ME(N)TAL HEALTH

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Semikolon

Eine Kolumne über psychische Gesundheit in einem Szenemagazin wie diesem? Stellst du dir gerade diese Frage? Mich würde es viel eher interessieren, warum dieses Thema nicht in jedem Medium jeglicher Szene thematisiert wird. Durch meine Arbeit fürs Fuze und den Fuze-Podcast „Breaking Noize“ hatte ich im letzten Jahr das Gefühl, dass jedes dritte Album, das wir zu rezensieren bekamen, Mental Health als Themenüberschrift benutzte.

Das Thema scheint also doch größer zu sein, als es in der Gesellschaft wirkt. Warum ist das so? Ich erzähle dir mal eine kleine Geschichte. Ich hatte im Oktober des letzten Jahres meine erste Corona-Infektion. Mir ging es dabei echt schlecht. Ich musste sogar eine Podcast-Aufnahme sausen lassen. Das kam in den sechs Jahren, die es „Breaking Noize“ bisher gibt, noch nie vor. Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass es mir unangenehm sein müsste. Das Gegenteil war der Fall. Im Anschluss daran habe ich meine Erfahrung mit der Welt geteilt und meine persönliche Corona-Story für die Ewigkeit im Internet verankert. Das war für mich völlig normal. Ich leide seit vielen Jahren an Depressionen, was mein Umfeld aber erst seit ein paar Monaten, maximal einem Jahr weiß. Und ehrlich gesagt hätte ich mich im letzten Jahr nicht in einer schweren Episode befunden, die einfach nicht mehr zu übersehen war, wüssten es die meisten wohl noch immer nicht. Wir erzählen das eine und verschweigen das andere. Dabei wissen wir doch eigentlich alle, in beiden Fällen handelt es sich um eine Krankheit, für die die Betroffenen rein gar nichts können.

Im Gegensatz zu Corona oder einem gebrochenen Unterschenkel redet dir die Depression aber ein, dass du eh nichts wert bist. Also warum dann darüber sprechen? Die richtige Antwort darauf kann ich dir auch nicht geben. Ich habe im letzten Jahr für mich – mehr oder weniger unfreiwillig – beschlossen, offen und transparent mit diesem Thema umzugehen. Ich habe damit bisher ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Einen Versuch könnte es wert sein. Bist du betroffen, kannst du diesen Rat beherzigen oder du kannst es lassen. Du entscheidest für dich, wie du damit umgehen willst. Diese Kolumne ist kein Ratgeber, kein Life-Coaching und vor allem nicht der Text eines Experten für psychische Gesundheit. Es ist lediglich der Versuch, dir zu erklären, solltest du ähnliche Gedanken und Gefühle haben, dass du damit nicht alleine bist.

In den folgenden Ausgaben werde ich meine Erfahrungen mit dir teilen und verschiedene Aspekte von Mental Health durchleuchten.

Bist du bis hierher gekommen und fragst dich noch immer was dieser dämliche Titel soll, will ich es dir noch kurz erklären. Autor:innen haben die Möglichkeit, einen Satz mit einem Punkt zu beenden. Ein Semikolon benutzt du, wenn der Satz eigentlich zu Ende ist, du aber noch weiter schreiben willst. Gib nicht auf und setze deine Geschichte fort; es lohnt sich.