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Safe space

Wo fühlst du dich wohl? Welche Situation ist dein Safe Space? Jeder hat etwas anderes. Hoffe ich zumindest, da es wirklich essenziell ist, diesen Raum zu besitzen und ihn regelmäßig zu besuchen. Völlig egal, ob du dabei Musik hörst, Topfuntersetzer häkelst oder durchs Gebirge wanderst. Hauptsache du fühlst dich gut, kannst du selbst sein und abschalten.

Sei du selbst. Wie oft habe ich diesen Satz gehört und nie wirklich gewusst, was damit gemeint ist. Ich selbst sein. Wer bin ich denn sonst? Jemand anders? Was erst mal lustig klingt, kann dich ziemlich verwirrt zurücklassen. Wenn diese Frage nicht zu beantworten ist, kann ich meinen Safe Space überhaupt finden? Die Antwort, die ich für mich herausgefunden habe, entstand in einem Prozess, der im Wartezimmer meines Zahnarztes startete. Keine Angst, das Ergebnis dieser Geschichte ist nicht, dass mein Safe Space beim Zahnarzt ist.

Ich betrat den Warteraum, in dem sich bereits zwei wartende Personen befanden. Alle Augen waren plötzlich auf mich gerichtet, ich wurde begrüßt, grüßte zurück und sofort war jeder wieder mit sich selbst beschäftigt. Diese Situation empfand ich als unangenehm. Sitzen wir jetzt im selben Boot und gehören zur gleichen Gruppe, bloß weil wir zufällig zu einer ähnlichen Zeit eine professionelle Zahnreinigung gebucht haben? Ich hoffe nicht. Während ich noch so darüber nachdenke und diese gesellschaftliche Konvention hinterfrage, öffnet sich die Tür. Sofort hebe ich den Kopf, starre das neue Mitglied unseres Teams an und grüße. Da bemerkte ich es. Ich war nicht ich selbst. Ich war von einer Konvention getrieben, die ich als unangenehm empfinde, und habe mich, selbst nachdem ich mich dafür entschieden hatte, dies als Quatsch abzustempeln, wieder hineinbegeben.

Eine Woche später befand ich mich in einer ähnlichen Situation. Ich bin aktuell Patient in einer großen Psychotherapiepraxis mit Warteraum. Ich betrat diesen, zwei Personen saßen bereits da, doch niemand schaute auf oder grüßte mich. Obwohl ich die Situation als angenehm empfand, war es dann doch etwas befremdlich. Ich begann zu grübeln warum dies so ist. Sind Patienten einer Psychotherapie nur mit sich selbst beschäftigt? Beschweren wir uns etwa darüber, dass die Gesellschaft uns nicht wahrnimmt, und gleichzeitig reden wir nicht mal miteinander? Ich äußerte diesen Gedanken einer Freundin gegenüber, die mich mit ihrer Idee in eine ganz andere Richtung lenkte. „Vielleicht grüßen sie nicht, weil sie wissen, dass sie nicht müssen und es in diesem Setting eh keinen interessiert. Die Leute fühlen sich dort wohl und wissen, es nimmt ihnen niemand krumm, wenn sie sich in ihrer Innenwelt aufhalten.“

Ja natürlich. Weil sie sie selbst sind. Mein Safe Space ist kein Ort oder eine bestimmte Betätigung. Es ist die Situation, in der ich so sein kann, wie ich mich wohl fühle, und sich niemand daran stört. Die Tür öffnete sich abermals. Eine Person betrat den Raum und wieder wurde nicht darauf reagiert. Ich saß da, musste keinerlei Kommunikation starten. Ich konnte einfach mit meinen Gedanken allein sein und es störte niemanden. Herrlich. In den Augen einiger vielleicht etwas unhöflich, aber manchmal dringend notwendig.