das man hegen und pflegen sollte. Es soll nicht zu irgendeinem "Job" werden, wo du irgendwann deinen Verpflichtungen nachgehen musst. Musik braucht Luft, Freiheit und Zeit für Entwicklung. Wenn du diese Bedingungen erfüllen kannst und dann mit deiner Musik noch Kohle kassierst - warum nicht? In erster Linie geht es uns aber um Selbstverwirklichung in der Musik. Wir machen das vor allem aus Leidenschaft und nicht, um unser täglich Brot zu verdienen.


NEUROSIS, GODFLESH, CROWBAR, CULT OF LUNA oder ISIS ... welchen von denen würdest du euer Schaffen am nächsten sehen? Wo siehst du deine musikalischen Einflüsse?

Alle sind großartig. Ich könnte dir aber nicht sagen, welcher Band wir uns am nächsten fühlen. Unsere musikalischen Einflüsse sind relativ breit gefächert. Als wir unser Debüt aufgenommen hatten, kannten wir ISIS nur vom Hörensagen und CULT OF LUNA überhaupt nicht. Soweit ich mich erinnere, wurden wir erst auf sie aufmerksam, als wir dann andauernd mit ihnen verglichen wurden. Wir hörten Bands wie SON OF OTIS, ENTOMBED, GOREFEST, BURNING WITCH, UNSANE, ANATHEMA, EYE HATE GOD oder auch CROWBAR, GODFLESH und NEUROSIS. Wir mögen aber auch Country-, Oldschool HipHop-, Ambient-, Psychedelic- und Singer-Songwriter-Alben, die genauso inspirierend wirken können.


Könntest du dir vorstellen, neben ZATOKREV auch noch etwas musikalisch völlig anderes zu machen?

ZATOKREV ist nach wie vor hundertprozentig mein Ding. Für andere Projekte bin ich aber durchaus zu haben. Mit Marco hab ich mal so eine Art Sideproject mit Namen FLÄDERMUUS angefangen, bis jetzt aber nur mal einen Gig gespielt, weil uns einfach die Zeit fehlt neben ZATOKREV. Von FLÄDERMUUS wird man aber wahrscheinlich noch irgendwann hören. Vieles ist improvisiert und geht eher in Richtung Drone und Industrial. Ich schreibe auch Songs auf meiner akustischen Gitarre, lasse es also ab und zu auch etwas ruhiger angehen. Ich könnte mir aber auch mal vorstellen, etwas Rock'n'Roll-artiges zu machen.


Du hast gesagt vorhin, dass es nicht leicht war, einen zweiten Gitarristen in der Schweiz zu finden. Wie ist denn die Metal-Welt, die Doom/Sludge/Drone-Szene in der Schweiz beschaffen? Wie sieht die Szene aus, wenn es eine gibt, und welche Schweizer Bands stehen euch nahe, sind Freunde von euch?

Es gibt sehr coole Bands, die aber eher aus der Westschweiz stammen, zum Beispiel KNUT vom Hydrahead-Label, SLUDGE, VANCOUVER, KRUGER, FORCEED, CORTEZ oder KEHLVIN. Mit KRUGER, CORTEZ und FORCEED haben wir auch schon einige Male gespielt. Get A Life! Records werden im Übrigen bald eine Split-EP von VANCOUVER und ZATOKREV rausbringen. Ansonsten spielen wir immer wieder mit coolen Bands wie PALMER oder UNHOLD, die alle aus der deutschsprachigen Schweiz stammen, wo auch wir herkommen. Es besteht unter den meisten Bands dieser Szene eine gute Kooperation. Man hilft sich gegenseitig, beispielsweise um an Gigs ranzukommen und so. Die Szene ist halt auch sehr klein und überschaubar, somit kennen wir sehr viele und sind mit vielen auch befreundet.


Doom/Sludgerock und Drone-Rock scheinen ja in der Metal-Szene immer beliebter zu werden, die Szene öffnet sich meiner Ansicht nach immer neuen Einflüssen und Southern Lord-Bands wie SUNN O))), BORIS oder EARTH haben schon so was wie Kultstatus. Wie bewertest du diese Entwicklung und wo siehst du ZATOKREV darin, was wünschst du dir für die Zukunft eurer Band?

Alle diese Bands sind gute Künstler, die ihrer Musik treu geblieben sind, daher ist es nur positiv zu werten, dass sie auch von Metal-Publikum gern gehört werden. Wo ich ZATOKREV sehe, ist schwer zu sagen, da wir uns keiner bestimmten Szene zugehörig fühlen. Ich weiß nur, was wir gerne machen: Songschreiben und Gigs spielen. In welche Szene wir dann reinrutschen oder nicht, ist mir eigentlich ziemlich egal, solange wir uns in unserer Musik verwirklichen können. Es gibt durchaus auch Leute, die unsere Shows gerne besuchen, die mit Metal und dem ganzen Sludge- oder Drone-Zeug nix am Hut haben, denen unser Sound trotzdem gefällt. Für die Zukunft der Band wünsch ich mir, ein drittes Killer-Album aufzunehmen, viele Konzerte zu spielen und uns schlicht und einfach an unserer Arbeit zu erfreuen.


Wann kommt ihr denn mal für ein paar Konzerte nach Deutschland? Oder wann steht die nächste Tour an?

Wir planen erst wieder im April nächsten Jahres auf Europatournee zu gehen. Wir hoffen natürlich, dass wir es dann auch mal wieder nach Deutschland schaffen.