DEVIL WEARS PRADA

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Entdecker

Auf ihrem achten Studiowerk „Color Decay“ zeigen sich die US-Amerikaner wieder einmal als Grenzgänger des Metalcore. Warum ihn die Pandemie ganz besonders motiviert hat, was die größte Stärke des aktuellen Line-ups ist und welche Rolle der christliche Glaube für die Band noch spielt, verrät uns Frontmann Mike Hranica.

Color Decay“ kommt wieder mit einem sehr vielseitigen und kontrastreichen Sound daher. Inwieweit habt ihr deiner Meinung nach neue Grenzen überschritten? Und was ist heute die Essenz eures Sounds?

Wenn wir an Songs arbeiten, sagen wir uns nie: Hey, wir müssen jetzt mal was machen, was nicht nach TDWP klingt. Wir können doch ohnehin ganz viele verschiedene Stile in unsere Songs einfließen lassen. Und warum soll ein Album immer nur aus zwölf Songs mit Metal-Riffs, Breakdowns und Clean-Refrains bestehen? Es gibt so viel mehr zu entdecken, was ein TDWP-Song sein kann. Und ich denke, das ist auch die Essenz dessen, was wir als Metalcore-Band erreichen wollen.

Beiträge in den sozialen Medien sollten im Allgemeinen ja mit etwas Vorsicht genossen werden. Dennoch: Die Reaktionen auf die ersten Single-Auskopplungen waren sehr positiv, ja sogar phasenweise euphorisch. Wie gewichtet ihr dieses Feedback?
Ich denke, was das angeht, hat jeder in der Band seine eigene Haltung. Ich selbst bin eher jemand, der dem Ganzen nicht die ganz große Bedeutung zumisst. Trotzdem registriere ich natürlich, dass die Videos zu den Songs oft angeklickt werden. Und ich registriere auch, dass die Reaktionen bei den Shows, die wir aktuell spielen, wirklich absolut überwältigend sind. Ich freue mich einfach unglaublich auf den Release, den Moment, wenn die Menschen da draußen die gesamte Platte hören können. Denn das Album ist nicht nur auf das beschränkt, was wir an Songs bisher veröffentlicht haben.

Viele Fans äußern in Kommentaren und Beiträgen vor allem die Hoffnung, dass das derzeitige Line-up zusammenbleibt. Wie ist es um das Kollektiv THE DEVIL WEARS PRADA aktuell bestellt?
In allererster Linie ist das aktuelle Line-up eine Gruppe von Individuen, die ihr ganzes Leben dafür gekämpft haben, Musik machen zu können. Keinem von uns wurde dieses Privileg geschenkt. Wir alle brennen einfach dafür. Somit sind wir eine sechsköpfige Gruppe, die nichts anderes will, als einfach nur Musik zu schreiben und sie live zu spielen. Ich weiß, dass das sehr pauschal klingt. Aber ich habe realisiert, dass genau das eine der stärksten Tugenden unserer Gruppe ist.

„Color Decay“ ist euer achtes Studioalbum. Ist die „magische Zehn“ ein konkretes Ziel? Und wie fühlt es sich an, heute auf euer bisheriges Schaffen zu blicken?
Nun, zehn Alben sind schon viel. Allerdings betrachte ich jede Platte für sich immer wieder als neue, spannende und aufregende Erfahrung. Jede ist für sich besonders. Ich bin da auch nicht so sehr in der Vergangenheit verhaftet, sondern lebe eher im Moment. Und ich will auch nicht zu sehr über die Zukunft spekulieren. Das ist so, als würde man versuchen, eine Brücke zu überqueren, die noch gar nicht gebaut wurde.

Im November 2012, vor fast genau zehn Jahren, saß ich mit eurem damaligen Gitarristen Chris Rubey in Berlin zusammen. Wir sprachen über den christlichen Hintergrund von TDWP. Er bezeichnete es damals als einen „Kern der Band“. Wie wichtig ist das Thema aktuell noch für euch?
Wir haben uns mittlerweile tatsächlich von der kollektiven und individuellen Verbindlichkeit zum Christentum gelöst. Dass wir damals als Band diesen „Kern“ hatten und damit gearbeitet haben, war eine wichtige Komponente unserer Jugend und unserer Persönlichkeitsentwicklung. Etwas, das uns moralisch, aber auch in professioneller Hinsicht geprägt hat. Heute sind wir nun an einem Punkt angekommen, an dem sich unsere Wahrnehmung des christlichen Glaubens verändert hat.

Die Pandemie war vor allem für Künstler und Musiker ein schwerer Rückschlag. Was hat dir die Motivation gegeben weiterzumachen? Und mit welchen Zweifeln musstest du dich auseinandersetzen?
In meinem Fall hat mir die Pandemie mehr Motivation gegeben, als ich jemals beschreiben könnte. Ich fühlte mich zwar eingesperrt, ich fühlte mich komplett aus dem Spiel genommen, daran gehindert, Musik zu machen und live zu spielen. Aber das hat mich nur noch mehr motiviert, da irgendwie und irgendwann wieder rauszukommen. Was meine persönlichen Kämpfe angeht, war es so, dass ich schon immer gerne mal alleine war, das war nie ein Problem. Aber dieses Gefühl, dass die ganze Welt um dich herum stillsteht, diese Einsamkeit, die daraus entsteht, das waren schon sehr deprimierende und furchteinflößende Gedanken.